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Die Traene des Drachen

Die Traene des Drachen

Titel: Die Traene des Drachen
Autoren: Christina Matesic
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deren Ausgang darüber entscheidet,
    ob die Welt in ewige Finsternis versinkt.“
     

    Elea konnte nicht glauben, dass das Schicksal der Welt in den Händen einer achtzehnjährigen Frau liegen sollte, die in ihrem ganzen Leben noch nie weiter als einen halben Tagesritt von zu Hause weg war. Sie hatte mit Mühe schreiben und lesen gelernt, um sich durch die heilkundigen Bücher Breannas durchkämpfen zu können. Die Geschichte des Menschenvolkes, ihre Kriege gegen fremde Völker oder gegen magische Wesen, wie böse Zauberer oder Drachen, kannte sie nur aus Erzählungen ihrer Pflegeeltern. Und jetzt plötzlich, von heute auf morgen, sollte sie aus einem behüteten, unspektakulären Leben gerissen werden, um die Rolle der Retterin der Menschen zu übernehmen.
Das hab‘ ich nun davon, dass ich mich immer nach etwas mehr Aufregung in meinem Leben gesehnt habe. Vielleicht ist das alles nur ein Irrtum und ich bin doch nicht die Auserwählte.
Aber Albin hatte ihr gerade eben mit todernster Miene versichert, dass er von dem Tag an, an dem ihre Eltern sie ihm als Säugling anvertraut hatten, keinen Moment an ihren Worten gezweifelt hätte. Ihre Eltern waren damals auf der Durchreise gewesen und bis zu Eleas Geburt in Kaska geblieben. Sie hätten mehrere Paare eine Zeit lang beobachtet und sich schließlich für Albin und Breanna entschieden, die ihnen aufgrund ihrer Berufe als die geeignetsten Pflegeeltern für ihre Tochter erschienen: Albin war Jäger und Breanna Heilerin. Der liebevolle Umgang mit dem damals ein Jahr alten Kellen spielte natürlich auch eine große Rolle bei ihrer Entscheidung.
    Die Geschichte, dass ihre alleinstehende Mutter bei ihrer Geburt angeblich gestorben sei, war also gelogen. Aber ihre leiblichen Eltern hätten es so gewollt, hatte Albin sich entschuldigt. Elea war so geschockt über die ihr zugedachte Bestimmung, dass sie nicht fähig war, ihnen diese Lüge übel zu nehmen.
    Je länger sie über ihr bisheriges Leben nachdachte, desto mehr begann auch sie, an diese unglaubliche Geschichte zu glauben. Alles passte irgendwie zusammen. Erst die Sache mit ihren roten Haarsträhnen. Dann ihr Haar, das von jetzt auf nachher bei Dunkelheit zu leuchten begann. Nicht zu vergessen dieses seltsame Mal auf ihrem Rücken, das in seiner Form deutlich einer Rosenknospe ähnelte. Sie sei etwas Besonderes, hatte Breanna stets auf ihre Fragen bezüglich ihres außergewöhnlichen Haars geantwortet. Und nicht zuletzt waren da noch ihre beiden Gaben, die sie vor allen, sogar vor Kellen, ihrem besten Freund, geheim gehalten hatte.
    Plötzlich näherten sich Schritte auf der Treppe. Einige Augenblicke später klopfte es auch schon an der Tür. „Ja?“, sagte Elea zaghaft. „Ich bin es, Breanna. Darf ich reinkommen?“ Elea ging mit immer noch verkrampften Schritten die Tür öffnen. Breanna schien sich offensichtlich beruhigt zu haben. Sie weinte nicht mehr, hatte aber immer noch rote, verquollene Augen. „Wie geht es dir? Du bist auf einmal so abrupt, ohne ein Wort zu sagen, in dein Zimmer hoch gestürmt, dass ich überhaupt nicht wusste, ob ich dir hinterher rennen oder dich einfach in Ruhe lassen sollte, um den ersten Schock zu verarbeiten.“ Elea ließ ihre Pflegemutter eintreten, die sie sogleich in die Arme nahm und sie fest an sich drückte. Das Mädchen genoss die mütterliche Liebe, die wie ein warmer Strom in ihr Innerstes floss. „Du hast wie immer genau das Richtige getan. Oh, Breanna! Das ist alles so schrecklich und viel zu viel auf einmal für mich. Dass sich meine Eltern in einer ausweglosen Lage befunden haben müssen, daran zweifle ich nicht im Geringsten. Sonst hätten sie mich nicht einfach so, kurz nach meiner Geburt, euch anvertraut. – Aber diese Drachengeschichte… Ich dachte, es gibt keine Drachen mehr?“ Breanna löste sich von Elea und schob sie sanft zum Bett, damit sich beide setzen konnten. Sie nahm ihre Hand und strich ihr liebevoll die vorwitzigste der drei roten Haarsträhnen hinters Ohr. „Elea, die Drachen sind vor etwa hundertfünfzig Jahren urplötzlich zusammen mit Feringhor verschwunden. Niemand weiß warum und wohin. Das muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass es sie jetzt nicht mehr gibt.“
    „ Feringhor war doch dieser mächtige, böse Zauberer, der die Menschen zu seinen Sklaven machen wollte“, murmelte Elea wie zu sich selbst. „Und er verschwand zusammen mit den Drachen auf wundersame Weise, bevor er die Menschen endgültig in die Knie zwang.“
    „ Ja, genau.
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