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Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Titel: Die Trinity-Anomalie (German Edition)
Autoren: Sean Chercover
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Früher hat er sein Gequassel immer mit allerlei Kauderwelsch vermischt.«
    »Schauen Sie.« Nick drückte die Pausentaste. »Das mit den fremden Zungen macht er immer noch, aber nicht mehr so häufig. Außerdem läuft es anders als früher.« Er drückte auf Play.
    Trinity zog noch ein paar Minuten seine Geldsammelnummer ab. Dann erstarrte er mitten im Satz – wie ein Epileptiker beieinem Petit-Mal-Anfall. Er paar Sekunden lang stand er stocksteif da. Dann fingen seine Lippen an zu zucken. Ruckartig taumelte er nach links. Dann zuckte er wieder, stärker diesmal, als hätte er einen Finger in eine Steckdose gesteckt.
    Und dann begann das Zungenreden. Es war immer noch Kauderwelsch, aber Nick hatte recht, es war anders. Was Trinity früher von sich gegeben hatte, hatte sich wie eine schlechte Parodie auf irgendwelche afrikanischen Sprachen in japanischem Tonfall angehört. Aber das hier klang ganz anders. Die Töne aus Trinitys Mund ähnelten keiner Sprache, die Daniel je gehört hatte. Eigentlich ähnelten sie gar nichts, was er je gehört hatte. Er konnte sich nicht einmal vorstellen, wie er diese Töne erzeugte.
    Pater Nick schaltete den Fernseher aus. »Was halten Sie davon?«
    »Es ist anders, stimmt«, sagte Daniel. »Sehr dramatisch. Seltsam. Ich weiß gar nicht, wie er es macht.«
    »Es hört sich nicht einfach nur seltsam an. Es ist mehr als das«, sagte Pater Nick. Er setzte seine Lesebrille auf, legte einen dicken Ordner vor sich auf den Schreibtisch und griff zum Telefon. »Jetzt wird es erst
richtig
seltsam.«

5
    Nick nahm den Hörer in die Hand, drückte nur eine Taste und sprach mit seinem Sekretär: »George, schicken Sie Giuseppe herein.«
    Als die Tür hinter ihm aufging, drehte Daniel sich auf seinem Stuhl um und nickte zum Gruß. Daniel hatte Pater Giuseppe Sorvino, den besten Sprachexperten des Vatikans, in den vergangenen zehn Jahren bei ein paar Fällen zurate gezogen. Sie kannten sich nur flüchtig, aber er machte auf Daniel einen sehr intelligenten Eindruck, wirkte allerdings auch tieftraurig. Er hatte bei einem Einsatz in Israel fünf Jahre zuvor seinen linken Unterarm verloren, aber er redete nie darüber. Was auch der Grund für seine Traurigkeit sein mochte, es lag offenbar viel länger zurück.
    Der linke Ärmel an Giuseppes Jacke war hochgeklappt und der Aufschlag mit einer Stecknadel an der Schulter befestigt. Daniel hatte das immer seltsam gefunden. Warum schnitt er den Ärmel nicht einfach am Ellbogen ab? Es schien, als hoffte Giuseppe, dass ihm der Arm plötzlich wieder wachsen und eine neue Hand daraus sprießen würde. Dann könnte er den Ärmel einfach herunterklappen und sich wieder seinem Leben zuwenden.
    Pater Nick bedeutete Giuseppe, sich zu setzen, und der nahm auf dem Stuhl neben Daniel Platz.
    »Erzählen Sie es ihm«, sagte Nick.
    Pater Giuseppe nickte und lächelte verlegen. »Manchmal, während meiner Mittagspause, sehe ich mir die Fernsehprediger an, die behaupten, vom Heiligen Geist erfüllt zu sein. Sie sind so schlecht, dass es schon wieder komisch ist …«
    Nick unterbrach ihn. »Bitte, Giuseppe, nicht alle Einzelheiten Ihrer Mittagspause, nur was Sie entdeckt haben.«
    Der Sprachexperte wurde leicht rot. »Ja, Pater. Ich habe mir also in der Mittagspause Tim Trinity angeschaut, wie er in Zungen redete, und ich bemerkte plötzlich klare sprachliche Strukturen. Ich habe es aufgenommen und ein bisschen mit der Aufnahme herumgespielt. Sie schneller abgespielt, dann langsamer, und habe Muster bemerkt.« Während er redete, rieb er mit der rechten Hand seinen Armstumpf. Wenn er nervös war, juckte es anscheinend mehr. »Dann erinnerte ich mich an ein Gerücht, dass um die Welt ging, als ich jung war. Mir fiel ein, wie ich damals Beatles-Platten rückwärts abgespielt habe, weil man dann angeblich Botschaften über Pauls Tod hören konnte. Rückwärtsbotschaften nannte man das, also diese umgedrehten Aufnahmen.«
    Pater Nick trommelte mit den Fingern auf den Schreibtisch.
    »Ja, Entschuldigung. Jedenfalls habe ich die Trinity-Aufnahme rückwärts abgespielt. Es hörte sich an wie Englisch auf Valium. Dann habe ich es um ein Drittel schneller abgespielt und dann 50 Prozent schneller.« Er hörte auf, seinen Stumpf zu reiben, und seine Hand flog in einer triumphalen Geste in die Höhe. »Und dann hatte ich’s! Trinity sprach Englisch, aber rückwärts, und zwar um ein Drittel langsamer als normal. Absolut erstaunlich! Ich habe seither alle Sendungen aufgenommen. Und
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