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Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt

Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt

Titel: Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt
Autoren: Campus
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wurde – virales Marketing in Höchstform. In den Kommentaren dazu bestätigte die Mehrheit der Websitebesucher seine Auffassung und stellte folgende Beiträge ins Netz:
    »Die wichtigste Lektion, die uns Steve lehrt, lautet, einen sinnvollen Beruf zu ergreifen und etwas zu tun, was einen mit Begeisterung erfüllt … Das Leben ist zu kurz, um nur seine Pflicht zu erfüllen.«
»Folge deiner Leidenschaft – man lebt, um zu leben.«
»Leidenschaft ist der Antrieb, sein Leben zu leben.«
»Nur die Leidenschaft im Job zählt.«
»Gib dich nicht mit dritter Wahl zufrieden. Amen.«
    Anders ausgedrückt, Millionen Menschen genossen Steve Jobs’ Auftritt – der Guru bildlichen Denkens hatte sein Publikum wieder einmal in seinen Bann gezogen und dem gängigen Ratschlag für die künftige Karriere, die ich als »Leidenschaftstheorie« bezeichne, den Stempel »Gelesen und genehmigt« aufgedrückt.
    Die Leidenschaftstheorie
    Der Schlüssel zum beruflichen Glück lautet, dass man als Erstes herausfinden muss, was einen wirklich begeistert. Und dann sucht man sich einen Job, der ganz genau zu dieser Leidenschaft passt.
    Die Glücklichen unter uns, die es sich aussuchen können, welchen Beruf sie einmal ergreifen möchten, saugen diesen Ratschlag quasi schon mit der Muttermilch ein. Uns wird von klein auf eingetrichtert, dass wir Menschen, die mutig genug sind, ihrer Leidenschaft zu folgen, als Helden zu verehren haben, während wir für die Konformisten, die sich für den sicheren Weg entscheiden, nur Mitleid, wenn nicht gar Verachtung empfinden. | 22 |
    Sie nehmen mir das nicht ab? Dann gehen Sie doch mal in einen Buchladen und werfen einen Blick in das Regal mit den Ratgebern zur Berufswahl. Lassen Sie die Bände über den perfekten Lebenslauf und die Benimmregeln beim Vorstellungsgespräch links liegen. Na? Steht da auch nur ein Buch, in dem die Theorie von Leidenschaft als Grundvoraussetzung für die Berufswahl nicht als die einzig wahre verkauft wird? Eben. Und das ist meist schon am Titel zu erkennen: Finde den Job, der dich glücklich macht: Von der Berufung zum Beruf oder Was ich mal werden will? Glücklich! oder auch Eigentlich wär ich gern …: Wie Sie Ihre Talente zum Traumjob machen . Mehr oder weniger stoßen sie alle ins gleiche Horn: Mit ein paar Persönlichkeitstests haben Sie Ihren Traumjob quasi schon in der Tasche. In letzter Zeit sind auf dem amerikanischen Buchmarkt ein paar Karriereratgeber erschienen, die etwas aggressiver auftreten, die traditionellen Bürojobs von Grund auf verteufeln und behaupten, dass wahre Leidenschaft damit beginne, seinen eigenen Weg in Richtung Selbstständigkeit zu gehen. So in etwa lautet der Tenor in Escape from Cubicle Nation . Dieses Buch ist sozusagen der Fluchthelfer für den angestellten Gefangenen, heraus aus den typischen »Bürozellen« – wie man sie hierzulande nur aus den amerikanischen Spielfilmen kennt – und hinein in die Welt des Unternehmertums. In einer Rezension hieß es: »Zeigt einem die Tricks zu einem selbstbestimmten und glücklichen Leben.«
    Diese Bücher und Tausende von Bloggern, Beratern und selbst ernannten Gurus, die alle um Kernthemen wie das Glück am Arbeitsplatz kreisen, wollen uns alle die gleiche Lektion glauben machen: Um glücklich zu sein, muss man seiner Leidenschaft folgen. Ein bekannter Karriereberater hat mir einmal geraten: »Mach, was dir am besten gefällt, der Rubel rollt dann schon von ganz alleine.« Und mit diesem Rat steht er definitiv nicht alleine da, ganze Heerscharen von Berufsberatern und Karriereplanern haben sich ihm angeschlossen.
    Und schon taucht ein Problem auf: Werfen Sie doch einmal einen Blick hinter diese Slogans mit Wohlfühlgarantie und sehen Sie sich zum Beispiel einmal an, wie so leidenschaftliche Men | 23 | schen wie Steve Jobs tatsächlich erfolgreich geworden sind. Oder fragen Sie einen Psychologen, was seiner Meinung nach die Voraussetzung für Zufriedenheit im Job ist. Nun wird die ganze Sache noch komplizierter, nicht wahr? Stück für Stück entzaubern Sie dann nämlich den Mythos von der Leidenschaftstheorie und enden bei der unguten Erkenntnis: Folge deiner Leidenschaft ist womöglich ein schlechter Rat.
    Ich selbst hatte gerade meinen Abschluss an der Universität gemacht und begann mich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Ich kam zu dem Schluss, dass an besagter Theorie wirklich nichts dran ist. Deshalb machte ich mich auf die Suche, denn ich wollte unbedingt herausfinden, was wirklich von
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