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Die Traene des Drachen

Die Traene des Drachen

Titel: Die Traene des Drachen
Autoren: Christina Matesic
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Und nicht nur sie verschwanden. Auch all die anderen Zauberer und Hexen, die ihre Zauberkräfte in den Dienst von König Locán gestellt hatten. Du darfst nicht vergessen, Elea, die für uns fassbare Welt, um genau zu sein, die beiden Königreiche Moraya und Boraya, sind möglicherweise nicht die einzigen bevölkerten Gebiete. Jenseits der Berge des Akrachóns und der Wüste Talamán befindet sich Land, das wir nicht kennen.“
    „ Und was hat es mit den Drachenreitern auf sich? Waren meine Eltern auch welche?“, wollte Elea wissen. „Das weiß ich nicht. Dein Vater hatte ähnlich grüne Augen wie du, wenn auch nicht ganz so intensiv. Beide hatten hellbraunes Haar. Ich weiß, was du gleich sagen wirst, nämlich dass sie vielleicht gar nicht deine Eltern waren. Aber du kannst mir glauben: Sie waren es. Als sie dich zu uns brachten, waren beide todunglücklich. Deine Mutter weinte unaufhörlich und dein Vater kämpfte sichtlich mit den Tränen. Sie konnten sich nicht von dir lösen, vor allem deine Mutter nicht. Dein Vater musste sie mit Gewalt von deinem Körbchen wegziehen. Es waren deine Eltern. Da bin ich mir ganz sicher.“
    „ Warum habt ihr mir nicht schon viel früher von dieser Prophezeiung erzählt?“ Eleas Stimme war anzumerken, dass sie mit den Tränen kämpfte.
    „ Ich hätte es dir gerne gesagt, kurz nach der Geburt von Kaitlyn. Aber Albin wollte es nicht. Er wollte unbedingt den Wunsch deiner Eltern respektieren. Sie wollten, dass du bis ein glückliches und unbeschwertes Leben führst, bis deine Bestimmung ihren Anfang nimmt.“
    „ Und dieser geheime Bund der Drachenreiter, von dem meine Eltern euch erzählt haben, gab es den wirklich?“
    „ Du kennst mich ja, Elea. Ich war neugierig und habe nachgeforscht, auch wenn Albin mich warnte. Er meinte, dass ich vielleicht mit meinem Interesse für Drachen Aufsehen erregen und damit uns in Gefahr bringen würde. Als Erstes suchte ich die kleine Gelehrten-Bibliothek in Kaska auf. Dort erfuhr ich, dass sämtliche Schriften und Bücher über Zauberer, Hexen und Drachen unmittelbar nach dem Ende des Krieges auf Veranlassung von König Locán vernichtet wurden. Also habe ich einfach sehr alte Menschen nach den Legenden um die Drachen befragt. Einige konnten sich an Erzählungen ihrer Ahnen erinnern, in denen es wohl lange vor unserer Zeit Männer gab, die auf Drachen ritten.“ Elea musste schwer schlucken. Die Vorstellung, in vielleicht naher Zukunft auf einem Drachen zu reiten, wo sie es doch nicht einmal wagte, sich auf den Rücken eines Pferdes zu setzen, ließ ihre Kehle eng werden. „Und was ist mit dem Stab und dem Stein? Was hat es mit denen auf sich?“
    „ Das wussten deine Eltern merkwürdigerweise auch nicht. Wichtig sei nur, dass du sie mit auf deinen Weg nimmst – wo auch immer er dich hinführen würde.“ Die junge Frau rieb sich mit beiden Händen verzweifelt die Stirn. Breanna erhob sich plötzlich wieder vom Bett. „Genug geredet, Liebes. Das Mittagessen fällt heute aus. Nach diesem aufregenden Vormittag ist sowieso jedem der Appetit vergangen. Ich werde mir jetzt Gedanken darüber machen, was du alles für die Reise brauchst. Und anschließend werde ich uns ein reichhaltiges Abendessen zubereiten.“ Sie strich sich mit den Händen über ihr Kleid und versprühte geradezu Tatendrang. Aber so war Breanna: In misslichen Lagen stürzte sie sich stets in Arbeit. Sie hatte sich schon der Tür zugewandt und in Bewegung gesetzt, als Elea rasch nach ihrer Hand griff und sie zurückhielt. „Ich muss also weg von hier, stimmt’s? Und das schon morgen! Deshalb kam Kellen auch so überraschend nach Hause. Er sieht furchtbar aus. Als ob er tage- und nächtelang geritten wäre.“ Breanna sah Elea lange ernst an, bis sie ihr mit belegter Stimme antwortete. “Ja… morgen, sobald die Sonne aufgeht.“
    Elea musste an die frische Luft. Als ob die Drachengeschichte und ihre unheilvolle Bestimmung nicht schlimm genug waren. Nein! – Schon am nächsten Tag sollte sie tatsächlich ihr geliebtes Zuhause fluchtartig verlassen. Nachdem Breanna ohne ein weiteres Wort wieder nach unten verschwunden war, ging sie ebenfalls die Treppe hinunter. Albin brütete über einer Landkarte, die dem Pergament nach zu urteilen aus demselben Zeitalter zu stammen schien wie das Schriftstück mit der ihr zugedachten Prophezeiung. Sein kurzes Haar stand in alle Richtungen ab. Als er sie bemerkte, warf er ihr einen Blick zu, der Wohl Optimismus ausstrahlen und sie
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