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Die Verdammnis

Die Verdammnis

Titel: Die Verdammnis
Autoren: Vampira VA
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Grotten, die ich auf meinen Reisen fand, beruhigend.
    Doch ich war verzweifelt. Ergebnislos wollte ich meine Suche schon beenden, als mich der Zufall einem Gemüsehändler in die Arme trieb, dem ich unter Einsatz meines Lebens in der Dämmerung einen ganzen Zopf dieser Knollen entwendete.
    Ekelhaft war der stechende Geruch. Zwei Nächte verbrachte ich in einer Grotte neben den Knoblauchzwiebeln, bis mein Eifer, Erfahrungen zu sammeln, meine Abneigung besiegte.
    Schweiß stand mir auf der Stirne, als ich die erste Knolle von dem Zopf riß, sie schälte und die hellen, krallenähnlichen Teile in meinen zitternden Fingern hielt. Ob es meinen Vorfahren, allen voran Ur-O-pa, ebenso ergangen war, bevor es ihnen gelang, in die Knoblauchknolle zu beißen?
    Egal. Ich würde es bald wissen! Einen kurzen Moment zögerte ich noch, dann biß ich zu .
    Nächte später tauchte zwischen dichtverfilztem Mischwald und kargen Felsschroffen das alte Gemäuer des Karpatenschlosses auf. Mit Blasen an den Füßen und völlig entkräftet langte ich bei der düsteren Burg an. Schwarz lag die Silhouette vor dem bleichen Rund des Vollmondes. Ich war zu Hause! Noch einen kurzen Augenblick, dann konnte gefeiert werden.
    Mein drängendes Pochen hallte durch das Schloß. Charles öffnete mir. Stolz reckte ich ihm den Bund Knoblauch entgegen. Tränen schossen in sein Auge, sein zungenloser Mund öffnete sich; er hätte gewiß vor Begeisterung laut geschrien, wäre er nicht stumm gewesen. Dann übermannte ihn die ganze Tragweite meiner Leistung, und er fiel in Ohnmacht.
    Um ihn konnte ich mich jedoch im Moment nicht kümmern. Es galt, den alten Herrn zu unterrichten. Ich riß eine der Knollen ab und biß herzhaft hinein. In den Tagen meiner Wanderschaft war Knoblauch zu einer schier unersetzlichen Bereicherung meiner einseitigen Nahrungsaufnahme geworden. Noch während ich mir den scharfen Geschmack von meinen kurzen Eckzähnen leckte, rannte ich die Wendeltreppe hinab, um Ur-Opas Bewunderung und Anerkennung zu erfahren.
    Noch bevor ich die schwere Türe öffnete, rief ich: »Ur-Opa! Ur-Opa! Ich habe es geschafft! Ich habe hineingebissen!«
    »Komm herein und laß deinen alten Ahn hören, wie dein erster Biß verlief!« hörte ich seine aufgeregte Stimme das Kreischen der Angeln übertönen und stürmte in die Gruft. »Setz dichchchch ...« Es klang fast wie das Fauchen eines angreifenden Vampirs, doch ich ignorierte es, in meiner Vorfreude, alles zu berichten.
    »Beruhige dich, Ur-Opa, ich erzähl's dir ja gleich.« Er schien es sich in seinen weichen Kissen bequem machen zu wollen, denn er begann zu strampeln und nach hinten zu drängen. Ich beugte mich über ihn und rückte ihn zurecht, während mein Atem in sein Gesicht blies. Doch irgendwie schien ihm nicht ganz wohl zu sein, denn er verlor Zusehens seine Totenblässe und wechselte in ein ungesundes Grün.
    Zurückversetzt zu werden in seine Jugendzeit, das war offensichtlich zuviel für ihn. Seine faltigen Lippen strafften sich und zeigten die gelben Eckzahnstummel. Ein Seufzen entrang sich seiner knöchernen Brust, dann lag er still.
    »Ur-Opa? - Ur-Opa!« rief ich entsetzt. Doch noch bevor ich gänzlich begriff, was eigentlich geschehen war, fühlte ich mich am Kragen gepackt und aus dem Raum gezerrt. Während Charles mich grob zur Treppe stieß und mich unsere Freundschaft mit einem Schlag (eigentlich waren es sehr viele Schläge) vergessen ließ, sah ich noch, wie mehrere Diener aufgeregt den Sarg umringten. Sie hoben die schlaffe Gestalt Ur-Opas aus den Kissen und flößten ihm mitgebrachtes Blut ein.
    Noch lange später konnte ich an meinen zerschundenen Beinen und Knien die Spuren jeder einzelnen Stufe der Wendeltreppe erkennen. Mit ein paar Tritten beförderte mich Charles hinein in den verfilzten Bannwald, dann gab er mir mit unmißverständlicher Geste zu verstehen, daß auch ich mich, wie einst meine Eltern, auf dem Karpatenschloß nie mehr blicken lassen durfte.
    Ich verstand die Welt der Toten nicht mehr.
    Hatte ich etwas falsch gemacht?
    ENDE
    © Bernd Götz, Kleinreuther Weg 46, 90.408 Nürnberg

Nächste Folge

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    Ein Roman von Adrian Doyle

    Ich bin Ruby. Eine Überlebende. Meinen Vater hab' ich nie gekannt, und Mutter lebt in diesem Heim ... du weißt schon.
    Im letzten Jahr wütete die Seuche hier in London. Zehntausende hat sie gefressen. Mich wollte sie nicht haben. Seither wohn' ich mal hier, mal da.
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