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Die Unzertrennlichen

Die Unzertrennlichen

Titel: Die Unzertrennlichen
Autoren: Lilian Faschinger
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verursachten Brand«, sagte er und schloss den ganzen Raum in einer ausladenden Geste seiner Hand ein. »Es wird wenig Benzin nötig sein. Man wird nicht eruieren können, dass es sich um Brandstiftung handelt.«
    »Doch, das wird man«, sagte ich. »Die Verwendung von Brandbeschleunigern kann heute zuverlässig mithilfe der Kopplung eines Gas-Chromatografen mit einem Massenspektrometer nachgewiesen werden.« Mir war klar, dass ich mich lahm anhörte, wissenschaftlich-theoretisch, so, als hielte ich meine Vorlesung. Das lag daran, dass mir das, was vor sich ging, völlig unwirklich erschien. Es konnte nicht die Realität sein. »Es existieren auch noch andere Verfahren«, setzte ich, ebenso wenig überzeugend, hinzu.
    »Das glaube ich nicht«, sagte Stefan. Er hob selbstbewusst den Kopf. »Und wenn schon. Man wird niemals auf mich als Täter kommen.« Er blickte um sich und nickte zufrieden. »Das Gebäude ist klein und alt, praktisch alles ist aus Holz. Fußboden, Decken, Wände. Das brennt wie Zunder. Man sitzt nahe am Feuer. Ein bisschen zu nahe. Die Wärme macht einen schläfrig. Es kann passieren, dass man vergisst, die Feuertür zu schließen. Dass man sie schlecht geschlossen hat, sodass sie sich langsam wieder öffnet. Oder dass man sie bewusst offen gelassen hat, damit es wärmer ist. Ein brennendes Holzstück fällt aus dem Ofen auf den Fußboden.« Mit dem Fuß schob Stefan den Zeitschriftenstapel näher zum Heizkörper hin. »Solche Dinge geschehen ständig. Das Papier fängt sofort Feuer. Aber da ist man schon eingenickt. Gleich neben dem Ofen ist der Brennholzvorrat.«
    Ich fragte mich, weshalb ich nicht schrie. Aber wer würde mich hören? Im Haus des Forstgehilfen war niemand. Außerdem würde Stefan mein Schreien auf der Stelle unterbinden. Und warum setzte ich nicht all meine Überredungskünste ein, um ihn von seiner Absicht abzubringen? Weil ich wusste, dass es zwecklos war. Ich hatte Schutz gesucht an dem Ort, wo mein Vater gelebt hatte. Reine Sentimentalität. Ich hatte mich für die verkehrteste, verfehlteste aller Möglichkeiten entschieden.
    Opfer und Täter. Ich, die Rechtsmedizinerin, die so viel mit Verbrechen zu tun hatte, so viel über Verbrechen wusste, hatte mich als ideales, geradezu mustergültiges Opfer herausgestellt.
    »Du hast es mir leichtgemacht, Prinzessin«, sagte Stefan wie als Antwort auf meine Überlegungen.
    »Ich werde dich nicht verraten«, hörte ich mich sagen.
    Ich wollte nicht sterben.
    »Doch, das wirst du. So wie Regina mich verraten hat. Alle Frauen sind Verräterinnen. Von Natur aus. Aber mich verrät keine mehr.«
    »Ich sage es niemandem, ich schwöre es dir!«
    Nein, ich wollte nicht sterben.
    Stefan antwortete nicht, lachte nur leise und schüttelte den Kopf. Er nahm das Tuch in die Hand. Es war eines meiner Halstücher, ein weiches Seidentuch in fein abgestuften Brauntönen, im Batikverfahren eingefärbt. Ich hatte es in Yogakarta an der Südküste Javas gekauft. Auch die Reise nach Indonesien hatten wir zu dritt unternommen.
    »Entschuldige bitte, aber ich muss dich jetzt knebeln. Es ist nötig. Mach es mir nicht schwer.«
    Ich versuchte mit dem Kopf auszuweichen, ihn hin und her zu werfen. Er wurde böse.
    »Halt still!«, herrschte er mich an. Dann band er mir das Tuch fest um den Kiefer, so, dass es zwischen meinen Lippen lag und die Mundwinkel zurückzerrte. »Atme durch die Nase«, sagte er. Wieder dieses wahnsinnige Lächeln. »Solange es möglich ist.«
    Er begann, im Raum hin und her zu gehen.
    »Es passierte im Affekt«, sagte er. »Anders als das, was demnächst hier passieren wird. Ich verlor die Kontrolle über mich.« Er machte eine kurze Pause. »Regina hat es verstanden, mich in Wut zu bringen. Es hat ihr Spaß gemacht. Sie hat mir ihre Affären im Detail geschildert, mir die sexuellen Finessen, die sie mit ihren Liebhabern genoss, genau beschrieben, auch die Lust, die sie bei diesen manchmal nicht ungefährlichen Spielen empfand. Sie hat sich an meiner Erniedrigung, meinem Schmerz geweidet.«
    Ich wusste, wovon die Rede war, ich kannte Reginas Journale. Aber ich konnte nicht sprechen, also versuchte ich zu nicken und zustimmende Geräusche von mir zu geben. Stefan beachtete mich kaum, schaute mich nicht an, während er weiter auf und ab ging. Auf und ab. Hin und her.
    »Auch in Procida betrog sie mich. Mit dem erstbesten jungen Typen. Ich versuchte mich zu rächen, es ihr mit gleicher Münze heimzuzahlen, schlief mit dem jungen
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