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Die Trüffelgöttinnen (German Edition)

Die Trüffelgöttinnen (German Edition)

Titel: Die Trüffelgöttinnen (German Edition)
Autoren: Lexa Holland
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zusammenfaltbare Kleiderständer.
    Aber letztlich war ihm das in diesem Moment eigentlich egal, denn was jetzt für ihn zählte, war, dass er sich endlich auf dem Weingut befand und schon bald vor dem Fass stehen würde, in dem sein über alles geliebter Mouton 1888 herangereift war. Graf Rothschild hatte damals darauf bestanden, dass der Wein auch auf dem Gut abgefüllt werden musste, und dies hier war das letzte benutzte Fass gewesen, bevor die Weinberge durch den Schimmelpilz dahingerafft worden waren.
    Ein historischer Moment! Harry erschauerte, als er sich vorstellte, wie seine Hände über das uralte Holz streichen und die Atmosphäre jener Zeit aufnehmen und erfassen würden.
    Nachdem er zu seinem Zimmer geführt worden war, legte er sich ein Stündchen aufs Ohr und stand dann wie die acht anderen Teilnehmer pünktlich zur angegebenen Zeit, bewaffnet mit einer leeren Weinflasche, an dem weinlaubüberrankten Torbogen, hinter dem Weinberge lagen so weit das Auge reichte, und wo man in einiger Entfernung in einer Art Rondell zwischen den Rebstöcken das Fass erahnen konnte.
    „ Mesieur, wenn Sie mirrrr bitte folgen wollen!«
    Der Gutsherr, zünftig gekleidet in ein wallendes kariertes Wollcape, eine schwarze Schirmmütze und kniehohe Stiefel, ging voran, und die kleine Herde trottete ehrfürchtig und stumm hinter ihm drein.
    Harry fand den französischen Akzent albern, aber das kam daher, dass er sich in der High School ebenso verzweifelt wie vergeblich mit den Tücken der französischen Sprache abgemüht hatte und bei den mündlichen Tests immer wieder Gegenstand wiehernden Gelächters gewesen war.
    Der Gutsherr zeigte mit der Spitze seines Gehstocks, der so knorrig wie er selbst und offensichtlich aus Rebholz geschnitzt worden war, geradeaus.
    Harry holte tief Luft und folgte bebend vor innerer Anspannung in die üppig mit Trauben behangenen Weinberge, den Blick unverwandt nach vorne gerichtet, um ja nicht den erhebenden Moment zu versäumen, wo das Fass in Sichtweite kam.
     
    So kam es, dass er zwar tatsächlich derjenige aus der kleinen Truppe war, der den ersten verzückten Blick auf das Objekt der Verehrung erhaschte, aber genau deshalb den Mann in dem verblichenen Trenchcoat und dem tief in die Stirn gezogenen Hut, der gerade durch das Haupttor trat, nicht bemerkte.
     
    * * *
     
    Auch Melanie bemerkte das Unheil, das nun auf dem Weg zu ihr war, vorerst nicht.
    Sie hatte nach einem emotional extrem anstrengenden Tag gerade die der mit vanilleduftenden Schaumbergen gefüllte Wanne in ihrem Appartement bestiegen und gab sich zu den aufwühlenden Klängen von Mozarts » Requiem « der Trauer um den so tragisch und viel zu früh verschiedenen George Glamour hin.
    Was hätten sie und so viele andere Frauen nicht darum gegeben, der Körper gewesen zu ein, an dem der seine den letzten Atemzug ausgehaucht hatte!
    Man hatte Glamours glückselig lächelnde Leiche erst entdeckt, als die vor seinem Fenster schon den zweiten Morgen vergeblich auf den täglichen Segen wartenden Massen zu ahnen begannen, dass ihrem Meister etwas Schreckliches zugestoßen sein musste.
    Nataly hatte das durch Jalousien abgedunkelte Loft verlassen, nachdem George und sie eine Weile in wie sie glaubte, seligem Schweigen dagelegen und sie vermutet hatte, dass er sanft eingeschlummert war. Dass entschlummert es wohl besser getroffen hätte, erfuhr sie zwei Tage später in Connecticut im Haus ihrer Familie aus den Nachrichten, wohin sie direkt nach ihrem Akt der Nächstenliebe an George Glamour in bester Laune aufgebrochen war.
    Während die Nachrichtenticker mit der Meldung von George Glamours Tod heiß liefen und sich in New York wie am berühmten Schwarzen Freitag verzweifelte Menschen reihenweise und manche in Sternformation, nur durch Donuts zwischen den Händen miteinander verbunden, aus dem Fenster stürzten und die weniger Todesmutigen sich am Times Square versammelten und unter weithin hörbaren Schluchzern eine Art Ehrendenkmal aus mit Zartbitterschokolade überzogenen Marshmallows für ihren geliebten George auftürmten, hatte Melanie eine folgenschwere Entscheidung getroffen: Sie würde am Wochenende zwar nach Frankfurt zurückkehren, aber sie würde auch genau das tun, was sie Tom in ihrem Telefonat angekündigt hatte: Sie würde so rundlich und mit all den vielen kleineren und größeren Fältchen, in die ihre Haut sich inzwischen willig gelegt hatte, in Deutschland vor die Kameras treten und sich um keinen Preis der Welt einem
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