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Die Toten von Bansin

Die Toten von Bansin

Titel: Die Toten von Bansin
Autoren: Elke Pupke
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mal um.«
    Â»Das wäre total nett.« Steffi strahlt. Ȇbrigens, wollen wir uns nicht duzen? Wir müssen ungefähr gleichaltrig sein.«
    Berta grinst über das durchsichtige Kompliment. »Also, ich bin 72. Da kommst du wohl nicht ganz ran, was?«
    Â»Ich bin genau zehn Jahre jünger. Aber das macht doch nichts, oder?«
    Paul Plötz, der an seinem Heringsnetz flickt und den beiden Frauen wohlwollend zuhört, mischt sich ein. »Berta, kann Steffi nicht erst mal im Kehr wieder wohnen? Sie muss doch Brinkmann nicht das Geld in den Rachen schmeißen, Sophie ist bestimmt billiger.«
    Â»Na, für zwei Wochen habe ich ja schon bezahlt. Ich will dem Mann auch nicht vor den Kopf stoßen, er ist mir im Preis sehr entgegengekommen. Ich würde also noch bis zum Ende der nächsten Woche in dem Hotel bleiben. Vielleicht finde ich ja bis dahin eine Ferienwohnung.«
    Â»Wartet denn zu Hause niemand auf dich?«
    Berta amüsiert sich im Stillen über den offensichtlichen Flirtversuch, der so gar nicht zu dem Fischer passt.
    Â»Doch, doch, das ist ja gerade das Schöne. Ich wohne bei meinem Sohn im Haus, der ist Architekt. Ich hab da die Einliegerwohnung und meine Schwiegertochter meint, aus lauter Dankbarkeit könnte ich ihr den ganzen Haushalt machen. Sie kann nämlich weder vernünftig kochen noch bügeln. Na ja, ich mach es für meinen Sohn und für die Jungs. Aber die können ruhig mal sehen, wie es ist, wenn ich nicht da bin. Mein großer Enkel ist nicht mehr oft zu Hause, der studiert in Berlin. Aber der Kleine wird mich schon vermissen. Basti ist 15, er geht aufs Gymnasium und ist ein sehr begabter Geiger. Und wenn seine Mutter keine Zeit hat, weil sie sich mit ihren Freundinnen treffen muss oder shoppen ist, dann fahr ich ihn zur Musikschule. Na, er wird schon zurechtkommen.«
    Einen Moment lang sieht sie traurig aus, aber dann schüttelt sie den Kopf und lacht. »Also, ich würde schon eine Weile hier bleiben, vielleicht den ganzen Winter über. Nur Weihnachten fahre ich nach Hause und natürlich zum Karneval. Habt ihr schon mal vom Kölner Karneval gehört?«
    Berta nickt. »Klar, die zeigen das doch immer im Fernsehen. Aber ehrlich gesagt – dazwischen sein möchte ich nicht unbedingt.«
    Â»Mein Ding wär das auch nicht«, bestätigt Plötz. Er sieht auf die Uhr. »Ich muss nach Hause, das Essen wird schon auf dem Tisch stehen. Es gibt Grützwurst mit Sauerkraut. Das schmeckt nicht mehr, wenn es kalt wird.«
    Die beiden Frauen schlendern gemeinsam ein Stück auf der Strandpromenade.
    Â»Ich gehe hier zum Essen«, verabschiedet Berta sich vor dem Kehr wieder . »Wenn du Freitagabend nichts weiter vorhast, komm doch mal vorbei. Dort gibt es frisch gebratenen Hering mit Bratkartoffeln. Und dann hören wir uns am Stammtisch mal gleich nach einer Ferienwohnung um.«
    Steffi nickt sichtlich erfreut. »Ich komme gern. Bis später!«
    Mittwoch, 10. Oktober
    Jenny Sonnenberg sieht ärgerlich auf den Bildschirm ihres Computers. Ein Reiseunternehmen hat zwei Inselrundfahrten im November storniert. Angeblich wegen Mangels an Beteiligung. Na ja, vielleicht ist das so. Aber immer häufiger bemerkt sie, dass die Rundfahrten trotzdem stattfinden. Die Unternehmen meinen, wenn der Busfahrer schon dreimal auf der Insel war, kann er die Führungen selbst durchführen. Dann sparen sie den Reiseleiter. Oder, was Jenny noch mehr ärgert, sie buchen einen anderen Reiseleiter, der billiger ist. Leider ist es in Deutschland so, dass sich jeder pensionierte Lehrer, der sich zu Hause langweilt, in einen Bus setzen und Reiseleitungen durchführen kann. In anderen Ländern braucht man dazu eine Ausbildung, muss eine Prüfung ablegen. Und da die Rentner nicht unbedingt auf den Verdienst angewiesen sind, verderben sie Agenturen wie der ihren natürlich die Preise.
    Die blonde Frau steht auf und holt sich einen Kaffee von der Maschine auf einem Sideboard. Sie behält die Tasse in der Hand und nippt daran, während sie aus dem großen Panoramafenster in den Garten schaut. Der sieht eigentlich immer gleich aus, wenn nicht gerade Schnee liegt. Es gibt keine Blumen, überhaupt keine Beete, dafür bringt Jenny weder Zeit noch Interesse auf. Nur ein paar kleine Nadelbäume unterbrechen die Rasenfläche. Hinter dem Zaun beginnt der Wald. Manchmal sieht man dort Rehe oder Wildschweine, aber das ist
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