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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung
Autoren: Charles Cumming
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Geschäftsmann hatte endlich vor seinem Risotto die Waffen gestreckt. Gaddis fühlte sich geschmeichelt und zugleich amüsiert, dass Paterson ihn für fähig hielt, eine Story von solchem Kaliber auszugraben. Gleichzeitig fürchtete er, Holly Levettes Schuhkartons könnten nur Secondhand-Ware enthalten, irrelevanten Abfall aus zweifelhaften Quellen der russischen Unterwelt. Aber im Augenblick hatte er nichts außer diesen Kartons.
    » Ich überlege mir etwas«, sagte er.
    » Gut.« Paterson quittierte die Ankunft seines Tiramisus mit einem leisen Freudenpfiff. » So. Bestünde eventuell Aussicht, Sie für eine Tasse Kaffee zu begeistern?«

4
    Acht Stunden später saß Gaddis beim Abendessen im Haus von Charlotte Berg in Hampstead. Berg war seine Mitbewohnerin in Cambridge gewesen, und vor seiner Heirat – für kurze Zeit – seine Geliebte. Sie war eine ehemalige Kriegsberichterstatterin, die es verstand, ihre in Bosnien, Ruanda und der West Bank erlittenen seelischen Narben hinter einer Fassade aus Bonhomie und langsam verblassendem Glamour zu verbergen. Beim gebratenem Hähnchen, von ihrem Mann Paul zubereitet, begann Charlotte, ihm Einzelheiten ihrer neuesten Story zu erzählen, einer freien Auftragsarbeit für die Sunday Times, von der sie behauptete, sie hätte das Potential zu dem Politskandal der letzten zehn Jahre.
    » Das ist ein echter Coup«, sagte sie.
    Gaddis bemerkte, dass ihm das Wort heute schon zum zweiten Mal begegnete.
    » Was ist es denn?«
    » Wenn ich es dir verrate, ist es keiner mehr, oder?«
    Das gehörte zu dem Spiel, das sie miteinander spielten. Charlotte und Sam waren enge Freunde und doch Rivalen, die sich oft besonders eifersüchtig auf die Finger schauten. Es war eine berufliche, intellektuelle Rivalität, die kaum jemals richtig ernst genommen wurde.
    » Erinnerst du dich noch an Melita Norwood?«, fragte sie.
    Sam blickte hinüber zu Paul, der andächtig Soße mit einem Brocken Weißbrot auftunkte. Norwood war die sogenannte Agenten-Granny, die während der 40er- und 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts britische Nukleargeheimnisse an die Sowjetunion geliefert hatte und erst 1999 enttarnt worden war.
    » Ich weiß nur noch, dass die Dame unter den Teppich gekehrt wurde. Hat für Stalin spioniert und sein Nuklear-Programm um schätzungsweise fünf Jahre beschleunigt, und weil die britische Regierung Angst davor hatte, einer Achtzigjährigen wegen Landesverrats den Prozess zu machen – schließlich wäre das nicht gut fürs Image gewesen –, durfte sie friedlich in ihrem Bett sterben. Warum?«
    Charlotte schob ihren Teller auf die Seite. Sie war eine äußerst expressive, unkonventionelle Frau mit weitreichenden Begehrlichkeiten: Zigaretten, geistige Getränke, Informationen. Paul war bis dato der einzige ihrer Männer, der ihre vielen Widersprüchlichkeiten ausgehalten hatte. » Vergiss Melita Norwood«, sagte sie plötzlich, griff versehentlich nach Sams Weinglas und trank es fast ganz leer.
    » Wenn du es sagst.«
    » Und was ist mit Roger Hollis?«, fragte sie schnell.
    » Was soll mit ihm sein?«
    » Glaubst du, er war ein Verräter?«
    Sir Roger Hollis besetzte eine Grauzone in der Geschichte des britischen Geheimdienstes. 1981 veröffentlichte der Journalist Chapman Pincher den Bestseller Their Trade is Treachery, in dem er behauptet, Hollis, der ehemalige Chef des MI 5, sei ein KGB -Spion gewesen. Gaddis hatte das Buch als Jugendlicher gelesen. Er erinnerte sich an einen leuchtend roten Einband, über den der Schatten einer Sichel fiel. Er hatte sich das Buch von seinem Vater ausgeliehen, während eines Strandurlaubs in Sussex.
    » Um ehrlich zu sein, hab ich schon lange nicht mehr an Hollis gedacht«, sagte er. » Pincher konnte seine Behauptungen nie beweisen. Daran arbeitest du? Das ist der Knüller? Gibt es eine Verbindung zwischen Hollis und Norwood? Sie wurde mit einem KGB -Spion mit dem Codenamen › HUNT ‹ in Verbindung gebracht, der nie entlarvt werden konnte. War HUNT Hollis?«
    Charlotte lachte. Es bereitete ihr Vergnügen, Gaddis’ auf seinen Fundus an Fachwissen abzuklopfen.
    » Vergiss Hollis«, sagte sie mit derselben aggressiven Lust, mit der sie schon Norwood abgetan hatte. Gaddis war verwirrt.
    » Warum sagst du das ständig?«
    » Weil sie Würstchen waren. Nebendarsteller. Kleine Fische verglichen mit dem, über das ich gestolpert bin.«
    » Und das wäre…?«, fragte Paul.
    Charlotte trank ihr wahrscheinlich neuntes oder zehntes Glas Wein leer. »
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