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Die Vampirin - Lieber untot als todlangweilig

Titel: Die Vampirin - Lieber untot als todlangweilig
Autoren: Lewis Harris
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kaum erwarten.
    Am Abendbrottisch schlemmte ich rote Paprika, rotschalige Kartoffeln, Tomatenscheiben und Wildlachs (rosa ist rot genug). Als ich fertig war, wollte ich unbedingt raus, um hoch oben in der Eiche der Verdammnis Trost zu suchen.
    »Darf ich mich absetzen?«

    »Magst du denn keinen Wackelpudding, bevor du nach draußen rennst?«, fragte Dad.
    »Ist er rot?«
    »Mensch Steph - ich meine Svetlana. Ein bisschen Grün wird dich nicht umbringen.«
    »Lass sie in Ruhe«, sagte Mom zu meiner Verteidigung. »Sie isst gesünder als du und ich.«
    Dad kam mit meiner neuen Diät noch nicht ganz klar. Er tat mein Faible für rotes Essen als Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom ab, das unser Umzug von Texas nach Kalifornien ausgelöst hatte. Eine interessante Theorie, aber meine Geschmacksknospen sahen das anders.
    »Ist noch was von der roten Kirschtorte da?«, wollte ich wissen. Diese Torte meiner Mutter ist einsame Klasse.
    Leider verkündete Moms Miene die schlechte Nachricht schon, bevor sie den Mund öffnete. »Tut mir leid.« Sie schüttelte stirnrunzelnd den Kopf und verdrehte die Augen Richtung Dad. »Jemand hat das letzte Stück vertilgt. Und dieser Jemand hat es auch noch gewagt, grünen Wackelpudding zu machen.«
    »Gute Arbeit, Dad«, sagte ich und schluckte die traurige Tatsache herunter, dass vermutlich Wochen vergehen würden, ehe Mom wieder meinen Lieblingsnachtisch machte. Ich zögere normalerweise, meine Vampirkräfte gegen meine Eltern zu richten,
nahm mir aber doch einen Moment Zeit, um meiner Mutter für das Wochenende die Idee einer Biskuittorte mit Erdbeeren in den Kopf zu pflanzen.
    Dad riss in theatralischem Entzücken die Augen auf und schob sich noch einen Löffel wackelnder grüner Götterspeise in den Mund. »Mhm... köstlich - die schmeckt viel besser als die rote. Es ist noch gar nicht lange her, dass grüner Wackelpudding für dich völlig in Ordnung war, meine Kleine.«
    Aber das ist vorbei, dachte ich. »Kann ich mich absetzen?«
    »Du hast gar nicht erzählt, wie es in der Schule war«, stellte Mom fest, stützte das Kinn auf die verschränkten Finger und nahm ihre »Erzähl mir alles«-Haltung ein.
    »Als ich sie von der Schule abholte, hatte sie es scheinbar ziemlich eilig zu verschwinden«, bemerkte Dad.
    Das war die Untertreibung des Jahrhunderts. Ich konnte gar nicht schnell genug von der Schule wegkommen. Mich fröstelte bei dem Gedanken, wie eisig Miss Larchs Gedanken sich mir ins Hirn gebohrt hatten. Wie konnte sie das wagen! Und... wie hatte sie das eigentlich fertiggebracht? Nur meine überragenden Vampirfähigkeiten hatten mich den Bann brechen und fliehen lassen. Was hatte sie herausfinden wollen? Wusste sie, dass ich ein Vampir bin?
Und noch wichtiger: Was konnte ich dagegen tun? Ich musste am nächsten Tag wieder in die Schule - da führte kein Weg dran vorbei. Mom und Dad arbeiteten inzwischen beide, und Heimunterricht war so kein Thema mehr. Konnte ich es hinkriegen, den Unterricht von Miss Larch nicht mehr besuchen zu müssen? Oder vielleicht auf eine andere Schule gehen?
    »Was meinst du, Schatz?«, fragte Mom. »Hat die Schule Spaß gemacht?«
    »Spaß ist nett ausgedrückt«, gab ich zurück und schlug mit dem Messer ungeduldig an den leeren Teller.
    »Du wirst Geduld haben müssen, Stephanie«, riet Dad mir und schöpfte weiter löffelweise grünen Wackelpudding in seine Schale.
    »Svetlana!«, verbesserte ich ihn. War das wirklich so schwer? Sssvet-lah-nah. War das zu viel verlangt?
    Er errötete. »Svetlana - entschuldige. Aber lass dir sagen, dass der Name Stephanie völlig in Ordnung ist. Für deine Großmutter war er wunderbar. Im Handumdrehen wirst du jede Menge Freunde in der Schule finden. Du wirst in allen möglichen Vereinen sein und kannst Sport treiben oder...« Mein angeödeter Blick ließ ihn zurückrudern. »Na ja, Sport vielleicht nicht. Aber du kannst für die Schulzeitung schreiben oder bei einer Band mitmachen oder...«
    »Lehn die Schule nicht gleich von vornherein ab«,
schlug Mom vor und sorgte dafür, dass ich nicht länger mit dem Messer auf den Teller klopfte.
    »Gut, dann warte ich damit bis nächste Woche.« Falls ich bis dahin durchhielt.
    »Lass es einfach auf dich zukommen«, schlug Dad vor und sprudelte mal wieder vor Einfallslosigkeit.
    »Kann ich jetzt bitte gehen?«
    Ich versenkte meinen schmutzigen Teller in der Spüle und zog die schwarzen Tennisschuhe an. Razor drängte sich zwischen meinen Beinen durch, als ich die Tür
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