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Die unglaubliche Entdeckung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die unglaubliche Entdeckung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die unglaubliche Entdeckung des Mr. Penumbra (German Edition)
Autoren: Robin Sloan
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Raum und kommt zu dem Schluss, dass hier weniger Kunden als bei City Lights sind, wahrscheinlich weniger als zwei Dutzend – aber sie quetschen sich auf einem Bruchteil der Fläche zusammen.
    Die kleine, aber geballte Menge drängt sich um mehrere niedrige Tische mit kleinen handbeschrifteten Schildern, auf denen P OESIE , S CIENCE - F ICTION oder AUS DEM W HOLE- E ARTH- K ATALOG steht. Einige blättern in den Büchern. Zwei debattierende, gestikulierende Männer mit zotteligen Vollbärten wüh len sich durch die Bücher auf dem K INO -Tischchen. Andere lesen. Eine Frau in einem grünen Kleid steht regungslos da, fasziniert von einem Comic mit dem Titel Die Fantastischen Vier. Die meisten sind allerdings miteinander beschäftigt. Sie reden, nicken, lachen, flirten, streichen sich die Haare aus den Augen und klemmen sie sich hinter die Ohren. Alle haben lange Haare, der Besucher ist plötzlich verlegen wegen seines Bürstenschnitts.
    Während er sich durch die Menge Richtung Kasse schlän gelt, versucht er niemanden zu berühren. Die Hygienestan dards sind höchst unterschiedlich. Die Stimmen hallen von den nackten Bodendielen wider, und er schnappt Gesprächsfetzen auf:
    »… ein Trip …«
    »… oben in Marin …«
    »… beim Led Zep …«
    »… na ja, Smack …«
    Die Buchhandlung hat noch mehr zu bieten. Hinter den niedrigen Tischen ragen Regale, die den rückwärtigen Teil des Ladens beherrschen, so weit in die Höhe, dass sie in der Dunkelheit verschwinden. Leitern reichen gefährlich weit in die Finsternis hinauf. Die schweren Bewohner dieser Regale machen allesamt einen gewichtigeren Eindruck als die Bücher vorn. Den Menschen im Laden scheinen sie egal zu sein – obwohl es natürlich sein kann, denkt der Besucher, dass in der Finsternis geheime Aktivitäten vor sich gehen.
    Er fühlt sich zutiefst unwohl. Er will schon wieder umkehren und gehen. Aber … es ist eine Buchhandlung. Hier könnte sich eine Spur finden.
    Der Besucher geht zur Kasse, wo der Verkäufer mit einem Kunden streitet. Die beiden Gestalten unterscheiden sich erheblich: Zwei unterschiedliche Dekaden stehen sich auf den beiden Seiten des breiten, schweren Schreibtischs gegenüber. Der Kunde ist ein gelenkiger, zaundürrer Mann mit strähnigen, zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen Haaren. Der Verkäufer ist ein stämmiger Klotz mit dicken Armen, über denen sich die Rippen seines Pullovers spannen. Er trägt einen akkurat gestutzten Schnauzer, hat dunkle, nach hinten gekämmte Haare und gleicht eher einem Seemann als dem Verkäufer in einer Buchhandlung.
    »Die Toilette ist nur für Kunden«, sagt der Verkäufer bestimmt.
    »Ich hab letzte Woche ein Buch gekauft, Mann«, protestiert der Kunde.
    »Ach, tatsächlich? Du hast letzte Woche eins gelesen , kein Zweifel, hab ich mit eigenen Augen gesehen, aber was das Kaufen angeht …« Der Verkäufer wuchtet einen dicken, ledergebundenen Wälzer auf den Schreibtisch und blättert schnell durch die Seiten. »Nein, fürchte, da ist nichts … Wie war der Name noch gleich?«
    Der Kunde lächelt glückselig. »Coyote.«
    »Coyote, natürlich … Nein, da ist kein Coyote. Ich habe da einen Starchild … einen Frodo … aber keinen Coyote.«
    »Starchild, genau! Das ist mein Nach name. Na los, Mann. Ich muss dringend pissen.« Der Kunde – Coyote … Star child? – wippt auf seinen Füßen auf und ab.
    Die Kinnladen des Verkäufers verkrampfen sich. Er holt den Generalschlüssel hervor, an dem eine lange graue Quaste hängt. »Beeil dich.« Der Kunde reißt ihm den Schlüssel aus der Hand und verschwindet hinter den hohen Bücherregalen. Sofort heften sich zwei andere an seine Fersen.
    »Das ist kein Wartesaal!«, ruft ihnen der Verkäufer hinterher. »Verstanden?« Er seufzt, dreht sich wieder um und sieht sich dem Besucher gegenüber. »Ja? Bitte?«
    »Äh, hallo.« Der Besucher lächelt. »Ich suche nach einem Buch.«
    Der Verkäufer sagt nichts. Er justiert sich neu. »Ach ja?« Seine Kinnladen scheinen sich wieder zu entspannen.
    »Ja. Genauer gesagt, ich suche nach einem ganz besonderen Buch.«
    »Marcus!«, ruft eine Frau. Der Verkäufer schaut auf. Die Frau mit dem Kofferradio hebt ein Buch über die Köpfe der Menge und klopft mit dem Finger auf den Umschlag: Nackt kam die Fremde. »Mar- cus! Das hast du heimlich gelesen, stimmt’s?«
    Der Verkäufer runzelt die Stirn, erweist ihr aber nicht den Gefallen einer Antwort, sondern schlägt mit der Faust auf den
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