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Die Toteninsel

Die Toteninsel

Titel: Die Toteninsel
Autoren: Hubert Haensel
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Magierstube und blieb im Durchgang zur Brücke stehen.
    Der Raum lag in Finsternis. Lediglich das träge schwingende Steuerpendel verbreitete einen flackernden Schein, und in den Wänden blitzte es hin und wieder auf, als würden ihnen flüchtige Geister innewohnen.
    Dann sah er die reglose Gestalt unmittelbar vor den Lebenskristallen, die Gaerylls steinalt wirkenden Körper einschlossen. Sie trug eine schwarze Samtjacke mit aufgestickten magischen Symbolen, eine Pluderhose und einen breiten Ledergürtel, in dem zwölf Wurfmesser steckten. Das war Necron.
    Mythor war sofort klar, daß Sadagar gewußt hatte, wo der Steinmann sich aufhielt.
    Necron redete mit dem einstigen Meisterritter Caeryll, auch wenn diese Unterhaltung recht einseitig zu sein schien. Mythor konnte erkennen, daß der Steinmann seinen Siegelring hochhielt.
    »Du hast Pflichten, Meisterritter. Sieh her, dieser Ring weist mich aus.
    Nun steh zu deinem Schwur und hilf mir.«
    Ein Raunen erfüllte die Brücke.
    »Ich verlange nichts von dir, was nicht in deinen Möglichkeiten liegt«, drängte Necron weiter. »Ich werde…«
    »Nichts wirst du«, unterbrach Mythor barsch. Der Steinmann wirbelte herum wie ein auf frischer Tat ertappter Dieb.
    »Beinahe hättest du mich erschreckt. Ich unterhalte mich mit Caeryll. Vielleicht kennt er Geschehnisse aus der Vergangenheit meines Volkes.«
    Mythor verschränkte die Arme und schüttelte den Kopf. Sein Blick durchbohrte den Steinmann förmlich. Der zeigte sich merklich verunsichert.
    »Du stehst schon lange da?«
    »Lange genug, um zu wissen, was du beabsichtigst. Und das solltest du auch Aeda und Sadagar sagen: bei aller Freundschaft werde ich nicht zulassen, daß jemand Caeryll und damit die Fliegende Stadt für seine eigenen Zwecke abspenstig macht. Entweder ziehen wir alle an einem Strang, oder wir werden es auf Dauer schwer haben, gegen die Bedrohung durch die Dunkelmächte zu bestehen.«
*
    Der neue Tag brachte einen wolkenbruchartigen Regenguß. Es wurde empfindlich kalt, und Carlumen überzog sich mit einer dünnen Eisschicht.
    Schlaff und völlig durchnäßt hingen die Schleppsegel zu beiden Seiten herab. Keine noch so flüchtige Brise bauschte sie. Trotzdem machte die Fliegende Stadt ansehnliche Fahrt, was nicht zuletzt der Schlange Yhr zu verdanken war.
    Wenn Tobar recht behielt, würde man spätestens in der kommenden Nacht Tata erreichen.
    An Bord ging alles wieder seinen gewohnten Gang. Die kämpferische Ausbildung der Rohnen wurde rasch vorangetrieben. Jeder sollte zumindest eine Waffenart beherrschen, um notfalls sich und die Seinen angemessen verteidigen zu können.
    Tertish, die Kriegsherrin von Carlumen, führte die Gruppe der Schwertkämpfer an. Den Rohnen war freigestellt worden, sich für diese oder jene Waffenart zu entscheiden. Etwa dreißig junge Männer hatten das Schwert gewählt. Später würde man weitersehen und sie auch mit Lanzen und Pfeil und Bogen vertraut machen.
    Tertish und ein Wälsenkrieger demonstrierten die Grundstellungen von Angriff und Verteidigung. Immer und immer wieder klirrten ihre Schwerter aufeinander. Vor allem Kraft gehörte dazu, die Klingen treffsicher zu führen, aber diese Kraft ließ sich durch eisernen Willen und unablässiges Üben rasch erreichen.
    »Du und du«, Tertish deutete auf zwei Rohnen, die ihr am nächsten standen. »Greift mich an.«
    Sie zögerten, sichtlich erschrocken darüber, daß ausgerechnet sie die ersten sein sollten.
    »Nun macht schon.« Tertish wirbelte ihr Seelenschwert über dem Kopf, daß es singend die Luft durchschnitt, und stieß es dann ruckartig von sich. Die Spitze der leicht gebogenen Klinge zielte auf die Rohnen.
    Beide hatten bereits gelernt, denn wie auf einen geheimen Wink hin schnellten sie auseinander, um Tertish zwischen sich zu bringen.
    Die Amazone, die auf das Anlegen ihrer Rüstung verzichtet hatte, lachte verächtlich. Dieses Lachen verunsicherte die Angreifer. Sie wirbelte herum, parierte den geraden, noch zaghaft geführten Stoß des einen, schlug mit dem Knauf ihres Schwertes zu, und der Rohne ließ ächzend die Waffe fallen und umklammerte seine geprellte Hand. Der andere brachte sich durch einen blitzschnellen Sprung aus ihrer Reichweite. Er hielt das Schwert mit beiden Händen und folgte damit jeder ihrer Bewegungen.
    »Ha«, machte Tertish und fintierte. Ihr Gegenüber zuckte zurück, erkannte seinen Fehler jedoch sofort. Sie ließ ihm Gelegenheit, die Überraschung zu überwinden, dann drang sie auf
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