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Die Tote von Harvard

Die Tote von Harvard

Titel: Die Tote von Harvard
Autoren: Amanda Cross
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Moon,
    »ich weigere mich, mir anzuhören, wenn du vielsilbig, strukturalis-tisch und theoretisch wirst«, aber er kam.)
    »Und du«, fragte Sylvia nach Kates Vorlesung, »wirst du in Harvard bleiben, um den neuen weiblichen Lebensentwürfen auf die Sprünge zu helfen?« Wieder hatten beide die Füße hochgelegt und betrachteten die Schiffe und Flöße auf dem Fluß und die Studenten im Gras der Uferböschung.
    »Ich bleibe auf alle Fälle bis zu Leightons Abschlußfeier«, sagte Kate, »obwohl das ein Zusammentreffen mit meiner Familie bedeutet. Aber Clarkville hat mir eine Platzkarte der Fakultät geschickt.
    Während der Zeremonie brauche ich mich also nicht unter meine Anverwandten zu mischen. Natürlich ist Clarkville, Gott erbarme sich seines engen Männerherzens, nicht in den Sinn gekommen, daß ich mehr als eine Karte brauchen könnte. Aber egal – ich setze große Hoffnungen in Leighton.«
    »Trotzdem. Janet ist umgebracht worden«, sagte Sylvia. Sie sah immer noch auf den Fluß hinaus. »Wir alle haben an ihrem Tod mitgewirkt. Wir haben sie isoliert. Keiner von uns hat ihr Rückhalt 156

    gegeben. Nur der Tod hieß sie willkommen.«
    »Ich denke«, sagte Kate, »daß Harvard sich zumindest ein wenig darüber im klaren ist, was es angerichtet hat. Weißt du, in gewisser Weise verstehen wir, die wir von außen kommen, viel mehr von Harvard als alle in Harvard. War es nicht Kipling, der geschrieben hat: ›Der kennt wenig von England, der nur England kennt.‹ Nun, wenn Harvards Männer auch nur ein Fünkchen zu kapieren beginnen, ist Janet vielleicht nicht umsonst gestorben.«
    »Sie ist nicht umsonst gestorben, glaub mir. Harvards Anglistik-Professoren dachten, die Zeit, da sie sich um die Frauenfrage kümmern mußten, sei vorüber, die feministische Bewegung an den Universitäten hätte sich endgültig ausgetobt. Ich bezweifle sehr, daß sie diesen Standpunkt jetzt noch vertreten, und ich glaube auch nicht, daß sie beim nächsten Mal eine so schlechte Wahl treffen werden.«
    »Dann gibt es also ein nächstes Mal?«
    »O ja. Der gestiftete Lehrstuhl besteht ja weiter«, sagte Sylvia.
    »Das überrascht mich, aber bei Gott, ich bin froh. Ist dir schon aufgefallen, daß ich neuerdings öfter Gott erwähne? Das ist der Einfluß George Herberts, kein Zweifel.«
    »Kein Zweifel auch, daß Janets Tod den Spender zu noch größerer Freigebigkeit angespornt hat. Höchstwahrscheinlich wird demnächst noch ein Frauenlehrstuhl gestiftet! Und zwei Millionen Dollar wird Harvard größte Aufmerksamkeit schenken, da können wir uns getrost auf sein geldgieriges kleines Herz verlassen.«
    »Ob ich wohl je erfahren werde, wer der Spender ist?«
    »Warum nicht. Du hast es verdient. Aber du mußt wirklich schweigen, denn das einzige, was der Wohltäterin ihre Spendelust nehmen könnte, wäre Publicity. Sie will ihr Interesse an Frauen geheimhalten. Sie handelt nämlich mit Männern.«
    »Was meinst du denn bloß damit?«
    »Meine Liebe, die Dame, von der ich rede, ist alt, steinreich und besitzt eine Baseballmannschaft. Wußtest du, daß man eine Baseballmannschaft besitzen kann? Na, wahrscheinlich wußtest du es, aber ich nicht. Ich dachte immer, die gehörten Städten. Städte vergeben zwar die Spiellizenzen, aber gehören tun die Teams irgendwelchen Leuten. Und jeder, der will, kann Stadionbesitzer werden.«
    »Sylvia, du bist ja ein regelrechtes Informationswunder. Und wer, kannst du mir das auch sagen, hat diese Frau herumgekriegt, einen Lehrstuhl zu stiften?«
    »Da sie mit Vergnügen fünf Millionen pro Jahr für ihr Baseball-157

    team springen läßt, kam ihr irgendwann die Idee, in einem vernich-tenden Schlag ein oder zwei Millionen auf Harvard niederprasseln zu lassen. Falls du wissen willst, aus welchem Grund: um Harvard zu ärgern. Ist das nicht herrlich? Wie ich gehört habe, läßt sie kein Spiel ihrer Mannschaft aus, egal, wo die spielt. Und es wird gemunkelt, im Leben ihrer Spieler gäbe es drei Sorten Frauen: die Ehefrauen, die Frauen, mit denen die Jungs unterwegs anbandeln, und ihre Besitze-rin.«
    »Trotzdem wundert es mich, daß sie den Lehrstuhl ausgerechnet für eine Frau stiftete. Eigentlich klingt sie nicht so, als könnte sie viel mit Akademikerinnen anfangen.«
    »Viele Leute haben etwas nachgeholfen. Millionäre kennen sich untereinander. Und irgend jemand setzte die Geldauftreiber Harvards auf ihre Spur. Eine Million Dollar sind schließlich eine Million Dollar, selbst wenn sie von einer Dame
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