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Die Tote im roten Cadillac

Die Tote im roten Cadillac

Titel: Die Tote im roten Cadillac
Autoren: Alexander Borell
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umzugehen. Eddie hat mir so viel Nettes von Ihnen erzählt, daß ich jetzt sehr enttäuscht bin.«
    »Tut mir leid, gnädige Frau — es ließ sich leider nicht anders machen. Ich möchte nur noch eines von Ihnen wissen: Seit wann wußten Sie, daß sich Eddie von Ihnen scheiden lassen wollte, um Olivia zu heiraten?«
    Sie wurde weiß im Gesicht, und ihre Lippen schimmerten bläulich.
    »Gehen Sie! Gehen Sie sofort! Molly — Molly! Hilfe! Hilfe!«
    Sie brach in ein hysterisches Gekreische aus, und ich zog es vor, meinen Besuch zu beenden.
    Die Tür flog auf, und das Mädchen kam herein. Es schaute erschrocken von mir zu Grace und von Grace zu mir.
    Grace lag schweratmend auf der Couch; ihre Hände suchten nach einem Kissen, das sie sich dann krampfhaft vors Gesicht preßte.
    Ich wandte mich an Molly.
    »Versuchen Sie bitte, Mrs. Carson zu beruhigen. Der Tod ihrer Schwester geht ihr furchtbar nahe.«
    Ich verließ den Bungalow, setzte mich in meinen Wagen und fuhr in Richtung La Crescenta davon.
    In den Nußbäumen, die kurz vor dem Ort standen, spielten ein paar Eichhörnchen, und als ich langsam vorbeifuhr, schauten sie auf mich herunter, und ich hätte geschworen, daß sie mich wüst beschimpften.
    Zu meiner Linken lagen die Verdugo-Berge im vollen Licht der Morgensonne; der Tag war strahlend schön geworden, und der Morgendunst hatte sich aus den Tälern verzogen.
    Vor dem Anderson-Haus stand ein großer, staubiger, schwarzer Lincoln. Ein junger Bursche in grauer Chauffeursuniform kam um die Ecke und trat zu dem Wagen.
    »Ist Mister Anderson zurückgekommen?« fragte ich ihn.
    »Jawohl, Sir. Vor einer halben Stunde.«
    Als ich in die Halle eintrat, kam mir Lloyd Webster entgegen. Er war blaß, und seine Augen lagen tief in ihren Höhlen.
    Er starrte mich an. Ich spürte es geradezu, wie gering seine Sympathien in diesem Augenblick für mich waren.
    »Wenn Sie nur Ihre dreckigen Pfoten aus der Sache gelassen hätten«, sagte er mit zornbebender Stimme.
    »Reden Sie keinen Unsinn, Webster. Sie hätten früher dafür sorgen sollen, daß Robby nicht in die Hände von Steve Granger fällt. Nun hat er seinen >Blauen Traum< ausgeträumt.«
    »Soll das heißen«, sagte er mit gepreßter Stimme, die voll Drohung war, »soll das vielleicht heißen, daß Sie mir die Schuld an seinem Tod geben?«
    »Sie haben ihn zwar nicht umgebracht«, sagte ich, »aber Sie hätten es verhindern können. Sie gehören zu der Sorte von Leuten, die ein Gewitter erst dann merken, wenn der Blitz in ihr Dach eingeschlagen hat. Wenn Sie mir gleich nach Olivias Tod reinen Wein eingeschenkt hätten, würden jetzt zwei Menschen noch leben. Verschwinden Sie jetzt, und sagen Sie Mrs. Anderson, daß ich da bin.«
    Ich sah, wie er die Hände ballte, bis die Knöchel ganz weiß waren. Ich dachte, er würde nun gleich auf mich losgehen. Aber plötzlich entspannte er sich und senkte den Kopf.
    »Mister Anderson will Sie sprechen. Warten Sie einen Augenblick, ich melde Sie an.«
    Er ging, und ich stellte mich ans Fenster. Ich schaute in den Garten hinaus. Draußen am Swimming-Pool stand noch die Schaukel, auf der ich mit Audrey gesessen hatte. Wie lange war das her? Tage oder Wochen?
    Meine Blicke wanderten umher und suchten ein junges Mädchen mit einem strohblonden Struwwelkopf und...
    »Kommen Sie mit«, sagte Webster hinter mir. »Mister Anderson erwartet Sie.«
    Ich folgte ihm in das Arbeitszimmer, in dem niemand arbeitete.
    Von Bildern in den Illustrierten kannte ich den alten Kaugummikönig, aber entweder waren es keine guten Bilder gewesen, oder der Mann hatte sich verändert. Ich hatte ihn als einen kräftigen, großen Mann in Erinnerung, der ein volles Gesicht mit gesunder Farbe hatte.
    Der Mann, der sich hinter seinem mächtigen Schreibtisch erhob, als ich eintrat, war ein Greis. Sein Gesicht war faltig, grau und eingefallen, und seine Haltung war gebückt wie unter einer schweren Last.
    Er hatte ein offenes, grünes Hemd an und blaue Leinenhosen, und er hatte sich schon mindestens drei Tage nicht rasiert.
    »Setzen Sie sich bitte, Mister Scott«, sagte er mit einer leisen Stimme, die einen überraschte, weil man sie von ihm nicht erwartete.
    Ich setzte mich ihm gegenüber. Die Platte des riesenhaften Schreibtisches lag zwischen uns wie ein Wasser ohne Brücke.
    »Man hat mir die Nachricht am Mojave-Fluß überbracht«, sagte er. »Und ich bin sofort hierhergefahren — die ganze Nacht hindurch. Eine halbe Stunde vor meiner Ankunft war die Polizei
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