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Die verborgene Seite des Mondes

Die verborgene Seite des Mondes

Titel: Die verborgene Seite des Mondes
Autoren: Antje Babendererde
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setzten sie sich in das Becken und genossen ein Bad im warmen Quellwasser. Simon blieb nur kurz drin, denn auf seiner Wunde hatte sich Schorf gebildet und er wollte nicht, dass sie zu sehr aufweichte. Er ließ sich in der Sonne trocknen und Julia wiederholte später die Prozedur mit der Jodlö
    sung, die seine Haut rot färbte. Dann erneuerte sie den Wundver band. Es tat immer noch weh, aber die Wunde hatte sich nicht ent zündet und begann zu heilen.
    Als Julia fertig war und einen Augenblick lang zufrieden ihr Werk betrachtete, nahm Simon ihr die Rolle mit dem Heftpflaster aus der Hand und legte sie ins Gras.
    »Kommst du mit ins Haus?«, fragte er leise.
    Simon merkte, dass sie erst nicht verstand, was er wollte. Aber dann musste Julia es in seinen Augen gesehen haben, denn ihr schoss das Blut ins Gesicht und sie senkte den Blick.
    Kam das wirklich so überraschend für sie? Er hatte schon den gan zen Tag an nichts anderes denken können. Ihre Nähe, jede zufällige Berührung, brachten ihn bald um den Verstand. Und der Gedanke, sie zu verlieren, quälte ihn wie ein Fieber.
    »Wenn du nicht willst, dann kann ich es verstehen«, stammelte er. Was, verdammt noch mal, redest du da, Simon? Er wollte es so sehr. Sein Verlangen schmerzte mehr als seine Verletzung. Er wollte sie noch einmal spüren und der Hoffnung Nahrung geben, dass es so etwas wie eine Zukunft für sie gab.
    Da erhob Julia sich und reichte ihm die Hand, um ihm aufzuhelfen. Sie zog ihn hinter sich her und stieg mit festen Schritten zur Hütte hinauf, während Simon fürchtete, seine Beine würden ihm jeden Moment den Gehorsam verweigern.
    Obwohl die langen Schatten des Abschieds sie längst erreicht hat ten, kehrte die Hoffnung an diesem Nachmittag zu ihnen zurück. Ju lia schwor Simon, dass sie nie mit einem anderen zusammen sein würde, und er wollte ihr so gerne glauben.
    Als sie wieder ruhig waren, löste er sich von ihr und rollte sich auf den Bauch. Er stützte das Kinn auf die Faust und sah Julia an.
    »Was denkst du?«, fragte sie ihn.
    »Gestern, nachdem wir miteinander geschlafen hatten, da hast du gesagt, ich hätte dir im Traum von dem roten Stein erzählt.«
    »Stimmt. Du hast gesagt, der Stein wäre ein Symbol für das, was mit uns beiden passiert.«
    Wie kann sie das wissen? , dachte Simon. Irgendetwas musste zwi schen ihnen geschehen sein. Etwas, das jenseits der Worte lag.
    »Die Steine, Simon... glaubst du an ihre Geschichten?«, fragte Ju lia.
    »Es gibt nicht viel, woran ich glauben kann«, antwortete er. »Aber ich kann hören, was die Steine erzählen. Und wenn du dir ein wenig Mühe gibst, dann hörst du es auch.«
    Am nächsten Morgen packten sie nach dem Frühstück ihre Sachen zusammen und verließen die Berge. Auch dieser Tag begann strah lend sonnig, kein Wölkchen stand am blauen Himmel.
    Die Interstate 80 führte sie geradewegs gen Osten und mit jedem Kilometer schien es heißer zu werden. Zum Glück hatte der Jeep ei ne funktionierende Klimaanlage, sonst wären sie im Inneren des Au tos geschmolzen.
    Simon hatte Tommy versprochen, dass sie zu seiner Granny fah ren würden und der Junge schien das verstanden zu haben. Er hock te friedlich auf dem Rücksitz, sodass Julia während der langen Fahrt neben Simon sitzen konnte.
    Ein Schwarm von Gedanken war in Julias Kopf auf Reisen, mal zu rück zu ihren ersten Tagen auf der Ranch, mal voraus zu dem, was sie in Salt Lake City erwarten würde. Sie dachte an den nahenden Abschied von Simon, spürte den dunklen Schmerz der Trennung körperlich und atmete ihn weg, indem sie mit ihren Gedanken noch weiter vorausflog. Zum nächsten Wiedersehen, das irgendwo in der Zukunft auf sie wartete.
    Gegen Mittag erreichten sie Wendover, den ersten Ort nach der Staatsgrenze zu Utah. An einer Tankstelle füllte Simon den Sprit auf, sie holten sich etwas zu essen und legten wenig später auf ei nem großen Parkplatz eine Pause ein.
    Anschließend ging es auf dem schnurgeraden Highway weiter. Schon seit einer Weile fuhren sie durch die große Salzwüste. Glim mernde Helle zu beiden Seiten der Straße. Auf der linken bildeten blaue Berge den Horizont. Immer wieder schimmerte ein See auf der weißen Fläche. Eine Fata Morgana nach der anderen. Glitzernde Illusionen in der ausgedörrten Ebene.
    Nach weiteren drei Stunden tauchte linker Hand eine weite, sil bern gleißende Fläche auf. Diesmal war es keine Fata Morgana.
    »Der Große Salzsee«, sagte Simon.
    »Warst du schon einmal hier?«
    »Ja,
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