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JETLAG

JETLAG

Titel: JETLAG
Autoren: Scott Daniel Dupris
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Jetlag
     
     
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    Nach dem Duschen. Ich steh am Fenster und greif mir in meine Unterhose. Unten im Garten neben dem Hotelparkplatz schneiden mehrere Jugendliche die Büsche und säubern die Wege von Unkraut. Hilfskräfte, Schulabbrecher, Dropouts ohne jede Perspektive, denen man hier auf diese Weise wenigstens zeitweise nochmals eine kleine Chance gibt.
     
    Fast alle von ihnen haben bei ihren Tätigkeiten ihre T-Shirts ausgezogen, lassen sich die noch recht sanfte Märzsonne auf ihre fitten jungen Körper scheinen. Wie eine Art von sanften Protest bei diesem angeordneten Arbeitsdienst. Etwas Strandfeeling verbreiten bei ihrer eigentlich ungeliebten Beschäftigung. Wärmende Gefühle breiten sich dabei auch in mir aus. So schau ich ihnen verdammt gerne beim Arbeiten zu. Trotz Jetlag.
     
    Der Swimmingpool dort unten jedoch ist noch vollständig leer. Wie denn auch sonst im März? Kein Tropfen Wasser. Nur Laub, Moos und Sand. Man hat große Mengen von Schaumstoffflocken hinein geschüttet, damit sich nur ja niemand verletzt, falls doch einer hinein fällt. Er wird wohl erst im Juni wieder für seinen eigentlichen Gebrauch gefüllt.
     
    Verdammt. Ich krieg einfach keinen hoch. Die Gefühle sind ja da. So wie immer. Aber mein Körper fährt einfach nicht hoch. Scheiß Jetlag. Der kommt immer mit Verspätung. Heimtückisch und dabei dann urplötzlich. Er überfällt dich stets immer dann, wenn du glaubst, dass das Schlimmste schon überstanden ist.
     
     
    Lincoln, Nebraska . Mann, oh Mann, wo bin ich denn nur hier gelandet? Arsch der zivilisierten Welt ist für diesen Platz noch eine völlige beschönigende Übertreibung. Das einzige Erhebende an diesem trostlosen Ort ist sein Namenspatron. Eine große Persönlichkeit. Inspiration und Vorbild für uns alle.
     
    Nach dem Direktflug von London nach Chicago musste ich noch zweimal das Flugzeug wechseln, um überhaupt hierher zu gelangen. Zuletzt in einer fürchterlich wackeligen, schon recht betagten Turbopropmaschine von Kansas City aus.
     
    Ich hab in meinem ganzen Leben noch nie im Flugzeug gekotzt. Aber diesesmal wäre es fast so weit gekommen. Fast. Das nimmt einem dann auch noch das letzte bisschen an Würde, wenn du vor Zuschauern in eine Tüte kotzen musst, weil das einzige Klo an Bord ständig belegt ist.
     
     
    Ich pack mich in meinen Trainingsanzug und schmeiß mich wieder aufs Bett. Den Chip für meine Hotelzimmertüre hab ich mir vorsichtshalber gleich mal an einem harten Plastikband übers Handgelenk gezogen, sonst steh ich heut Nacht mal wieder wie üblich vor verschlossenen Türen. Ich kenn mich doch, mich und meine flaue Zerstreutheit in diesen Dingen.
     
    Volle Flaute auch da unten bei mir in der Hose, ich wünschte mir, mein Schniedel würde jetzt wenigstens in etwa so fest werden, wie das Band rum um mein rechtes Handgelenk... Aber leider, völlige Fehlanzeige, obwohl ich ja eigentlich eher mit meiner linken Hand wichse, naja zumindest wenns dann am Ende mit Schwung in Richtung Samenerguss zugeht.
     
    Schlafen kann ich aber auch nicht, obwohl ich total müde und völlig fertig bin. Wie spät ist es jetzt eigentlich bei uns zuhause in Yorkshire ? Erst Mittags oder doch schon Mitternacht? Keine Ahnung, nicht den blassesten Schimmer. Ich komm da auch immer so was von voll total durcheinander.
     
    Ich mach den Fernseher an. Hausfrauenprogramm. Eine aufgedonnerte Talkshowgastgeberin unterhält sich mit ihren Gästen über deren skurriles Liebesleben und voll abartige Sexpraktiken. Ich press mein Gesicht ins Kissen, zieh mir die Hose runter und versuch Entspannungswichsen. Keine Chance. Mein Körper will einfach nicht, lässt mich voll hängen. Nach über sechzehn Stunden Flug über sieben Zeitzonen hinweg funktioniere ich schlichtweg nicht mehr normal. Besaufen kann ich mich aber auch nicht, da ich nachher noch zum Dinner runter muss. Ich muss ordentlich was essen, sonst kack ich hier noch vollständig ab.
     
    Schließlich komm ich an den Punkt, wo ich nur noch heim will. Heim in meine gewohnte Zeitzone, heim in mein gewohntes Bett und mir dort, wie ich es eigenlich gewohnt bin, ganz in Ruhe und ganz entspannt einen runterholen möchte. Völlig übermüdet, benebelt, benommen und schwer wie Blei döse ich schließlich doch noch irgendwie ein und atme in meinen Gedanken die wunderbare Luft bei mir zuhause in Yorkshire an unserem See direkt am Waldrand.
     
     
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    »Ich bitte vielmals um Entschuldigung, Sir!« Verdutzt
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