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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung
Autoren: Charles Cumming
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Charlotte schenkte ihr Glas wieder voll Wein. Paul fing Sams Blick auf und zog kaum wahrnehmbar die Stirn in Falten. Sie trank ganz schön was weg: eine Flasche Wein zum Lunch, zwei zum Abendessen, ein paar Gins um sechs, vor dem Zubettgehen ein paar Gläschen Laphroaig. Aber das alles schien ohne Wirkung auf ihr Verhalten zu bleiben, von einem leichten Anstieg der Dezibelzahl ihrer Stimme einmal abgesehen. Auf Dauer machte der Alkohol sie natürlich fertig: bürdete ihr Jahre und Körpergewicht auf, hängte ihr Tränensäcke unter die Augen. » Vor ungefähr einem Monat ist mir ein Brief von einem Mann namens Thomas Neame ins Haus geflattert. Er behauptet, der Vertraute eines britischen Diplomaten zu sein, der während seiner ganzen Karriere, vom Zweiten Weltkrieg bis Mitte der 1980er-Jahre, als Spion für den KGB arbeitete. Ich habe ein paar simple Erkundigungen eingezogen, festgestellt, dass der Mann koscher ist, und dann hab ich ihn besucht.«
    » Wo?« Was das Kommen und Gehen im Berufsleben seiner Frau anging, war Paul ahnungslos. Manchmal verschwand sie für Wochen am Stück, um im Irak, in Kalifornien oder Moskau eine Story zu recherchieren.
    » Das ist das Geheimnis Nummer eins«, antwortete Charlotte. » Nicht einmal dir darf ich verraten, wo Thomas Neame lebt.«
    » Vertrauen zwischen Mann und Frau ist eine wunderbare Sache«, murmelte Gaddis. » Wie alt ist der Knabe?«
    » Einundneunzig.« Charlotte schüttete mehr Wein in sich hinein. Ihre Haut war unter dem trüben Licht in der Küche dunkler geworden, die Lippen glitzerten rubinrot von Lippenstift und Wein. » Aber ein Einundneunzigjähriger, der aussieht wie Mitte siebzig. Zum Armdrücken hätte ich ihn nicht herausgefordert. Hart und zäh, ein Schotte der Kriegsgeneration, so einer raucht vierzig Zigaretten am Tag und klettert vorm Frühstück mal eben auf den Ben Nevis.«
    » Im Gegensatz zu einer anderen mir bekannten Person«, bemerkte Paul spitz und mit Blick auf die Zigarette in der Hand seiner Frau. Die Korrespondentenjahre im Ausland hatten Charlottes einstmals eiserne Konstitution offenbar geschwächt, nicht gestärkt. Sowohl Paul als auch Gaddis sorgten sich um sie, aber ihren Lebensstil ändern zu wollen war ungefähr so aussichtsreich wie ein Fahrradtrip zum Mond.
    » Und wenn Neame weiß, dass sein Freund ein Spion war«, fragte Gaddis, » warum ist es dann nicht früher bekannt geworden?«
    Bevor Charlotte antworten konnte, klingelte Gaddis’ Telefon. Er zog es aus der Jacketttasche und warf einen Blick auf das Display. Es war eine Nachricht von Holly Levette.
    SCHLAFTRUNK …?
    Zwei widersprüchliche Impulse regten sich in ihm: Er wollte den Wein austrinken und mit dem Taxi in die Tite Street fahren. Und er wollte Charlotte reinen Wein über seine Not einschenken und ihr sagen, dass er dringend eine schlagzeilenträchtige Story finden musste.
    » Kennst du diese Frau?«, fragte er und hielt das Handy hoch, als wäre ein Foto von Holly auf dem Display. » Holly Levette?«
    » Der Name kommt mir bekannt vor.«
    » Die Mutter hieß Katya. Sie arbeitete an einer Story über den KGB , als –«
    » Katya Levette!« Charlotte reagierte mit theatralischem Entsetzen. Sie schüttelte den Kopf und sagte: » Weithin berüchtigt als die schlechteste Schreiberin der Welt.«
    » Weshalb?«
    Sie winkte ab. » Zu viel der Mühe. Wie sind uns ein-, zweimal über den Weg gelaufen, und da hat sie mir ständig erzählt, wie toll sie mich findet, nur weil sie auf das Gegenlob aus war. Ihre Tochter hat mir nach ihrem Tod eine E-Mail geschickt, um mir zu sagen, wie sehr Katya einen meiner Artikel über Tschetschenien bewundert hat. Bei der Gelegenheit hat sie mir einen Haufen Krempel aus den Rechercheunterlagen ihrer Mutter angeboten.«
    » Einen Haufen Krempel«, wiederholte Gaddis mit einem Stich der Enttäuschung.
    » Gut, vielleicht kein Krempel.« Charlotte schaute schuldbewusst. » Immerhin hab ich sie an dich verwiesen. Ich hab ihr geraten, das Material einem richtigen Historiker zu überlassen.«
    » Zu gütig.«
    » Und jetzt hat sie sich gemeldet?«
    Gaddis nickte. » Dass ich nur der Ersatzmann bin, hat sie nicht gesagt, nur wie begeistert sie von meinem Platow-Artikel im Guardian war.«
    Paul unterdrückte ein Lachen. » Süßholzraspeln öffnet Türen.«
    Gaddis schenkte sich Wein nach. Ohne das unartige Wochenende in Chelsea zu erwähnen, berichtete er, dass Holly zu Daunt Books gekommen sei und ihm das Material angeboten habe.
    » Wenn
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