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Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt

Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt

Titel: Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt
Autoren: Campus
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braucht, um etwas gut zu beherrschen, und dass es in seinem Fall Jahre gedauert hatte, bis er die Moderation von Radiosendungen so gut beherrschte, dass sich ihm neue Möglichkeiten auftaten. »Für mich liegt der Schlüssel zum Erfolg darin, sich durch einen Haufen Arbeit hindurchzukämpfen, sich ganz auf den Erwerb bestimmter Kompetenzen zu konzentrieren. Das ist die schwierigste Phase von allen.«
    Dem Ausdruck auf den Gesichtern der jungen Leute war klar zu entnehmen, dass sie mit so einer Antwort nicht gerechnet hatten. Vermutlich hatten sie etwas ganz anderes hören wollen als: »Arbeit ist nun mal Arbeit und kein Kinderspiel, aber da muss man durch – und zwar ohne zu jammern.« Dann fuhr Glass fort: »Ich glaube, euer Problem ist, dass ihr alle Möglichkeiten, die sich euch bieten, im Kopf durchspielt und zu einem Urteil kommt, noch bevor ihr euch an den Praxistest wagt. Und das kann ein verhängnisvoller Fehler sein.« 2
    Auch in anderen Interviews ist zu hören, dass man im Vorfeld nur schlecht beurteilen kann, ob einem letztendlich etwas Spaß macht oder nicht. Astrobiologe Andrew Steele meinte, als er befragt wurde: »Ich hatte doch keine Ahnung, was ich einmal werden wollte. Ich lehne Systeme ab, die einen schon in jungen Jahren zu der Entscheidung zwingen wollen, welchem Beruf man später einmal nachgeht.« Einer seiner Gesprächspartner wollte von Steele wissen, ob er seinen Doktor gemacht hatte, weil er hoffte, »eines Tages die Welt verändern zu können«.
    »Aber nein. Ich wollte bloß, dass sich mir danach mehr Möglichkeiten auftun.« 3 | 29 |
    Auch Al Merrick, Gründer des Surfshops Channel Islands Surfboards , ist der Ansicht, dass sich Leidenschaft für den Job erst im Lauf der Zeit entwickeln kann. »Die Leute haben es so eilig mit ihrer Karriere. Das macht mich richtig traurig. Mein ursprünglicher Plan hat bestimmt nicht gelautet, einen Riesenkonzern zu gründen. Meine Devise lautete, einfach nur mein Bestes zu geben, ganz gleich, auf welchem Gebiet.« 4
    Ähnlich äußerte sich auch William Morris, der als Glasbläser in Stanwood, Washington, sein erfolgreiches Unternehmen führt. Eine Studentin beklagte sich bei ihm: »Mich interessieren Tausende unterschiedlicher Dinge, ich habe da keinen Schwerpunkt.« Morris schaute sie verwundert an: »Du kannst dir da nie sicher sein. Doch das solltest du auch gar nicht wollen.« 5
    Diese Interviews verdeutlichen einen wesentlichen Punkt:
    Hinter beeindruckenden Karrieren verbirgt sich oft ein langer Weg mit vielen Abzweigungen, was belegt, dass es nicht damit getan ist, seiner Leidenschaft zu folgen.
    Für diejenigen unter uns, die die Leidenschaftstheorie sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen haben, dürfte diese Aussage eine große Überraschung sein. Wissenschaftler dagegen, die sich mit Themen wie Zufriedenheit am Arbeitsplatz befasst haben, dürfte sie kaum überraschen, zumal wenn sie ihre Erkenntnisse aus Mitarbeiterumfragen gewonnen haben. Seit Jahrzehnten ist das nichts Neues für sie, und dennoch haben nur wenige Karriereplaner und Berufsberater diese Erkenntnisse in ihrer Praxis berücksichtigt. Deshalb widme ich mich nun diesen scheinbar untergegangenen wissenschaftlichen Entdeckungen. | 30 |
Die wissenschaftliche Untersuchung von Leidenschaft
    Weshalb haben so viele Menschen Spaß bei der Arbeit und mindestens genauso viele keinen? Im Wesentlichen lassen sich die sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse in einem einzigen Satz zusammenfassen:
    Es gibt die unterschiedlichsten Gründe für Zufriedenheit am Arbeitsplatz, doch die einschränkende Vorstellung, man müsse seinen Job auf eine bereits erkannte Leidenschaft zuschneiden, ist nicht darunter.
    Zum besseren Verständnis der Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Forschung habe ich die drei interessantesten für Sie zusammengestellt.
Schlussfolgerung 1: Leidenschaft gibt es im Berufsleben eher selten
    Das Forschungsteam des kanadischen Psychologen Robert J. Vallerand führte 2002 eine umfassende Untersuchung an 539 Studenten durch. 6 Zwei wesentliche Fragen in dem Forschungsprojekt waren: »Folgen Sie einer Leidenschaft? Wenn ja, welcher?«
    Die Leidenschaftstheorie basiert auf der Annahme, dass in uns allen Leidenschaften schlummern, die wir nur zu wecken brauchen. In dieser Untersuchung wollte man wissen, ob dem auch tatsächlich so ist. Und hier nun das überaus interessante Ergebnis: 84 Prozent der Befragten antworteten mit Ja. Nun denken Sie bestimmt, das ist ja Wasser auf die
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