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Die Tuer im Schott

Die Tuer im Schott

Titel: Die Tuer im Schott
Autoren: John Dickson Carr
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vom Antlitz der Erde getilgt hat.
    Die Tat war für den Abend angesetzt, an dem sie auch geschah – genauer konnte ich nicht planen. Es konnte nicht vorher sein, denn ich wollte mich nicht vor der Zeit im Herrenhaus zeigen – das wäre ein vermeidbares Risiko gewesen –, und man konnte ja kaum erwarten, daß der Bursche sich umbrachte, bevor er überhaupt erfahren hatte, wie erdrückend die Last der Beweise gegen ihn war. Welch wunderbare Gelegenheit sich für mich ergab, als wir auf das Urteil zu den Fingerabdrücken warteten und er hinaus in den Garten spazierte, brauche ich Ihnen nicht zu sagen.
    Nun wird es Zeit für ein Kompliment an Sie, mein Freund. Sie nahmen es auf sich, ein unmögliches Verbrechen aufzuklären, und damit Sie Knowles zum Reden brachten, zimmerten Sie aus Träumen und Phantasiegebilden und Spekulation ein Gebäude zurecht, dessen Logik so zwingend war, daß Sie damit das Unerklärliche erklärten. Unter dem rein künstlerischen Aspekt freut mich das; ohne Ihre Arbeit wären die Zuhörer um das Beste an diesem Fall betrogen worden.
    Tatsache ist jedoch – und das wissen Sie sehr gut –, daß es nie ein unmögliches Verbrechen gegeben hat.
    Ich ging einfach zu dem Burschen hin, zerrte ihn zu Boden und tötete ihn am Teich mit dem Taschenmesser, das Sie später in der Hecke fanden – das ist alles.
    Knowles, ob es nun Glück war oder Pech, sah alles vom Fenster des Grünen Zimmers mit an. Aber selbst da wären wir noch, hätte ich nicht alles mit meinem einen großen Fehler verdorben, in Sicherheit gewesen, gleich doppelt sicher sogar. Knowles schwor nicht nur aller Welt, daß es Selbstmord gewesen war; nein, er verschaffte mir sogar zu meiner nicht unbeträchtlichen Verblüffung ungefragt ein Alibi. Denn von Anfang an hatte er, wie Sie erfahren haben, dem verstorbenen Herrn mißtraut und eine Abneigung gegen ihn gehegt; er hatte nie wirklich geglaubt, daß dieser Mann ein Farnleigh war, und er wäre lieber an den Galgen gegangen, als daß er verraten hätte, daß der echte John Farnleigh den falschen, der ihn um sein Erbe gebracht hatte, getötet hatte.
    Als ich den Burschen umbrachte, hatte ich natürlich meine Beine abgeschnallt. Das war nur vernünftig, denn wirklich schnell und bequem kann ich mich nur auf meinen Lederflicken bewegen, und mit den Beinprothesen hätte ich mich nicht so weit ducken können, daß mich hinter den taillenhohen Hecken keiner sah. Die Hecken boten mir einen wunderbaren Schutz und, sollte es notwendig werden, eine Vielzahl von Fluchtwegen. Für den Fall, daß mich doch jemand sah, hatte ich mir die sinistre Janusmaske vom Dachboden unter die Jacke gesteckt.
    Ich näherte mich ihm von der Nordseite des Hauses, das heißt aus der Richtung des neuen Flügels. Ich könnte mir vorstellen, daß ihm die Haare zu Berge standen, als er mich sah. Der Gauner war so vor Schrecken starr, daß ich ihn schon nach unten gezogen hatte, bevor er sich rühren oder auch nur einen Laut von sich geben konnte. Die Kraft, die sich in all den Jahren in meinen Schultern und Armen entwickelt hat, Doktor, ist beträchtlich.
    Später machte mir gerade in diesem Punkt – dem eigentlichen Angriff – die Aussage von Nathaniel Burrows einige Sorgen. Burrows stand an der Terrassentür, an die zehn Meter entfernt, und wie er selbst sagt, sieht er im Halbdunkel nicht gut. Er sah merkwürdige Geschehnisse, auf die er sich keinen Reim machen konnte. Er konnte mich nicht sehen, denn die Hecken standen dazwischen, doch das Verhalten des Opfers erschreckte ihn. Lesen Sie noch einmal in seiner Aussage nach, dann wissen Sie, was ich meine. Sie schließt mit den Sätzen: »Ich wüßte nicht, wie ich die Bewegung beschreiben sollte, die er machte. Es war, als hätte ihn etwas an den Füßen gepackt.«
    Und genauso war es.
    Doch diese Gefahr war kaum der Rede wert im Vergleich zu dem, was Welkyn ein paar Sekunden nach dem Mord beinahe vom Eßzimmerfenster aus gesehen hätte. Zweifellos wird Ihnen schon aufgegangen sein, daß das, was Welkyn durch eine der unteren Scheiben der Terrassentür sah, niemand anderes als der Unterzeichnete war. Es war leichtsinnig von mir, mich jemandem auch nur einen flüchtigen Augenblick lang zu zeigen, doch in dem Moment war ich (wie Sie noch hören werden) zu beschäftigt damit, daß mir mein Plan mißlungen war; zum Glück hatte ich die Maske umgebunden.
    Daß er mich zu sehen bekam, war nicht so gefährlich wie die Deutung einer bestimmten Wendung – einer
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