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Die Tuer im Schott

Die Tuer im Schott

Titel: Die Tuer im Schott
Autoren: John Dickson Carr
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dann unter Deck einschließen, wo das Wasser eindrang, und sich davonmachen. Ich wehrte mich mit allem, was ich zu fassen bekam, und das war in diesem Falle ein Holzhammer, der neben der Tür hing. Wie oft ich zuschlug, weiß ich nicht mehr, doch dem Sohn der Schlangentänzerin schien es überhaupt nichts auszumachen. Ich konnte einen Sprung auf die andere Seite der Tür machen – was sich jedoch als schlechter Schachzug erweisen sollte; der Sohn der Schlangentänzerin stemmte sich dagegen, und mit dem Rollen des Schiffes gaben die Scharniere nach. Ich brauche wohl kaum zu sagen, daß ich mich noch rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte – alles von mir bis auf die Beine.
    Es war ein Tag für Heldentaten, Doktor – Heldentaten, die keiner je besungen hat und von denen, wenn überhaupt, nur mit stammelnden Worten berichtet wurde. Wer mich gerettet hat, ob es ein Passagier war oder jemand von der Besatzung, das weiß ich nicht. Jedenfalls hob mich jemand auf wie einen nassen Hund und trug mich hinaus zu einem Rettungsboot. Ich war überzeugt, daß der Sohn der Schlangentänzerin mit seinem blutüberströmten Kopf und den wirren Augen zurückgeblieben war und umkommen würde. Daß ich selbst nicht umgekommen bin, verdanke ich wohl dem Salzwasser, aber es war nicht gerade eine Vergnügungsfahrt; und aus der Woche, die darauf folgte, weiß ich nichts mehr.
    In der Geschichte, die ich vor einigen Abenden dem Grüppchen von Farnleigh Close erzählte, berichtete ich als nächstes davon, wie Boris Yeldritch, der alte Zirkusdirektor – längst tot –, mich als »Patrick Gore« in Empfang nahm. Ich habe auch zumindest angedeutet, wie mir zumute war. Sie wissen, warum ich auf meine Verfassung nicht näher eingegangen bin. Boris fand ohne Mühen einen Platz für mich im Zirkus, denn schließlich war ich (was sollen wir darum herumreden) ein Krüppel, der – dank meiner Studien seinerzeit zu Hause – einen wunderbaren Wahrsager abgab. Es war eine Zeit der Schmerzen und Demütigungen, besonders da ich auf meinen Händen »gehen« lernen mußte. Ich will dabei nicht länger verweilen, denn Sie sollen nicht denken, ich wollte Ihr Mitleid oder Mitgefühl – schon der Gedanke bringt mich in furchtbare Wut. Mir geht es wie dem Mann im Theaterstück. Eure Achtung will ich erringen, wenn ich es kann. Euren Respekt werde ich erzwingen, und wenn ich euch dafür umbringen muß. Aber euer Mitleid? Wie könnt ihr es wagen!
    Aber mir geht auf, daß ich mich wie ein Tragöde wegen Dingen gebärde, die ich im Grunde schon fast vergessen habe. Lassen Sie uns die griesgrämige Stimmung vertreiben und uns amüsieren über das, was wir nicht ändern können. Sie wissen, was aus mir geworden ist: Ich bin Wahrsager gewesen, falscher Spiritualist und Okkultist, und Zauberkünstler dazu. Vor einigen Tagen auf Farnleigh Close war es fast ein wenig unvorsichtig von mir, daß ich soviel davon verraten habe. Aber ich bin als Mann, der alles weiß, schon unter so vielen Namen und in so vielen Verkleidungen aufgetreten, daß ich nicht groß befürchten mußte, jemand werde mich wiedererkennen.
    Glauben Sie mir, in meinem Geschäft ist es nur gut, wenn man keine Beine hat. Ich würde es mir nicht anders wünschen. Aber die künstlichen waren mir oft im Wege, und ich fürchte, wirklich geschickt im Umgang mit ihnen bin ich nie geworden. Schon früh habe ich gelernt, mich nur auf den Händen fortzubewegen, und das mit – wenn ich mir erlauben darf, das zu sagen – unglaublicher Schnelligkeit und Wendigkeit. Ich brauche Ihnen wohl kaum zu erzählen, wie oft mir das in meinem Geschäft als falsches Medium nützlich war und welch bemerkenswerte Effekte ich für die Besucher meiner Séancen ersonnen habe. Denken Sie einmal eine Weile lang darüber nach, dann werden Sie es sich ausmalen können.
    Bei solchen Auftritten trage ich unter meinen künstlichen Gliedmaßen und den gewöhnlichen Hosen stets noch eine eng sitzende Hose mit Lederflicken, die mir als Beine dienen und auf dem Boden keinerlei Spuren hinterlassen. Da oft alles auf die Geschwindigkeit ankam, bin ich heute in der Lage, meine Beinprothesen binnen fünfunddreißig Sekunden ab- und wieder anzuschnallen.
    Und das ist natürlich die schmerzlich einfache Erklärung dafür, wie ich den Automaten bedienen konnte.
    Dazu ein paar Worte, da sich die Geschichte nun einmal wiederholt. Es   könnte   nicht nur schon vorher geschehen sein, es ist schon vorher geschehen. Ist Ihnen klar, Doktor, daß
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