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Die Tote von Harvard

Die Tote von Harvard

Titel: Die Tote von Harvard
Autoren: Amanda Cross
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kommen. Aber was letztendlich den Ausschlag gab, war eine Tatsache, die ans Licht kam, als sich alle Frauen in Harvard zum ersten Mal versammelten. Ich habe dir davon erzählt. Eine der Sprecherinnen war eine Schwarze. Sie er-zählte, daß sie in ihrer ersten Zeit in Harvard wegen ihrer Hautfarbe nicht in einem der Campushäuser wohnen durfte. Nun, und der dra-matischste Moment im Leben unserer Baseball-Dame war, als Branch Rickey zum ersten Mal schwarze Spieler antreten ließ. Sie jubelte Jackie Robinson zu, als andere Spieler ihn mit den Stollen verletzten und die Fans schwarze Katzen aufs Spielfeld losließen. Sie war empört über die Rassenvorurteile, und ich glaube, am liebsten hätte sie etwas für Schwarze in Harvard getan. Aber jemand hat sie davon überzeugt, daß Harvard sich des Rassenproblems genügend bewußt sei, jedoch immer noch glaube, Frauen seien Kreaturen, die den Lernstoff in sich hineinschlingen, für die Studiengebühren blu-ten und den Mund halten sollten. Das gab den Ausschlag – das und die wunderbaren Überredungskünste einer schwarzen Frau, die ich dir gern eines Tages vorstellen möchte.«
    Kate sagte: »Aus lauter Dankbarkeit werde ich mir eine Saison-karte kaufen und die Durchschnittsleistung jedes Schlägers in ihrem Team auswendig lernen. Die Art Denksport tut einem gut, wenn man in die Jahre kommt.«
    Kurz nach Kates Vorlesung wurden sie und Moon zu einem Dinner im Café in der Hampshire Street eingeladen – von Joan Theresa, Luellen May und Jocasta. Moon wollte Harvard verlassen, sowie er alle Semesterarbeiten seiner Studenten korrigiert hatte. Die Bitte, 158

    seinen Kurs bis ins nächste Jahr zu verlängern, lehnte er ab. »Nicht mal, wenn du noch hier wärst«, sagte er zu Kate. Sie hatte die Kaution zurückbekommen, aber Moon hatte sich von den Kapseln verabschieden müssen. Es schien ihm nicht schwerzufallen; sein Bedarf danach, vermutete Kate, war längst Vergangenheit.
    »Luellen bat mich, dich zu fragen«, sagte Moon zu Kate, »ob du vor Gericht bezeugen wirst, daß sie eine verantwortungsbewußte Person ist, die ihre Kinder großziehen kann. Du weißt, daß sie das ist. Sie ist viel verantwortungsbewußter als ihr Mann, der mich verteufelt an deinen Howard Falkland erinnert.«
    »Wenigstens hat die Polizei, wenn auch widerwillig, zugeben müssen, daß Luellen nichts mit Janets Tod zu tun hatte, was man ja von uns anderen nicht so ohne weiteres behaupten kann.«
    »Kate, Janets Tod ist offiziell als Selbstmord deklariert worden, und ich bitte dich: Laß es damit gut sein und entspann dich. Es paßt nicht zu dir, wenn du rührselig wirst und dich mit Selbstvorwürfen plagst. Kann ich Luellen also sagen, daß du vor Gericht für ihren guten Charakter einstehst?«
    »Ja, ich werde für sie aussagen. Du kannst Luellen beruhigen«, sagte Kate. »Wir wollen schließlich nicht noch ein Opfer in dieser schrecklichen Geschichte. Ich würde es zwar niemand anders gegen-
    über zugeben, aber ich hab es ein ganz klein bißchen satt, Harvards Kastanien aus dem Feuer zu holen, besonders jetzt, wo ich sehe, wie sie alle, und besonders die anglistische Fakultät, langsam vor sich hin rösten. Und natürlich kein Wort des Dankes. Nicht einmal jetzt halten sie es für nötig, einen überhaupt zur Kenntnis zu nehmen.
    Versprich, daß du niemand erzählst, was ich dir gerade gesagt habe.«
    »Dein Vertrauen ist, wie du selbst, für immer gut bei mir aufgehoben«, sagte Moon. Er nahm die Gitarre in die andere Hand und legte den Arm um Kate. »Ich werde dich vermissen«, sagte er und ließ seinen Arm von ihrer Schulter gleiten. »Du bist das einzige an Harvard, das ich vermissen werde. Kein Ort für mich. Na, immerhin gut, das ein für allemal herausgefunden zu haben.«
    Das Dinner war eine erfreuliche Begebenheit. Kate hatte sich bereit erklärt, nicht zu rauchen, wenn es dafür Wein gab: ein fairer Handel. Joan Theresa tischte den versprochenen hausgemachten Wein auf, der, wie Kate überrascht feststellte, keineswegs schlecht war. Sie hatte hausgemachten Wein immer im Verdacht gehabt, gezuckert zu schmecken. »Sie dürfen nichts mitbringen«, hatte Luellen gesagt. »Sie sind unser Ehrengast, und Ihnen zuliebe darf Jocasta 159

    in der Nähe unseres Tisches draußen vor dem Fenster sitzen, damit Sie ihr etwas zuwerfen können, wenn Sie wollen.«
    Auf dem Tisch neben dem Fenster, vor dem Jocasta in angespannter Erwartungshaltung saß, standen Kerzen, aber die Tage wurden immer länger, und es
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