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Die Uno

Die Uno

Titel: Die Uno
Autoren: Klaus Dieter Wolf
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dazu. Das kann er entweder dadurch tun, dass er ihn von Fall zu Fall anruft, oder in Form einer allgemeinen Erklärung, mit der er gemäß der Fakultativklausel in Artikel 36 des IGH-Statuts die obligatorische Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofs für sich anerkennt.
    Urteile des IGH sind unter diesen Voraussetzungen zwar rechtsverbindlich, ihre Befolgung kann jedoch nicht von einem Staat gegen einen anderen erzwungen werden, sondern nur nachAnrufung des Sicherheitsrats durch von diesem gegebenenfalls zu beschließende Maßnahmen. Damit können sich allerdings die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats durch das Einlegen ihres Vetos jederzeit selbst der Bindungswirkung des vom IGH gesprochenen Rechts entziehen. Die zwangsweise Durchsetzung eines Urteils gegen ein ständiges Mitglied ist also in der Praxis unmöglich – ein weiterer Beleg für die Sonderstellung, die die UNO-Charta diesen Staaten als Zugeständnis an die realen Machtverhältnisse innerhalb des Staatensystems einräumt.
    Viele Staaten haben ihre Zustimmungserklärung mit Vorbehalten hinsichtlich einer sachlichen Beschränkung oder zeitlichen Befristung verbunden – wie etwa die USA im Jahr 1985 für Fragen, die ihre Sicherheitsbelange berühren – oder sie sogar völlig widerrufen, wie etwa Frankreich nach einer Klage Australiens und Neuseelands gegen seine Atomwaffenversuche im Mururoa-Atoll. In einer 1984 eingereichten Klage hatte Nicaragua den USA vorgeworfen, mit der Verlegung von Minen in nicaraguanischen Küstengewässern den Sturz der Regierung zu betreiben. Nach der Zulassung dieser Klage erklärten die USA im Oktober 1985 schließlich, bindende Entscheidungen des Gerichtshofs nicht mehr anzuerkennen. Damit blieb auch das im Juni 1986 verkündete Urteil, in dem Nicaragua ein Recht auf Wiedergutmachung eingeräumt wurde, zumindest materiell folgenlos. Daraus sollte allerdings nicht vorschnell auf eine generelle Bedeutungslosigkeit des IGH geschlossen werden. So konnten die USA zwar einen Sicherheitsratsbeschluss zur Befolgung des gegen sie ergangenen Urteils verhindern und Frankreich eine Verfügung zur Unterlassung von Atomversuchen einfach ignorieren, dennoch haftete in beiden Fällen der unterlegenen Streitpartei in den Augen der Weltöffentlichkeit der Makel des Völkerrechtsbruchs an.
    Mit seinen gutachterlichen Stellungnahmen, die verschiedene Organe der Vereinten Nationen beim IGH einholen können, hat der Gerichtshof zur Weiterentwicklung des Völkerrechts beigetragen, sei es durch die Präzisierung des völkerrechtlichen Gewohnheitsrechts und allgemeiner Rechtsgrundsätze oder durch die Anwendung und Auslegung der seiner Rechtsprechung undseinen Empfehlungen zugrunde liegenden internationalen Verträge. Sehr viel mehr darf vom IGH allerdings auch nicht erwartet werden. Er stellt keinen Vorgriff auf eine zukünftige Weltregierung dar. Vielmehr spiegelt sich auch im IGH die horizontale Architektur des Staatensystems wider.
    Neben dem
Treuhandrat
, der seit der Überführung des letzten Treuhandgebiets der Vereinten Nationen im Jahr 1994 allerdings nicht mehr zusammengetreten ist, ist als ein weiteres der sechs Hauptorgane der Vereinten Nationen noch der ungleich wichtigere
Wirtschafts- und Sozialrat
(ECOSOC) zu nennen. Ihm gehören 54 Staaten an, die für drei Jahre von der Generalversammlung nach einem geographischen Verteilungsschlüssel gewählt werden. Seine Zuständigkeiten umfassen die in Kapitel IX der Charta beschriebene internationale Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet, «um jenen Zustand der Stabilität und Wohlfahrt herbeizuführen, der erforderlich ist, damit zwischen den Nationen friedliche und freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen herrschen» (Artikel 55). Dazu zählen die Zusammenarbeit auf den Gebieten Gesundheit, Kultur und Erziehung und die Verwirklichung der Menschenrechte. Der ECOSOC verfügt über zahlreiche Fachkommissionen, darunter die UNO-Menschenrechtskommission, die Frauenrechtskommission und die Bevölkerungskommission; er koordiniert die Zusammenarbeit der UNO mit den Sonderorganisationen.
    Eine ganz besondere Bedeutung kommt dem ECOSOC dadurch zu, dass er das einzige «Einfallstor» für Nichtregierungsorganisationen (NRO) in die intergouvernementale Welt der UNO darstellt. Von formellen Beteiligungsrechten nichtstaatlicher Akteure ist in der Charta nämlich nur an einer
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