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Die Toteninsel

Die Toteninsel

Titel: Die Toteninsel
Autoren: Hubert Haensel
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deutete zum Firmament empor. »Diese Sterne werde ich nie vergessen, ihr Leuchten hat mich in der schwersten Zeit meines Lebens begleitet. Ich kenne jeden einzelnen von ihnen und den Weg, den sie weisen. Wir haben noch denselben Kurs, den auch die Sklavenschiffe nahmen.« Mit der flachen Hand schlug er auf das Schwert an seiner Hüfte, und sein Gesichtsausdruck verhärtete sich. »Sie sind Bestien, die Dämonenpriester. Glaube mir, lieber würde ich mich selbst töten, als ein zweitesmal auf einem ihrer Schiffe in die Schattenzone verschleppt zu werden.«
    Mythor nickte zögernd. »Du hattest Glück, daß du ihnen entkommen konntest.«
    Der Tatase ging nicht darauf ein.
    »Siehst du jenen hellen, rötlich leuchtenden Stern, der genau in der Verlängerung des Widderkopfs steht? Wenn wir ihm folgen, werden wir Tata niemals verfehlen.
    Und noch etwas gibt es, woran du Tata schon von weitem erkennen kannst. Das ist die Wolke der Düsternis, die meine Heimat umgibt. Der Nebel lichtet sich nie, er liegt auf der Insel, solange ich denken kann.«
*
    Gegen Mitternacht kehrte endlich Ruhe ein. Nur vereinzelt huschten noch Carlumer durch das Labyrinth der Stadt.
    Nachdem Tobar gegangen war, hätte Mythor sich auf dem Wurzelstock niedergelassen, die Ellbogen auf die Knie gestützt und den Kopf in den Handflächen vergraben. Wenigstens für kurze Zeit wollte er allein sein.
    Er fühlte sich nicht sonderlich wohl in seiner Haut. Waren seine Entscheidungen richtig gewesen, oder hätte er besser daran getan, Cryton zu den Göttern zu folgen?
    Mythor erhob sich schließlich, als Gelächter aus rauhen Männerkehlen durch die Stadt hallte. Der Wind trug ihm einzelne Wortfetzen zu, und er erkannte die Stimme von Steinmann Sadagar.
    In letzter Zeit hatten die Nykerier sich mehr und mehr von den anderen abgesondert. Dauernd waren sie beieinander, kein Außenstehender erfuhr, was sie Wichtiges besprachen. Lediglich Tobar hatten sie in ihre Clique miteinbezogen.
    Mythor mußte an die Worte des Kleinen Nadomir denken. »Da spielt sich einiges ab«, hatte der Königstroll erst gestern behauptet. »Ich gäbe viel darum zu wissen, was sie ausbrüten, aber Sadagar tut zeitweise, als wäre ich nicht mehr vorhanden.« Und das mußte einiges heißen, denn die beiden wären vor nicht allzu langer Zeit noch füreinander durchs Feuer gegangen.
    Mythor folgte den Stimmen und entdeckte schließlich Aeda, Sadagar und Tobar in unmittelbarer Nähe des Schwungrads. Die drei hatten ihn noch nicht bemerkt, weil sie ihre Unterhaltung mit einer gewissen Hitzigkeit führten. Trotzdem blieben ihre Stimmen gedämpft. Nur einmal glaubte Mythor den Namen »Catrox« zu hören.
    »He«, rief Sadagar plötzlich aus und sprang auf, wobei seine Rechte wie unbeabsichtigt an den Messergürtel glitt. »Ich hasse es, wenn man Freunde belauscht.«
    Mythor trat auf ihn zu.
    »Ich kam zufällig vorbei.«
    »Du?« Der Steinmann zog die Brauen zusammen, und um seine Mundwinkel zuckte es unwillig. »Das gilt auch für dich. Was hast du gehört?«
    »Haben die Nykerier Geheimnisse vor mir?« hielt Mythor ihm entgegen.
    »Unsinn.« Aber das kam zu schroff, um wirklich ehrlich gemeint zu sein.
    Aeda starrte den Sohn des Kometen unverhohlen herausfordernd an. Tobars Blick hingegen wirkte fast so, als wolle er sich für den Vorfall entschuldigen.
    »Wo ist Necron?« wollte Mythor wissen.
    »Was weiß ich…« Sadagar stemmte seine Fäuste in die Hüften. »Willst du etwas von ihm?«
    »Kannst du mir den Grund nennen, warum du so gereizt bist?«
    »Nein.«
    Mythor seufzte. »Ich glaube, wir sollten endlich über das reden, was euch bedrückt.«
    »Das glaube ich nicht. Es hat nichts mit dir zu tun oder mit Carlumen. Der vergangene Tag war schlimm genug, du solltest dir ein wenig Ruhe gönnen.«
    Mythor wandte sich wortlos um.
    Eine innere Unruhe erfüllte ihn, für die er keine Erklärung wußte. Obwohl sich längst die erforderliche Müdigkeit eingestellt hatte, konnte er nicht schlafen. Mehr oder weniger unbewußt wählte er den Weg zurück zur Brücke. Als er am Bugkastell anlangte, vernahm er eine leise Stimme von unten herauf.
    Er blieb stehen und lauschte. Die Stimme besaß einen drängenden Klang.
    Vorsichtig stieg er die Treppe hinab, bemüht, jegliches Geräusch zu vermeiden.
    Eine der hölzernen Stufen knarrte trotzdem. Vorübergehend trat Stille ein, aber schon wenige Augenblicke später begann erneut jemand in beschwörendem Tonfall zu flüstern.
    Mythor hastete durch die
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