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Die Trinity Verschwörung

Die Trinity Verschwörung

Titel: Die Trinity Verschwörung
Autoren: Charles Cumming
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Wenn ich euch jetzt sage, dass es einen sechsten Spion in Cambridge gab, der nie enttarnt worden ist, zur selben Zeit wie Burgess und Maclean, Blunt, Philby und Cairncross, und dass der Mann noch am Leben ist?«
    Gaddis wurde nicht gleich schlau aus dem, was Charlotte ihm da erzählte. Auch er hatte mindestens eine Flasche Côtes du Rhône intus. Hollis einer der Cambridge-Spione? Norwood das sechste Mitglied des Fünfer-Rings? Mit einem solchen Hirngespinst beschäftigte sie sich doch nicht ernsthaft. Aber er war bei ihr zu Gast, trank ihren Wein, also behielt er seine Zweifel für sich.
    » Dann würde ich sagen, dass du auf einem Vermögen sitzt.«
    » Hier geht es nicht um Geld, Sam.« Es war keine Zurechtweisung, sie trug nur das Herz auf der Zunge, wie es ihre Art war. » Hier geht es um Geschichte. Ich rede von einem legendären KGB -Spion mit dem Codenamen ATTILA , der während der Dreißiger am Trinity College in Cambridge immatrikuliert war. Einem Mann, der mindestens so gefährlich und einflussreich war wie Maclean und Philby. Einem Maulwurf in der politischen und geheimdienstlichen Infrastruktur Großbritanniens, dessen Verrat von der britischen Regierung ganz bewusst mehr als ein halbes Jahrhundert lang verschwiegen wurde.«
    » Du lieber Gott!« Gaddis war bemüht, seine Skepsis zu verbergen. Es erschien beim besten Willen nicht plausibel, dass ein sechstes Mitglied des Trinity-Rings der Enttarnung entgangen sein sollte. Jeder Spion, jeder Akademiker, jeder Journalist mit einem Minimum an Interesse an der Welt der Geheimdienste war seit Jahrzehnten auf der Suche nach einem sechsten Mann. Jeder sowjetische Überläufer seit 1945 hätte ATTILAS Tarnung in null Komma nichts auffliegen lassen können. Und spätestens nach ihrer Enttarnung hätten Cairncross oder Blunt ihn mit Sicherheit aufgegeben.
    » Woher hast du deine Informationen?«, fragte er. » Warum findet sich bei Mitrochin kein einziger Hinweis auf ATTILA ?«
    Wassili Mitrochin war ein Major des KGB , der nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion detaillierte Berichte über russische Geheimdienstoperationen an den MI 6 weitergegeben hatte. Die Dokumente waren 1992 in Großbritannien veröffentlicht worden.
    » Alle Welt glaubt, Mitrochin hätte die gesamte Geschichte der Sowjetspionage mit sich herumgetragen.« Charlotte zündete sich eine Zigarette an und schaute ausgesprochen zufrieden. » Dabei gab es haufenweise Vorgänge, von denen er nicht den blassesten Schimmer hatte. Unter anderem diesen.«
    Paul legte Messer und Gabel zusammen. Charlottes Ehemann war ein großer, geduldiger Mann, gleichmütig bis an die Grenze zur Teilnahmslosigkeit. Der erfolgreiche Finanzier in der City – daher das Haus mit fünf Schlafzimmern für eine siebenstellige Summe in Hampstead – liebte Charlotte nicht zuletzt deshalb, weil sie ihm erlaubte, im Hintergrund zu bleiben, die Zurückhaltung zu bewahren, die ihm so wichtig war. Er war so unergründlich, dass Sam nie herausbekommen hatte, ob Paul ihn als Bedrohung seiner Ehe oder als guten Freund sah. Deshalb kam es einer kleinen Sensation gleich, dass er sich in die Debatte einschaltete.
    » Na, sag schon, wer ist deine Quelle?«
    Charlotte beugte sich vor in eine stimmungsvoll konspirative Zigarettenqualmwolke und sah die beiden Männer einen nach dem anderen an. Ihr Ehemann war der einzige Mensch, dem sie eine solche Information bedenkenlos anvertrauen konnte. Gaddis mochte ein treuer Freund sein, ein taktvoller und diskreter Mensch, doch es fehlte ihm nicht an einer gewissen Boshaftigkeit, die es ihr riskant erscheinen ließ, ihn in ein Geheimnis einzuweihen.
    » Aber das bleibt unter uns, okay?« Sie sagte es so, dass Gaddis verstand, dass es ihr ernst damit war. Er verspürte einen Stich des Neids, so gewiss war sie sich ihres Preises.
    » Ehrenwort. Ich schweige wie ein Grab.«
    » Darf ich es Polly erzählen?«, murmelte Paul und legte Charlotte die Hand auf den Rücken, als er aufstand, um das Geschirr abzuräumen. Polly war ihr arthritischer schwarzer Labrador, ihnen als Kamerad umso teurer, als sie kinderlos waren.
    » Ich meine es ernst«, sagte sie. » Ich bin zu absoluter Geheimhaltung verpflichtet. Aber die Geschichte ist so irrsinnig, dass ich den Mund einfach nicht halten kann.«
    Gaddis spürte die brennende Neugier des Historikers. Der sechste Mann. War das wirklich möglich? Es war wie die Suche nach dem Heiligen Gral. » Erzähl weiter«, sagte er.
    » Lass mich ganz von vorne anfangen.«
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