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Die Trüffelgöttinnen (German Edition)

Die Trüffelgöttinnen (German Edition)

Titel: Die Trüffelgöttinnen (German Edition)
Autoren: Lexa Holland
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Lifting oder einer Fettabsaugung unterziehen. Das hatte sie Tom vor einigen Stunden per EMail noch einmal unmissverständlich mitgeteilt.
    Eine Reaktion darauf hatte es noch nicht gegeben, aber wie auch immer die aussehen würde: Melanie würde sich durch nichts und niemanden davon abbringen lassen, zu ihrem neuen weiblichen Selbstverständnis zu stehen.
    Sie ließ noch etwas heißes Wasser nachlaufen und lehnte sich wieder zurück in die duftenden Schaumberge.
    Nach dem Verklingen des letzten Akkords von Mozarts Meisterwerk würde sie sich in ihren flauschigen Bademantel hüllen und ihre Trauer über den Verlust George Glamours mit einer Doppelpackung Brüsseler Sahnetrüffel und einer Flasche Dom Perignon zu lindern suchen.
    Dass sie dazu und auch zu anderen Aktivitäten keine Gelegenheit mehr haben würde, ahnte sie eben so wenig wie die Tatsache, dass die Nachrichtenticker in Kürze einen weiteren ebenso unerwarteten wie tragischen Verlust würden bekannt geben müssen.
     
    * * *
     
    Zur selben Zeit nahm auch auf dem Weingut in Frankreich das Schicksal seinen Lauf, wo die Gruppe inmitten der Weinberge in einem kleinen Rondell stand und ehrfürchtig zu dem großen, alten Fass aufblickte, das irgendwie auf beängstigende Weise wie ein lebendiges Wesen ihre Blicke zu erwidern schien. Harrys Hände begannen feucht zu werden.
    »Bitte seien Sie vorrrsischtisch, Mesieur!« mahnte der Gutsherr mit grimmigem Blick, während er den Rebknorz schwang wie eine Zehnkampfkeule.
    Es war wohl empfehlenswert, es sich mit diesem Zeitgenossen nicht zu verscherzen, dachte Harry und heuchelte Aufmerksamkeit, obwohl es ihm völlig wurscht war, was der alte Besserwisser da vorne zum Besten zu geben hatte. Für Harry zählte allein, dass er in wenigen Minuten einen Blick in das Fass werfen konnte, in dem vor so langer Zeit sein geliebter Mouton herangereift war.
    »Bitte passen Sie auf, wenn Sie die Leiterrrr ‘ochsteigen. Die Stufen sind nach die feuschte Wetter der letzten Tage ein wenig glitschisch und wir möschten nischt, dass sisch einer unserer Besucher ein Bein oder gar den ‘Als brischt! Und der Letzte schließt bitte wieder die Deckel, Mesieur!«
    Harry musste unwillkürlich grinsen, als er sich vorstellte, wie der direkt vor ihm stehende Engländer dort oben das Gleichgewicht verlieren und mit seiner viel zu engen Angeberlederhose auf seinem offensichtlich künstlich aufgepolstertsten Hinterteil Stufe für Stufe die Leiter herunterhopsen würde.
    Er wollte der Letzte in der Reihe sein, denn dann musste er sich nicht von irgendwelchen ungeduldigen Dränglern verscheuchen lassen, sondern konnte mit der gebotenen Ehrfurcht und Geduld von oben in das feuchte Dunkel blicken und sich von dem unvergleichlichen Duft verzaubern lassen. So kam es, dass Harry zum ersten Mal in seinem Leben froh war über seine bescheidene Körpergröße.
    Nun kletterten alle nacheinander die Leiter hoch, spähten kurz ins Fass hinein, füllten sich Wein ab und landeten nach ihrer Besichtigungstour wohlbehalten und erleichtert wieder auf dem Boden. Der vermeintlich Letzte hatte den Deckel des alten Fasses wieder sorgfältig zugeklappt und dann den Abstieg angetreten.
    Der Gutsherr, der ebenso wie die anderen nicht bemerkt hatte, dass Harry noch nicht an der Reihe gewesen war, mahnte die kleine Gruppe zum Aufbruch.
    »Wir werden nun noch eine kleine Schpazirrrgang durch die Weinberge machen, und dort erwartet Sie eine Imbiss mit Frommage, Schinken und, fast ‘ätte isch das vergessen, Trauben, naturlement!«
    Er gluckste vor Lachen über seinen vermeintlich originellen Witz.
    «Alore! Folgen Sie mirrr!«
    Er stapfte energisch voran, und während sich die anderen Teilnehmer brav im Gänsemarsch an seine Fersen hefteten, hätte Harry vor Freude am liebsten einen Luftsprung gemacht: Er war endlich alleine mit dem Fass und hatte jetzt alle Zeit der Welt, seine große Liebe Mouton Rothschild gebührend zu würdigen und zu genießen.
    Das Leben war gut zu ihm, das empfand er in diesem Moment so deutlich wie nie zuvor.
    Und da der Überschwang großer Emotionen oft zu Unvorsichtigkeit führt, aber zuweilen auch mit einer gewissen Hellsichtigkeit einhergeht, schwor er sich, dieses Weingut nicht eher zu verlassen, bevor auch die letzte Zelle seines von Adonis etwas stiefmütterlich behandelten Körpers wenigstens durch und durch vom Geist des glutroten Mouton Rothschild durchdrungen wäre.
    Ein Wunsch, den ihm das Schicksal unverzüglich zu erfüllen bereit
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