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Die Trüffelgöttinnen (German Edition)

Die Trüffelgöttinnen (German Edition)

Titel: Die Trüffelgöttinnen (German Edition)
Autoren: Lexa Holland
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verjüngt wieder aufgetaucht war, und nichts in der Welt hatte sie dazu bringen können, zuzugeben, dass sie sich irgendeiner Behandlung unterzogen hatte. Sie hatte noch einige Jahre weitermoderiert und dann, als ihr Gesicht wieder die ersten Anzeichen wirkender Schwerkraft zu zeigen begann, freiwillig und kampflos das Feld für eine jüngere Nachfolgerin geräumt.
    Und nun war also sie dran! Aber so leicht würde sie es ihnen nicht machen.
    Melanie zerrte wütend an dem Gurt, mit dem sie an die Trage fixiert war. Er löste sich etwas und schien sich tatsächlich zu öffnen, aber einer der Männer drückte sie wieder auf die Liege zurück.
    »Ich schnalle Sie jetzt wieder an!« Er begann energisch an dem Gurt zu hantieren.
     
    Da fand Melanie endlich ihre Stimme wieder. » Neiiiiiiiiiiin! «
     
    * * *
     
    » Neiiiiiiiiiiiin! «
    Melanie schlug die Augen auf und schaute direkt in das erschrockene Gesicht einer jungen Frau in Uniform, die sich gerade über sich gebeugt hatte, um ihren Gurt festzuzurren.
    »Ich wollte Sie nicht wecken, aber wir landen gleich in New York, und die Passagiere müssen angeschnallt sein, deshalb wollte ich Ihnen den Gurt umlegen.«
    Die Stewardess zeigte auf die Leuchtschrift über den Sitzen.
    Aus verschiedenen Sitzreihen starrten mehrere Augenpaare zu ihnen herüber.
    »Sie haben den ganzen Flug über fest geschlafen. Ich bringe Ihnen gleich noch einen Kaffee, der macht Sie bestimmt rasch wieder munter, sodass Sie New York nach der Landung so richtig genießen können.«
    Sie eilte davon, um den Kaffee zu holen.
    »Ich bin also gar nicht in der Turnaround-Clinic? Ich bin gar nicht in New York, das heißt, ich war noch gar nicht in New York?« Melanie blinzelte verwirrt.
    Ihr Sitznachbar beugte sich lächelnd zu ihr herüber. Jetzt erinnerte sie sich wieder: der Psychologe, die Visitenkarte, das Angebot, ihr New York zu zeigen.
    Sie saß immer noch im Flugzeug, sie war noch gar nicht in New York, sie hatte geschlafen! Sie hatte einfach schlecht geträumt.
    »Manchmal denkt man, man hätte schlecht geträumt.« Er lachte. »Dabei sind die vermeintlich schlechten Träume oft die besten, wenn man sie genauer anschaut.«
    Melanie wusste nicht, was sie sagen sollte.
    Sie sah vorsichtig an sich herunter. Noch nicht einmal der Ansatz eines Bauches war zu sehen.
    Sie atmete unwillkürlich aus, und für jeden in der Nähe Sitzenden musste es klingen wie die Seufzer der Erleichterung, die Frauen oft ausstoßen, wenn sie feststellen, dass der Zeiger der Waage wieder gnädig gestimmt war.
    Aber sie täuschten sich.
    Es war ganz einfach so, dass Melanie mit einem Schlag realisiert hatte, was für ein grandioses Geschenk ihr Unterbewusstsein ihr gemacht hatte: Es hatte ihr all diese heilsamen Bilder als seltsamen, unglaublichen und verrückten Traum verpackt mitten ins Herz geschickt, wo sie wirkten wie ein ganz allein für sie geschaffener Zauberspruch.
    In ihrem Leben würde niemals mehr Platz sein für selbstquälerisches Kalorienzählen, minutenlange kritische Pirouetten vor dem Spiegel oder fünfzig Sit-Ups, um drei Rippchen Schokolade abzuarbeiten, die sie noch nicht einmal hatte genießen können, weil sie immer schon beim Auspacken gewusst hatte, wie die Strafe dafür aussehen würde.
    Vor allem aber würde kein Platz mehr sein für gnadenlose Selbstverurteilung oder Verurteilung, wenn sie oder andere nicht dem Bild entsprachen, das irgendwer da draußen als allgemeingültig in die Welt setzte.
     
    Und so griff Melanie schließlich mit kindlicher Begeisterung zu, als die Stewardess ihr auf einem kleinen Silbertablett drei belgische Sahnetrüffel servierte.
    Und sie fand, dass sie irgendwie genau so aussahen und schmeckten wie die, die man ihr im Mermaid serviert hatte.

Nachwort
     
    In den folgenden Monaten konnte sich Melanie dank der Hilfe von Dr. Rheingold von den Folgen der in ihrer Kindheit durchgemachten Gehirnwäsche befreien. Sie verlor den Schlankheitswahn, legte einige Pfunde und weibliche Rundungen zu und gewann einen ganz neuen Blick: Wo übergewichtige Frauen Verachtung und Panik in ihr ausgelöst hatten, war nun jegliche Wertung verschwunden. Sie erfreute sich an der Farbigkeit, Buntheit und Vielfalt der Formen, die das Menschsein annehmen konnte.
    Nach ihrer Rückkehr nach Frankfurt nahm sie ein Sabbatical, das sie nutzte, um ihren Traum in Buchform zu bringen, und landete damit auf Anhieb für ein ganzes Jahr auf Platz 1 der Bestsellerlisten und für immer in den Herzen
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