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Die Tote von Harvard

Die Tote von Harvard

Titel: Die Tote von Harvard
Autoren: Amanda Cross
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etwas Bestimmtes verkörperte.
    Womit natürlich klar ist, daß ich nicht der Täter sein kann, wie du ja schon herausgefunden hast und bestimmt auch bald beweisen wirst.«
    »Ich weiß, du haßt Henry James, Moon, aber du besitzt genau die Eigenschaft, die sein Lieblingsheld Strether in ›Die Gesandten‹ am meisten bewundert: die herrliche Gabe, die Dinge auf sich zukommen zu lassen.«
    »Ich behaupte nicht, daß James keinen tiefen Einblick in die menschliche Seele hätte. Mir ist nur seine Syntax zu verschlungen und kompliziert. Es stimmt, ich nehme die Dinge, wie sie kommen, aber Janet konnte das nie. Weißt du, was sie im Grunde wollte? Sie wollte dem Schicksal zur Hand gehen. Sie wollte irgendeine großartige Aufgabe erfüllen, die Gott der Allmächtige, oder sein Äquiva-lent, für sie vorgesehen hatte. Aber das Schicksal läßt sich von niemandem ins Handwerk pfuschen. Wenn wir uns im klaren sind, was wir wirklich wollen, hilft es vielleicht manchmal ein wenig nach.
    Janet mochte das siebzehnte Jahrhundert so, weil es da einen Gott gab, der erschien und sagte: Vertrau auf mich, mein Kind, und alles wird gut.«
    »Moon, hast du Janet je erzählt, wie du dich im Krieg fühltest?«
    »O ja. Das waren unsere besten Zeiten, wenn wir darüber rede-ten, wie wir uns fühlten, als wir jung waren. Dann verstanden wir uns immer am besten und waren uns am nächsten. Sie machte sich nie viel aus Sex, was ich wohl schon erwähnt habe. Aber manchmal hatte sie es gern, mit mir im Bett zu liegen und einfach zu reden. Am liebsten wollte sie dabei in die Arme genommen werden. Wahrscheinlich hat es mir mehr geholfen, mit ihr zu reden, als umgekehrt.«
    »Jetzt habe ich nur noch eine Frage, Moon. Denk gut nach, sehr gut, ehe du antwortest.« Und sie fragte ihn.
    Schließlich fuhr Kate nach Boston, um John Cunningham alles auseinanderzusetzen. Einige Tage zuvor waren beide übereinge-kommen, die Detektive zurückzurufen. Sie hatten gute Arbeit geleistet, aber das Ergebnis war negativ. Kate hatte John gegenüber bemerkt, das Dumme am Universum sei – »Mein Gott, verschone mich!« hatte Cunningham aufgestöhnt –, daß das Negative nie genü-
    gend gewürdigt, belohnt oder verstanden würde. »Wir alle schreien hurra, wenn jemand etwas tut, selbst wenn es sich hinterher als die bekloppteste, wie Leighton sagen würde, Sache der Welt herausstellt. Aber jemand, der etwas vermeidet, hat noch nie Beifall be-147

    kommen. Kein Applaus, kein Lob, kein Hurra.« Worauf Cunningham erwidert hatte, er wünsche bei Gott, Kate würde ihn nicht während seiner Bürostunden in derartige Gespräche verwickeln. »Du bist schlimmer als meine Frau«, sagte er, »die mich mitten in einer Be-sprechung anruft und mit den Wünschen der Kinder behelligt. Aber das tut sie nur, damit ich nicht lange mit ihr herumdiskutiere und zu allem ja sage.«
    Diesmal war Cunningham einverstanden gewesen, sich nach dem Büro mit Kate zu treffen. Und noch mehr: Er hatte sich sogar bereit erklärt, sie zum Dinner ins ›Locke-Ober‹ auszuführen, ein Restaurant, von dem er behauptete, Kate möge es nur, weil es, wie Harvard, bis vor kurzem Frauen den Zutritt in seine geheiligten Hallen ver-wehrt hatte. Kate stritt das ab. Was sie dort möge, seien der Rahm-spinat und die Art der älteren Kellner, die fast alle taub und sehr galant waren.
    »Ich bin nur mit diesem Restaurant einverstanden gewesen«, versicherte Cunningham ihr, als sie Platz genommen hatten, »weil sich das Essen hier so in die Länge zieht, daß du genügend Zeit hast, mir deine ganze, wie ich sicher bin, groteske Geschichte zu erzählen.
    Übernächste Woche kommt übrigens Mr. Mandelbaums Fall vor Gericht. Ich hoffe, er kommt und erspart mir die Aufgabe, Reed –
    der dich schließlich deines Geldes wegen geheiratet hat, einen anderen Grund konnte es ja kaum geben, du redest zu viel und warst damals schon nicht mehr die Jüngste – zu erklären, warum ich zugelassen habe, daß du für jemand die Kaution stellst, der sie den Bach runtergehen läßt.«
    »Ich verspreche dir, daß Moon sich nicht nach Pago Pago ab-setzt.«
    »Das glaube ich dir ohne weiteres. Denn sogar Moon wird wissen, daß Pago Pago amerikanisches Territorium ist und er jederzeit dort greifbar wäre. Ich weiß nicht, warum die Leute heutzutage so viel Geld, ja ganze Vermögen, für die Bildung ihrer Töchter ausgeben, die dann am Ende nicht mal über die elementarsten Geogra-phiekenntnisse verfügen. Was möchtest du
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