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Die toten Frauen von Juárez

Die toten Frauen von Juárez

Titel: Die toten Frauen von Juárez
Autoren: Sam Hawken
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kleiner, leichter und blasser, aber er war real und lebendig.
    »Danke, Señora«, sagte Sevilla zu der Oberschwester. Sie verabschiedete sich.
    Er musste nahe bei Kelly sitzen, es war so eng, dass er mit einem Bein das Bett berührte. Er hörte ihn selbstständig atmen, sah die Bartstoppeln, die das Krankenhauspersonal mit einer Schere im Zaum hielt, und nahm den Geruch eines Mannes wahr, der in seiner Reglosigkeit jeden zweiten Tag mit einem Schwamm gewaschen wurde.
    Wo sollte er anfangen?
    »Kelly«, sagte Sevilla. »Ich bin gekommen, um … ich wollte, dass Sie es erfahren.«
    Es gab keinen Grund für sein Zögern. Zwischen ihnen hatte sich nichts geändert, nur Sevilla kam sich verwandelt vor. Das lag an der Umgebung, die so ungeschützt war, dass jeder ihn reden hören und Urteile fällen konnte, die nur Kelly zustanden. Sevilla wollte nicht hier reden und alles berichten, was er wusste und gesehen hatte.
    Er legte seine Hand auf die von Kelly. Sie fühlte sich erstaunlich warm und weich an, so weich, wie Boxerhände immer waren, da sie beim langen Training mit dem Sandsack unter Bandagen und Handschuhen schwitzten. Seine Hand zitterte, und schließlich bebte er am ganzen Körper, atmete stoßweise und spürte plötzlich brennende Tränen in den Augen. Er hielt Kelly fest und weinte, bis die Überwältigung nachließ, dann wischte er sich mit dem Saum des Ärmels die Augen ab.
    »Jetzt ist alles in Ordnung, Kelly«, sagte Sevilla. »Jetzt ist alles in Ordnung.«

NACHWORT
    Die toten Frauen von Juárez
ist ein literarisches Werk, das Ciudad Juárez des Romans teilweise fiktiv gestaltet, damit es meinen Zwecken als Geschichtenerzähler genügt. Dennoch ist das Problem der
feminicidios,
der Frauenmorde des realen Ciudad Juárez, leider nicht das Produkt einer morbiden Phantasie.
    Seit 1993 werden über vierhundert Frauen vermisst oder wurden vergewaltigt und ermordet aufgefunden. Eine Handvoll dieser Fälle wurden vor Gericht verhandelt, doch die Verdächtigen klagten ausnahmslos über gefälschte Beweise, Folter, erzwungene Geständnisse. Als aktuelle (und vorzügliche) Untersuchung der Fakten empfehle ich
The Daughters of Juárez,
das Teresa Rodriguez mit Unterstützung von Diana Montané und Lisa Pulitzer geschrieben hat.
    Seit einigen Jahren werden die
feminicidios
überschattet von einem unglaublich brutalen Krieg zwischen Drogenkartellen, der in der gesamten Provinz Chihuahua wütet, besonders aber in der Stadt Juárez. Das heißt nicht, dass das Problem verschwunden wäre. In mancherlei Hinsicht ist die Situation noch schlechter geworden, weil das bisschen Aufmerksamkeit, das Hilfsorganisationen wie Amnesty International oder die Inter-American Commission on Human Rights dem Problem widmen konnten, jetzt abgezogen wird. Der Krieg gegen die Drogen übertrumpft alles.
    Ich habe die Hoffnung, dass dieser Roman die
feminicidios
wieder ein wenig ins Blickfeld der Öffentlichkeit rückt. Dutzende Familien hoffen Tag für Tag auf
justicia.
Manche wären schon dankbar, wenn sie nur ihre Toten begraben könnten. Doch dazu wird es nicht kommen, wenn die Polizei und die Regierung Mexikos nicht drastische Schritte einleiten.
    Die Gruppe Mujeres Sin Voces in dem Roman ist inspiriert von den realen Organisationen Voces Sin Echo (Stimmen ohne Echo) und Las Mujeres De Negro (Die Frauen in Schwarz). Ich bitte Sie, sich über Amnesty International für dieses Thema zu engagieren. Letztendlich wird man diesesProblem nicht mit einer Kugel lösen, sondern nur indem man alle, die für den Missbrauch und die Ermordung der Töchter von Juárez verantwortlich sind, vor ein ordentliches Gericht stellt.
     
    Sam Hawken

DANKSAGUNG
    Ganz gleich, was auf dem Schutzumschlag steht, ein Buch ist stets eine Gemeinschaftsarbeit. In Anbetracht dessen muss ich mich bei Dave Zeltserman und meiner Agentin Svetlana Pironko bedanken, da sie mein Werk auch dann durch Zuspruch unterstützten, wenn mich selbst Zweifel plagten. Darüber hinaus gebührt Pete Ayrton und John Williams vom Verlag Serpent’s Tail Dank dafür, dass sie das Risiko mit mir eingegangen sind.
    Am meisten aber danke ich meiner Frau Mariann, weil sie mir ermöglicht hat, die Laufbahn des Schriftstellers einzuschlagen, weil sie meine erste Leserin und mein bester Schutz gegen schlechten Stil war und der Grundstein unserer Familie ist. Ohne ihre Unterstützung könnten Sie diesen Roman jetzt nicht lesen.

Informationen zum Autor
    © Sam Hawken
    Sam Hawkwn, 1970 in Texas geboren,
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