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Die Toteninsel

Die Toteninsel

Titel: Die Toteninsel
Autoren: Hubert Haensel
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nicht weiter auf. Es genügte ein flüchtiger Blick gen Westen, um erkennen zu lassen, daß man nicht sehr viel Zeit hatte, eine Entscheidung herbeizuführen. Die Sonne würde bald im Meer versinken.
    »Die Priester fliehen in den Schutz der Nacht«, sagte Mythor. »In heimischen Gewässern werden sie uns leicht entkommen.«
    »Du glaubst, daß sie uns inzwischen bemerkt haben?«
    Anstelle einer Antwort streckte der Sohn des Kometen einen Arm aus und deutete auf den Horizont, wo die bislang deutlich erkennbare Grenze zwischen Luft und Wasser zu verwischen drohte.
    »Was ist das?« machte Joby überrascht.
    »Nebel«, erwiderte Fronja. »Wir nähern uns dem Ziel unserer Reise.«
    »Wir sind zu langsam«, schimpfte Tertish. »Caeryll, was ist mit deiner Fliegenden Stadt? Ist sie schon ebenso senil wie du?«
    Ein Raunen ging durch die Wand aus Lebenskristallen. Was der gerüstete Ritter mit dem eisengrauen, brustlangen Vollbart und dem nicht minder langen Haupthaar antwortete, blieb unverständlich.
    »Vergessen wir die Schiffe«, sagte Fronja. »Wir werden auch so unser Ziel erreichen.«
    »Damit gibst du Hunderte von Tatasen einem schrecklichen Schicksal preis.« Tertish reagierte überaus ungehalten. »Unsere Aufgabe wird dadurch nicht leichter. Außerdem wird ganz Tata über unsere Ankunft unterrichtet sein.«
    »Der Dämon weiß es längst.«
    Barsch winkte die Amazone ab.
    »Wir müssen sie einholen, bevor sie im Nebel verschwinden. Caeryll, es ist deine Pflicht, uns beizustehen…«
    »Auch auf die Gefahr hin, daß mein Körper auseinanderbricht?« murmelten die Kristalle in vielfachem Echo. » Carlumen kann nicht schneller fliegen.«
    Tertish stand an einem Auge des Widderkopfs und starrte hinaus in die beginnende Abenddämmerung. Gleich einem gefräßigen Moloch kroch der Nebel über die See und griff nach den zwanzig Schritt langen Katamaranen. Trotz der herrschenden Flaute blähten ihre Segel sich wie vor einem heftigen Sturm.
    »Schwarze Magie«, zischte Tertish und spie aus. »Ich muß sie haben.« Im nächsten Moment fuhr sie herum und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Holt Glair her.«
    »Das ist nicht mehr nötig«, erklang es von der Tür.
    »Kannst du ihnen den Wind aus den Segeln nehmen?«
    Die Wetterhexe schüttelte den Kopf.
    »Dort drüben wirken vermutlich drei Dämonenpriester zusammen. Ich kann unmöglich ihren Zauber beeinflussen, noch dazu auf diese Entfernung.«
    »Erzähle mir nicht, daß du hilflos bist.«
    Glair deutete auf Lankohr und den Kleinen Nadomir.
    »Die beiden müssen mich unterstützen.«
    »Ihr habt es gehört«, fuhr Tertish auf. Ihr Blick wanderte zu Mythor weiter. »Oder erhebst du Einwände?«
    »Du bist die Kriegsherrin auf Carlumen. Tu, was du für richtig hältst.«
    Vereinzelte Sonnenstrahlen geisterten über das Firmament. Die Nebelfront war zusehends dichter geworden, nahezu der halbe Sichtkreis wurde bereits von ihr ausgefüllt.
    Glair und ihre beiden magischen Helfer faßten sich an den Händen. Während sie ihre Stimme hob und Beschwörungen rief, verfielen der Aase und der Königstroll in einen monotonen Singsang.
    Mythor glaubte einen flüchtigen Hauch zu spüren, der ihn streifte. Im selben Moment brach Glair ab, riß die Arme hoch und rief die Namen ihrer Sturmgötter. Ein dumpfes Brausen fegte über Carlumen hinweg. Im Umkreis von wenigen hundert Schritt wurden Wellen aufgepeitscht. Ein sich windendes, schlauchförmiges Etwas reichte vom Wasser bis zu den Wolken hinauf. Nach oben hin gewann es an Ausdehnung, während ein höchstens fünf Mannslängen durchmessender Wirbel dort auf dem Meer entstand, wo der Schlauch endete. Seine Kraft mochte groß genug sein, die verfolgten Schiffe in Bedrängnis zu bringen. Unvorstellbare Wassermengen wurden in die Höhe gewirbelt und als feiner Nieselregen wieder abgegeben. Glair lenkte den Wirbelsturm den drei Schiffen entgegen.
    Die See brodelte und kochte, bevor das Chaos über die Katamarane hereinbrach. Von Carlumen aus konnte man sehen, wie ihre Rümpfe tief ins Wasser gedrückt wurden und weit überholten. Dennoch kenterten sie nicht. Aber ihre Segel zerfetzten unter den anstürmenden Gewalten.
    Glair stöhnte verhalten. Jegliche Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. Sie zitterte. Nach wie vor murmelte sie magische Beschwörungen.
    Die Fliegende Stadt holte nun rasch auf. Schon war der Zeitpunkt abzusehen, da die Tatasen sich in Reichweite der Wurfböcke befanden.
    »Spannt die Katapulte!« befahl Tertish. »Die
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