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Die Unzertrennlichen

Die Unzertrennlichen

Titel: Die Unzertrennlichen
Autoren: Lilian Faschinger
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gemerkt?« Tränen traten in seine Augen.
    Mit einem Mal begriff ich, dass er verrückt war. Und dass mir dies, zumindest in meinem Unterbewusstsein, schon lange klar war.
    »Wir hätten gut miteinander leben können«, sprach er weiter. »Die Vergangenheit wäre immer farbloser geworden, blass und blasser, so wie Regina auf dem Grund des Weihers.« Er begann zu schluchzen, sprach stockend, undeutlich. »Es wäre so einfach gewesen. So einfach. Wir waren auf dem besten Weg. Warum hast du eingegriffen? Warum hast du nachgeforscht?« Er fasste sich wieder, wischte sich die Tränen mit den Fingern von den Wangen. »Hast du ernsthaft geglaubt, ich hätte nicht gewusst, dass du nach Procida gefahren bist?« Er schüttelte den Kopf. »Nachdem ich dich, angeblich in Helsinki, angerufen hatte, wurde ich misstrauisch und kontaktierte Signora Smaldone. Sie hat mir bestätigt, dass du in Procida warst, in ihrer Pension. Auf die Frau ist Verlass, sie mochte Regina und mich. Dich mochte sie weniger. Jedenfalls war es mit diesem Wissen nicht mehr allzu schwierig, die Schritte, die du unternehmen würdest, im Voraus zu berechnen.« Er atmete tief ein und wieder aus. »Zugegeben, ich war unvorsichtig. Ich hätte das Amulett verschwinden lassen müssen. Deine Reaktion auf dem Flohmarkt hat mir augenblicklich bewiesen, dass du im Bilde warst.«
    Plötzlich grinste er. Ja, er war verrückt. Im Bruchteil einer Sekunde erkannte ich, dass ich keine Chance hatte zu überleben.
    »Aber es machte mir Spaß, das Ding zu spenden. Es war ein Spiel, und ich spiele gern.«
    Er stand auf.
    »Ich hatte schon länger vermutet, dass du zu viel weißt. Dennoch zögerte ich, war unentschlossen, traf keine endgültige Entscheidung, konnte mir immer noch vorstellen, dass es eine Zukunft für uns gab.« Er öffnete den Reißverschluss der schwarzen Tasche. »Aber nach dem Satz, den du heute an diesen Kriminalbeamten aus Graz gerichtet hast, war mir klar, was zu geschehen hat. Ich wusste, dass du Regina aufgrund des Implantats und der Operationsnarbe sofort identifizieren würdest.« Er sah mich mitfühlend an, strich mir sanft über die Wange. »Dass ich das verhindern muss, verstehst du doch?«
    »Regina hat Verwandte, die ihre Identität bestimmen können.«
    »Vielleicht. Aber ohne deine Hinweise wird keiner auf die Idee kommen, dass es sich um Regina handelt. Niemand hier weiß von dem Implantat, dem Drehbruch. Wie könnte man auf Regina schließen?« Er lachte. »Sie ist in Italien ertrunken. Alle sind davon überzeugt. Noch dazu hat Florian gestanden.«
    »Man wird herausfinden, dass er es nicht gewesen sein kann.«
    »Möglich. Aber das spielt keine Rolle. Keiner wird mich verdächtigen, darum geht es. Kein Mensch. Ich bin eine geachtete Persönlichkeit in diesem Bezirk. Mein Wort wird hier nicht angezweifelt.«
    Ich dachte an Florians Bruder. Er hatte recht gehabt.
    In aller Ruhe entnahm Stefan der Tasche ein aufgerolltes, nicht sehr dickes Seil. Ich machte einen Versuch, mich zu erheben, aber er drückte mich in den Sessel zurück. Ich war unfähig, Widerstand zu leisten. Der Sog der Angst hatte mir jeden Funken Energie geraubt, ich fühlte mich willenlos, paralysiert, ohnmächtig.
    »Ich muss es tun, Prinzessin. Verzeih mir.« Noch ein bedauernder Blick. »Es ist deine Schuld, alles hätte anders kommen können.« Er wand das lange Seil geschickt erst um mich und die Decke, in die ich noch immer gehüllt war, sodass ich meine Arme nicht mehr bewegen konnte, und dann noch um die Stuhllehne, an die ich somit gefesselt war. Er zog die Schnur fest, verknotete sie, nahm ein Schweizermesser aus der Tasche, schnitt sie durch und band mit einem Teil der restlichen Länge meine Füße zusammen.
    »Ich habe an alles gedacht«, sagte er, nicht ohne Stolz. »Sobald ich deinen Wagen entdeckt und daraus gefolgert hatte, dass du in der Mühle bist, fuhr ich zurück und holte aus dem Haus, was ich brauchen würde.« Er zeigte mir die offene Tasche. »Hier«, sagte er und zog ein Tuch hervor. Es gehörte mir. »Damit werde ich dich knebeln. Ein Klebeband wäre wirkungsvoller, aber ich bin mir nicht sicher, ob es ohne Rückstände verbrennt. Im Gegensatz zu diesem Hanfseil.«
    Das war es. Das war der Plan. Und es war kein schlechter. Er hatte vor, die Mühle in Brand zu stecken. Mit mir darin. Wie zur Bestätigung meines Gedankenganges nahm er einen nicht sehr großen Plastikkanister aus der Tasche.
    »Das optimale Setting für einen durch Unvorsichtigkeit
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