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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga
Autoren: Heinz G. Konsalik
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unterkühlten Körper zu spüren.
    Um sie herum verbrannte die Welt. Der Wind jagte die Flammen weiter und blies die Funkenwolken über Hunderte von Werst ins ausgetrocknete Land.
    In Wiljuisk und Suchana, in Shigansk an der Lena und in den Geologenlagern am Olenek hatte der riesige Brand schon Alarm ausgelöst. Militärflugzeuge stiegen auf und kreisten über dem in Feuer und heiße Nebel gehüllten Gebiet. Die Distriktkommandantur in Jakutsk gab Befehl, alle aus der Taiga flüchtenden Nomaden, Jäger und Geologen in Notlagern zu sammeln. Herden wilder Rentiere hetzten aus dem Brandgebiet, Bären, Luchse, Marder und Iltisse, Füchse und Biber, ganze Wolken wilder Schwäne und Sumpfhühner, Haselhühner und Krickenten, Gänse und Kraniche flohen vor dem Feuer zu den großen Flüssen Lena und Wiljuj, Olenek und Markuoka. Aus den Beobachtungsflugzeugen wurden die Planquadrate der von der Zerstörung betroffenen Taiga gefunkt.
    »Bis jetzt stehen 2.025 qkm Wald in Brand«, sagte der für die Forstwirtschaft zuständige Beamte in Jakutsk gleichgültig. »Wir haben schon Schlimmeres erlebt, Genossen. Wissen Sie noch … vor ein paar Jahren … dieser riesige Flächenbrand? Die meteorologische Station in Suchana meldet, daß der Wind morgen wieder abdreht und einschläft. Damit ist die größte Gefahr vorbei. Rechnen wir damit, daß dann rund 5.000 qkm Taiga zerstört sind. Die Ursache? Immer das gleiche. Selbstentzündung oder irgendwo ein Idiot von Jäger, der seine Papyrossi wegwirft, ohne sie auszutreten. Wer kann das jemals nachprüfen? Nennenswerter Schaden ist jedenfalls nicht entstanden.«
    5.000 qkm Taiga … was ist das schon? Man hat genug davon. Kein nennenswerter Schaden. Wie treffend. Was war ein Igor Fillipowitsch Putkin schon wert?
    Laßt es brennen, Genossen. Alles auf Erden beruhigt sich einmal, auch das Feuer. In ein paar Jahren wachsen aus der Asche schon wieder Millionen neuer Fichten, Kiefern und Birken. Dieses Land, unser Sibirien, lebt ewig –
    Nach der ersten Nacht im Wasser hatte Andreas allerhand zu tun. Der Wind trieb immer dichtere Funkenwolken über den Fluß zum anderen brennenden Ufer und überschüttete damit auch das zwischen den Steinen festgeklemmte und angeseilte Flugzeug.
    »Es wird explodieren!« schrie er Katja ins Ohr. »Die Benzintanks sind voll! Wir werden in die Luft fliegen!« Er gab der Susskaja ihr Kinderbündel und kletterte durch die Steinhaufen und die Strömung zu dem schaukelnden Flugzeug. Dort zog er sein zerfetztes Hemd aus, stemmte sich an dem Gestänge der Schwimmer hoch und hängte das nasse Hemd über den Motor. Es war ein erbärmlicher Schutz, er sah das ein, zog deshalb auch noch seine Hose aus und begann damit, als sei sie eine große Fliegenklatsche, die Funken wegzuschlagen, die der Wind herüberblies. Immer und immer wieder klatschte die nasse Hose auf das Flugzeug. Andreas stand nackt auf einem der hölzernen Schwimmer, sprang ab und zu zurück ins Wasser, um sich abzukühlen, und nahm erneut den Kampf gegen die Funken wieder auf.
    Bis zur totalen Erschöpfung schlug er mit der nassen Hose um sich, lehnte sich dann mit keuchendem, pfeifendem Atem an die Maschine und kapitulierte vor dem Feuer und dem Wind. Er blickte mit traurigen Augen hinüber zu Katja und seinem Kind und nickte ihnen zu.
    Es ist soweit, Katjenka. Wir haben den Kampf verloren. Die Taiga ist stärker. Hat sie nicht selbst einen Putkin umgebracht? Was sind wir gegen Igor Fillipowitsch? Du kannst nicht beten … du willst nicht beten … Katja, tu es jetzt um unseres Kindes willen. Tu es … Bete … In einer Feuerwolke werden wir untergehen. Das Flugzeug ist randvoll mit Benzin … und hinten liegen die Kanister … Katja, ich habe keine Kraft mehr, auch nur einen Funken noch auszuschlagen … Ich habe keine Kraft mehr …
    Doch dann ließ der Wind allmählich nach, die Funkenwolken erreichten nicht mehr die Insel und das Flugzeug, sie staubten glühend in den Fluß und trieben als Aschenflecken stromabwärts. Andreas zog seine Hose wieder an, riß das Hemd vom Motor, ließ es noch einmal mit Wasser vollsaugen und warf es wieder über die Maschine.
    Die Susskaja hörte nicht, wie er zurückkam. Sie stand im Wasser, festgeklemmt in einer Steinspalte – nur so konnte sie nicht umfallen –, hielt mit beiden Armen Amalja auf dem Felsen und hatte die Augen geschlossen. Sie schlief im Stehen. Andreas nahm ihr das Kind ab, ihre Arme fielen vom Felsen, klatschten an ihren Körper zurück, aber sie
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