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Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Titel: Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Wilson
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Falcón.
    Eine Weile herrschte Schweigen, nur unterbrochen von Ramírez, der mit einem wulstigen Finger auf die Tischkante trommelte.
    »Was mir großes Vergnügen bereiten würde«, sagte er und blickte wie auf göttliche Inspiration hoffend zur Decke, »wäre eine Privatvorführung des Videos für meinen alten Freund aus dem Barrio. Dann könnte ich sein Gesicht sehen und ihm sagen, dass ich nichts dagegen tun kann, er aber vielleicht ein Wörtchen mit Ignacio Ortega reden sollte.«
    »Ein Wörtchen reden?«, fragte Falcón.
    »Er würde ihn umbringen«, sagte Ramírez. »Ich kenne den Typ. Jemanden, der solche Macht über ihn hat, würde er nicht am Leben lassen.«
    Erneutes Schweigen. Als Cristina Ferrera den Kopf hob, sah sie die Blicke beider Männer auf sich gerichtet.
    »Das ist nicht Ihr Ernst, oder?«, sagte sie.
    »Und dann könnte ich ihn wegen Mordes verhaften«, sagte Ramírez.
    »Ich kann nicht glauben, dass Sie mich auffordern, über so etwas auch nur nachzudenken«, sagte Ferrera. » Wenn das Ihr Ernst ist, brauchen Sie keinen moralischen Rat mehr.«
    Falcón lachte, und Ramírez stimmte laut dröhnend ein. Erleichterung breitete sich über Ferreras ganzes Gesicht aus.
    »Jedenfalls kann niemand behaupten, wir hätten nicht jede Möglichkeit in Erwägung gezogen«, sagte Falcón.
    »Ich gehe zurück an meinen Computer«, sagte sie, verließ das Büro und schloss die Tür hinter sich.
    »War das dein Ernst?«, fragte Ramírez und beugte sich über den Tisch.
    Falcón verzog keine Miene.
    » Joder «, sagte Ramírez. »Das wäre was gewesen.«
    Das Telefon klingelte sehr laut und erschreckte beide. Falcón riss den Hörer von der Gabel und presste ihn an sein Ohr. Er hörte aufmerksam zu, während Ramírez eine unangezündete Zigarette zwischen den Fingern hin und her rollte.
    »Sie haben eine sehr mutige Entscheidung getroffen, Señor López«, sagte Falcón und legte auf.
    »Endlich eine gute Nachricht?«, fragte Ramírez und steckte die Zigarette in den Mund.
    »Das war der Vater des Jungen, der angeblich von Sebastián Ortega missbraucht wurde. Der Junge, Manolo, ist jetzt auf dem Weg zurück nach Sevilla. Er kommt direkt auf die Jefatura, um eine revidierte und vollständig wahre Aussage darüber zu machen, was geschehen ist.«
    »Das ist aber kein besonders nettes Hochzeitsgeschenk für Juez Calderón.«
    »Aber du weißt, was das bedeutet, oder?«
    Die immer noch unangezündete Zigarette fiel in Ramírez’ Schoß.
    Das Telefon klingelte erneut. Diesmal war es Juez Calderón, der bestätigte, dass er den Durchsuchungsbefehl für Vegas Schließfach auf den Namen Emilio Cruz bei der Banco Banesto unterzeichnet hatte. Falcón nahm den Schließfachschlüssel und brach mit Ramírez zum Edificio de los Juzgados auf. Auf dem Weg aus der Tür erzählte er Ferrera, dass Manolo López mit seiner Mutter kommen würde, um eine revidierte Videoaussage zu machen. Ferrera sollte die OrtegaAkte lesen, die Fragen vorbereiten und die Aussage aufnehmen.
    Im Edificio de los Juzgados überreichte Calderóns Sekretärin Ramírez den Durchsuchungsbefehl, mit dem sie sich auf den Weg zur Banco Banesto machten, wo sie ihre Ausweise vorzeigten und in den Tresorraum geführt wurden. Falcón schrieb sich ein, und die Filialleiterin begleitete sie zu den Schließfächern, steckte den Schlüssel ins Schloss, drehte ihn einmal um und ließ sie allein. Falcón benutzte Vegas Schlüssel, zog die Edelstahlkassette heraus und stellte sie auf einen Tisch in der Mitte des Raumes.
    Zuoberst lagen ein alter spanischer Pass und einige Reisetickets. Der Pass war 1984 ausgestellt, der Mann auf dem Foto war Rafael Vega, nur dass er diesmal Oscar Marcos hieß. Die Tickets wurden von einer Büroklammer zusammengehalten und waren nach Datum geordnet. Die erste Reise hatte ihn am 15. Januar 1986 nach Madrid und am 19. Januar zurück nach Sevilla geführt. Die nächste Reise ging am 15.Februar 1986 per Zug von Sevilla über Madrid und Barcelona nach Paris. Für den 17. Februar fand sich eine Fahrkarte von Paris via Frankfurt nach Hamburg. Am 19. Februar war er weiter nach Kopenhagen gefahren, am 24. Februar nach Schweden eingereist und schließlich in Stockholm angekommen. Die Rückreise hatte er am 1. März per Flugzeug von Oslo nach London angetreten, wo er drei Tage verbrachte, bevor er nach Madrid weiterflog und von dort den Zug nach Sevilla nahm.
    »Dieses Zeug muss codiert sein«, sagte Ramírez, der die Papiere unter den Tickets
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