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Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Titel: Die Trinity-Anomalie (German Edition)
Autoren: Sean Chercover
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mit einem Strick als Gürtel, und dazu ein ehemals weißes T-Shirt, fleckig und fadenscheinig. An seinem Hals eine Kette mit einem kleinen Goldkreuz. Sein Gesicht fast so dunkel wie das des
suya
-Verkäufers und die Augen weit auseinanderstehend. Sein Blick eher verzweifelt als ängstlich.
    Und dann sah Daniel die Waffe, einen kurzläufigen Revolver, der auf seine Brust gerichtet war.
    »Geben Sie mir Ihre Brieftasche.«
    Daniel ließ die Serviette fallen, hob den linken Zeigefinger und zog langsam seine Brieftasche aus seiner Gesäßtasche, wobei er die ganze Zeit nickte.
    »Kein Problem, ich verstehe schon.« Sein Ton blieb gelassen und sein Gesichtsausdruck friedlich. Er zerkaute den letzten Rest seines Essens und schluckte ihn hinunter. »Hier ist meine Brieftasche.« Er öffnete sie und zeigte ihren Inhalt. »Keine Karten, aber ich habe zweihundert Yankee-Dollar. Die kannst du haben.«
    »Her damit.«
    Daniel sah dem Jungen fest in die Augen. »Nun, da gibt’s allerdings ein Problem. Du kannst das Geld haben, aber nur, wenn du mir die Waffe gibst.«
    »Was?«
    »Ich gebe dir das Geld und du verkaufst mir die Waffe. Es ist ein Geschäft.«
    Der Junge sah ihn an und dachte nach. »Dann erschieße ich Sie eben und nehme mir die Brieftasche einfach. Was halten Sie davon?«
    Daniel hielt dem Blick des Jungen stand. »Davon halte ich gar nichts. Hast du das schon oft gemacht?«
    »Schon ganz oft.«
    »Nein.« Daniel lächelte mitfühlend. »Das glaube ich nicht.« Er nahm die Scheine aus der Brieftasche. »Und jetzt fängst du auch nicht damit an.« Er deutete auf das Kreuz am Hals des Jungen. »Willst du dich wirklich mit meinem Blut besudeln? Willst du das den Rest deines Lebens mit dir herumschleppen? Dich dafür verantworten müssen, wenn deine Zeit kommt?« Er steckte die leere Brieftasche wieder weg. »Gib mir die Waffe, dann bekommst du das Geld.«
    Der Junge biss sich auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf. »Wenn ich Ihnen den Revolver gebe, erschießen Sie mich und nehmen mir das Geld wieder ab.«
    »Na gut.«
Immer schön weiternicken, mit sanfter Stimme reden und positiv bleiben.
»Ich mache dir einen Vorschlag: Du nimmst zuerst die Kugeln raus und gibst mir
dann
die Waffe, wenn dir das lieber ist.« Natürlich hätte er dem Jungen auch problemlos mit dem ungeladenen Revolver kräftig eins überziehen und ihn überwältigen können, wenn er gewollt hätte, aber das wollte er nicht; und er ging davon aus, dass der Junge begriff, dass er es ehrlich meinte. Ebenso wie er sich bei dem Jungen auf seine Menschenkenntnis verließ. »Zweihundert amerikanische Dollar. Gib mir einfach die Waffe und das Geld gehört dir.«
Das Geschäft immer zum Abschluss bringen.
    Der Junge dachte ein paar Sekunden nach, dann klappte er die Trommel auf, ließ die Kugeln in seine linke Hand fallen und steckte sie in seine Jeans. Er hielt ihm die Waffe hin und sagte: »Gleichzeitig.«
    Daniel schnappte sich den Revolver, während der Junge die Scheine an sich riss und dann weglief. Daniel zog sich mit der Waffe in den hinteren Teil der Gasse zurück. Wenn er sie der Polizeiübergäbe, wäre sie noch vor dem Abend wieder in Umlauf. Er spannte den Hahn, brach mithilfe eines Steins den Schlagbolzen ab, hämmerte so lange auf den Hahn ein, bis er so verbogen war, dass er nicht mehr zurückschnellen konnte, und schleuderte die nun unbrauchbare Waffe in einen Mülleimer.
    Eine Stimme hinter ihm sagte: »Sie sind wirklich ein Einfaltspinsel.«
    Daniel kannte die Stimme. Er drehte sich um. »Wie lange haben Sie schon zugeschaut?«
    Pater Conrad Winter zerrte an seinem Priesterkragen, um ein bisschen Luft hineinzulassen, und grinste. »Lange genug.«
    »Vielen Dank für die Hilfe.«
    »Keine Ursache.« Der Priester zog wieder an seinem Kragen und wischte sich mit einem Taschentuch die Stirn, wobei er sein verschwitztes, blondes Haar wegschob. »Eine saumäßige Hitze hier draußen. Suchen wir uns ein schattiges Plätzchen.«

2
    Conrad Winter schnippte nach einem Kellner, der eine Wasserpfeife mit zwei Schläuchen auf den Tisch stellte und eine Kupferkanne mit süßem türkischen Kaffee holte.
    Daniel hatte dieses Treffen gar nicht gewollt, aber Conrad hatte als Leiter des Amts für Weltmission eine ebenso hohe Stellung wie Pater Nick, Daniels Vorgesetzter. Er hatte das Treffen einfach nicht ablehnen können. Wenigstens war es in dem Café schön kühl. Es war ringsum offen, und an der Decke rotierte ein riesiger Ventilator. Er nahm
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