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Die unglaubliche Entdeckung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die unglaubliche Entdeckung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die unglaubliche Entdeckung des Mr. Penumbra (German Edition)
Autoren: Robin Sloan
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leistungsfähig. Anstatt also das ganze System von oben bis unten durchzurechnen, pickt man sich wahllos ein paar Punkte heraus … man platziert ein paar Wetten. Es ist genau wie im Kasino: Wenn du genügend Wetten platzierst, gleicht sich die Zufälligkeit aus. Du siehst darunter die Umrisse des Systems.«
    »Und wo könnte man diese Simulation einsetzen?«
    »Überall!«, sagt Claude. »Klimamodelle … Wirtschaftsprognosen … Kernphysik.« Er macht eine Pause, sein Gesicht wird hart. »Die haben das Buch beim Bau der Bombe benutzt, Partner.«
    Penumbra denkt darüber nach. »Und du glaubst, für das Tycheon könnte es ähnliche Anwendungsmöglichkeiten geben.«
    »Ich weiß es nicht. Wenn du dir das Gehirn als eine Art System vorstellst – keine Chance, dass du es in seiner Gänze abbilden könntest. Vielleicht liefert dein Buch die zufälligen Punkte. Statt Punkt X, Y, Z in einem Urankern …« Er schaut in das aufgeschlagene Buch und liest eins der Fragmente. »… heißt es › DIE KRONE DES FALSCHEN KÖNIGS ‹ IN EINEM MENSCHLICHEN GEHIRN .« Er hält inne. »Ha. Da muss ich an meinen Boss denken. Verstehst du? Zufälligkeit kann produktiv sein.« Claude hält wieder inne, ihm ist etwas eingefallen. Plötzlich leuchten seine Augen fröhlich auf. »Ich habe dir das nie erzählt, aber ich habe damals den Paarungsalgorithmus gefunden.«
    Penumbra runzelt verwirrt die Stirn. »Den was?«
    »Den Algorithmus, der uns am College in ein Zimmer gesteckt hat – der grandiose computerisierte Prozess , erinnerst du dich? Ich habe unten im Keller irgendwas gesucht, und da bin ich über die Karten mit dem Quelltext gestolpert. Willst du wissen, wie er uns ausgesucht hat?«
    »Wie?«
    »Zufällig.«
    »Zufällig«, wiederholt Penumbra.
    »Vollkommen zufällig.«
    »Der Computer wusste nicht, dass wir beide so viele Bücher hatten?«
    Claude schüttelt den Kopf. »Schätze, das war reine Faulheit des Mathe-Fachbereichs. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Präsident keinen Schimmer hatte. Ich meine, das Ganze war vollkommener Zufall.«
    Penumbra muss lachen – einen einzigen bellenden Lacher. Claude lächelt, fängt dann auch an zu lachen, und kurz darauf sitzen sie lachend auf dem grünen Plüschteppichboden, und die struppige graue Katze jault dazu.

DIE KLETTERER
    E r steht im obersten Stockwerk der Bibliothek vor Langston Armitage und übergibt ihm das Techne Tycheon . Mit großen, gierigen Augen starrt der alte Frosch auf seinen Schatz und wickelt ihn langsam aus. Penumbra erzählt ihm die Geschichte der Bergung. Er erläutert ihm den mutmaßlichen Verwendungszweck als eine Art zufälligen Stichwortgeber für Leute, die zum Beispiel mit Tarotkarten oder dem I Ging die Zukunft vorhersagen.
    »Gut gemacht, mein Junge, gut gemacht«, krächzt Armitage überschwänglich. »Bücher über die Zufälligkeit … das könnte ein neues Kursangebot erforderlich machen. Der Kurs müsste natürlich eine Zufallszahl tragen … jedes Jahr eine andere. Sagen wir, Englisch 389. Ist das eine Zufallszahl? Nein, glaube nicht. Na, egal.« Er legt das Buch zur Seite. »Haben Sie gehört, dass Lemire gestorben ist? Die alte Verletzung, die nie verheilt ist. Von der Expedition in die Mongolei. Sie hat ihn schließlich das Leben gekostet. Was ich sagen will, seine Stelle ist frei. Er war Senior-Assistent für Neuerwerbungen, mein Junge.«
    Helles Sonnenlicht dringt durch den grünen Tapetenstreifen. Draußen, weiß Penumbra, ist meilenweit nichts zu sehen als Maisfelder.
    »Ich danke Ihnen für das Angebot«, sagt Penumbra. »Aber ich habe mich entschlossen, nach San Francisco zurückzugehen.«
    Armitage presst die Lippen zu einem Strich zusammen. » San Francisco«, wiederholt er. Diesmal stimmt er kein Lied an.
    Die Glocke über der Tür bimmelt. Corvina und Mo beugen sich über den breiten Schreibtisch. Sie sind in ein Gespräch vertieft. Die Überraschung steht ihnen ins Gesicht geschrie ben, als sie sich umdrehen. Penumbra sagt nichts. Stattdessen schlendert er langsam zwischen den Tischen hindurch und blättert hier und da in einem Buch. Corvina und Mo beob achten schweigend, wie er von P OESIE über P SYCHOLOGIE zu M OS E MPFEHLUNGEN geht. Als er schließlich vor ihnen steht, atmet er tief durch und verkündet: »Ich habe das Techne Tycheon bei meinem alten Arbeitgeber am Galvanic College abgeliefert.«
    Corvina nickt langsam. Auch Mo nickt und sagt dann: »Das war Ihr gutes Recht, Mr. Penumbra. Ich hätte nie etwas
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