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Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Titel: Die verborgene Sprache der Blumen / Roman
Autoren: Vanessa Diffenbaugh
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ihre schlimmsten Alpträume von meinem Leben der letzten zehn Jahre bestätigt sehen.
    »Für die Mädchen in dem Heim schon«, erwiderte ich trocken und dachte daran, wie ich als Heranwachsende gewesen war und wie viel Leid ich verursacht hatte.
    Elizabeth traten Tränen in die Augen. Hazel schlug ungeduldig mit den Fäusten auf den Tisch. Ich gab ihr einen weiteren Löffel Eis, und sie streckte mir die Arme entgegen, als wolle sie, dass ich sie auf den Schoß nahm. Ich schaute Elizabeth an.
    Sie nickte mir aufmunternd zu. »Nur zu.«
    Mit zitternden Händen griff ich Hazel unter den Achseln und setzte sie auf meinen Schoß. Sie war schwerer, als ich es erwartet hatte. Sie rieb ihr in einer Windel steckendes Hinterteil an meinem Bauch und kuschelte den Kopf unter mein Kinn. Ich vergrub mein Gesicht in ihrem Haar. Sie roch wie Elizabeth: Pflanzenöl, Zimt und Zitronenseife. Ich schnupperte und schlang ihr die Arme um die Taille.
    Hazel griff in die Schale und benutzte ihre Finger, um das schmelzende Eis auszulöffeln. Elizabeth und ich beobachteten sie dabei, das Eis tropfte auf ihr vom Lätzchen befreites blaues Leinenkleid. Sie hatte die Augenbrauen vor Konzentration gerunzelt und sah so ernst aus wie ihr Vater.
    »Und wo lebst du jetzt?«, fragte Elizabeth.
    »Ich habe eine Wohnung. Und ein Geschäft. Ich arrangiere Blumen für Hochzeiten, Geburtstage und Ähnliches.«
    »Grant sagt, du bist unglaublich gut. Er erzählte mir, dass Frauen Schlange stehen und Monate warten, um deine Blumen zu bekommen.«
    Ich zuckte die Achseln. »Alles, was ich weiß, habe ich hier gelernt.«
     
    Ich sah mich um und dachte an den Nachmittag, als Elizabeth eine Lilie durchgeschnitten hatte, genau an diesem Tisch. Alles war noch genauso, wie ich es in Erinnerung hatte – der Tisch, die Stühle, die sauberen Arbeitsflächen, das tiefe weiße Spülbecken aus Porzellan. Nur ein Bild, eine streichholzschachtelgroße Darstellung einer violetten Hyazinthe, war hinzugekommen. Sie schwamm in einem blauen Glasrahmen und stand auf dem Fensterbrett neben den blauen Fläschchen.
    »Von Catherine?«, fragte ich und wies mit dem Kopf auf das Bild.
    Elizabeth schüttelte den Kopf. »Von Grant. Catherine starb, bevor sie eine Hyazinthe malen konnte, die ihr gut genug gefiel, um sie mir zu schenken. Die hier war Grants Lieblingsbild, und er wollte, dass ich sie bekomme.«
    »Sie ist wunderschön.«
    Elizabeth nickte. »Ich liebe sie.« Sie stand auf, holte das Bild an den Tisch und stellte es zwischen uns.
    Ich betrachtete die einzelnen Blüten, die sich um einen einzigen Stengel drängten. Die scharfen Spitzen fügten sich ineinander wie die Teile eines Puzzlespiels. Etwas an der Anordnung der Blütenblätter löste in mir das Gefühl aus, dass Verzeihen eigentlich etwas Selbstverständliches sein sollte, es jedoch in dieser Familie nicht war. Ich dachte an die jahrzehntelangen Missverständnisse, angefangen mit den gelben Rosen bis hin zu dem Feuer und den vereitelten Versuchen, zu vergeben und Vergebung zu erfahren.
    »Die Dinge haben sich verändert«, meinte Elizabeth, als habe sie meine Gedanken gelesen. »Grant und ich sind nach so vielen Jahren wieder eine Familie. Ich hoffe, du bist zurückgekommen, um ein Teil davon zu sein. Wir haben dich lange genug vermisst, ist es nicht so, Hazel?«
    Hazel war ganz mit der mittlerweile leeren Schale beschäftigt. Sie drehte sie um, hob sie wieder hoch und betrachtete den Eisrand auf dem Tisch. Mit ihren Fingern verteilte sie das Eis zu Kreisen, eine wilde zuckrige Abstraktion auf dem Holz.
    Elizabeths Hand schob sich über die Tischplatte vorsichtig näher an meine heran. Sie bot mir ihre Hand an, einen Weg zurück in die Familie, eine Familie, in der ich als Tochter, Lebensgefährtin und Mutter geliebt wurde. Ich griff nach der Hand. Hazel legte ihre warme und klebrige obendrauf.
    Aber trotz der deutlichen Vergebung, die in Elizabeths Worten lag, hatte ich noch eine Frage.
    »Was ist mit dem Weinberg passiert?« Die Panik, die ich fühlte, war die gleiche, die in Elizabeths Augen gestanden hatte, als sie mich nach meiner Jugend in den Wohnheimen gefragt hatte. Wir hatten uns beide das Schlimmste vorgestellt.
    »Wir haben neue Reben angepflanzt. Der Verlust war enorm, aber er wurde vollkommen überschattet davon, dass du fort warst. Einige Jahre war der neue Wein dünn, die Reben wurden dicker. Ich verließ das Haus nur noch im Herbst, um die Trauben zu testen, und das auch nur, weil Carlos jeden
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