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Die Vampirin - Lieber untot als todlangweilig

Titel: Die Vampirin - Lieber untot als todlangweilig
Autoren: Lewis Harris
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schnappte sich ein Stück Schokolade, schlang es runter und griff erneut zu.
    »Nimm dir ruhig ein zweites Stück, Dwight«, ermunterte ihn Miss Larch. »Ich glaube, Svetlana möchte ihre Schokolade nicht.«
    »Mein Dad holt mich...«, begann ich.
    »Du kannst wohl einen Moment warten«, unterbrach mich die Lehrerin und brachte mich mit einem Blitzen ihrer grünen Hochspannungsaugen zum Schweigen.
    Fumio Chen verließ die Klasse als Letzter. »Miss Larch, ich wüsste gern...«
    »Morgen, Fumio«, sagte sie energisch, stellte die restliche Schokolade beiseite, schob ihn aus dem Zimmer und zog die Tür hinter ihm zu. »Svetlana.«
Sie fuhr herum, verschränkte die Arme und trommelte sich mit roten Fingernägeln auf die bleiche Haut. »Nimm ein Stück Schokolade.« Sie nahm den Teller und hielt ihn mir hin.
    Das Gemisch aus süßem Kakaoduft und ihrem Fleischgeruch drehte mir den Magen um. Ich trat einen Schritt zurück und unterdrückte ein Würgen. »Nein, danke! Mein Dad wartet auf mich.«
    »Natürlich tut er das - schließlich ist heute dein erster Schultag. Ich bin auch erst vor Kurzem nach Sunny Hill gezogen.« Sie stellte den Teller mit Süßigkeiten ab und griff in die Jackentasche. »Es ist wirklich nett, jemanden zu treffen, der hier auch neu ist. Ich spüre, dass du etwas ganz Besonderes bist, Svetlana. Merkst du das auch? Aber die Schokolade scheint dich gar nicht zu begeistern.«
    Ein alarmierendes Kribbeln sträubte mir die Haare auf den Armen und im Nacken. Sie trat näher. Ihr Fäulnisgeruch stach mir in die Nase. Ich wich zurück, bis ich an die Wandtafel stieß. Panik durchfuhr mich von Kopf bis Fuß. Ich hielt Larchs glasig und grün starrendem Blick stand, und die Panik ließ nach. Ihre Augen verengten sich wie bei einer Katze zu zwei dünnen grünen Schlitzen.
    Süße Svetlana, ich weiß, wer du bist. Ich hörte die schmeichelnden Worte der Lehrerin in meinem Hirn flüstern, obwohl sie die Lippen nicht bewegt hatte!
Ihre Gedanken breiteten sich hinter meinen Augen aus, als hätten sie sich wie eine Schlange eingeschlichen. Sie war in meinem Kopf! Du hättest bestimmt fieber einen Apfel, oder? Einen schönen... roten Apfel.
    Ich riss den Blick von ihren lachenden Augen los und sah auf den rot glänzenden Apfel, den sie aus ihrer Tasche gezogen hatte. Blanke Furcht flutete mir durch den Bauch wie Wasser aus einem gerissenen Ballon. Ich hetzte zur Tür, riss sie auf und stürzte den leeren Flur hinunter. Laut hallten meine Schritte, während Larchs unheimliche Gedanken mir nachjagten und in meinem Kopf flüsterten: Schlaf süß, Svetlana.

Drittes Kapitel

    Ich war nicht immer ein Vampir - jedenfalls glaube ich das. Erst als wir nach Sunny Hill zogen, merkte ich, dass ich mich veränderte. Schläfst du lieber unter deinem Bett als darin? Dann bist du vielleicht auch einer.
    Ich habe gelesen, Vampire schlafen in Särgen. Glaubst du das etwa? Bist du bescheuert? Hast du mal einen Sarg gesehen? Die sind wahnsinnig eng - und der Deckel schließt direkt über deinem Gesicht! Lächerlich! Wälzt du dich im Schlaf gern hin und her? Siehst du, ich auch! Und ich will ganz bestimmt nicht in der Nacht aufwachen und feststellen, dass ich mich nicht auf die Seite drehen kann, weil ich in einer albernen Holzkiste festsitze. Was passiert, wenn ich einen Krampf bekomme? Und nicht nur das: Jeder, der den Sarg zu sehen bekäme, wüsste sofort, dass ich ein Vampir bin - wie clever wäre das denn? Und kannst du dir ausmalen, wie meine Eltern ausflippen würden, wenn ich einen Sarg im Zimmer hätte?

    Das ist so was von albern.
    Ich habe den Mythos vom Bluttrinken schon angesprochen, der unendlich blöd ist - ad infinitum, wie die Lateiner sagen.
    Tageslicht? Kein Problem. Natürlich muss ich die Augen wie jeder andere vor schädlichen UV-Strahlen schützen, und selbstverständlich benutze ich Sonnencreme, vor allem bei meiner hellen Haut. Doch nachts bin ich am mächtigsten. Meine Sinne sind vollkommen angepasst an die Stunden, in denen die Sonne sich verzogen hat. Ich sehe in der Dunkelheit besser als jede Katze. Ich höre selbst leiseste Geräusche. Ich spüre das Tappen von Kakerlakenbeinen und vernehme, wie Würmer sich im Erdreich winden. Ich kann das Flattern einer Fledermaus hoch am Nachthimmel ausmachen und das Kratzen winziger Krallen, wenn Mäuse über den Kellerboden huschen. In der Schwärze der Nacht bin ich unschlagbar.
    Und nach meinem ersten, entsetzlichen Tag an der Sunny-Hill-Schule konnte ich die Nacht
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