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Die Tote im roten Cadillac

Die Tote im roten Cadillac

Titel: Die Tote im roten Cadillac
Autoren: Alexander Borell
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die Augen.
    »Ich weiß es nicht genau — oder doch, es war, als ich wegfuhr. Ich überlegte mir, ob ich sie mitnehmen sollte.«
    »Ich dachte es mir von Anfang an, denn ich kenne diese alten Luger-Pistolen genau. Sie haben zwar Fabriknummern, sind aber noch nirgends registriert. Und als ich von der Polizei erfuhr, daß es sich um eine solche Pistole handelte, machte ich mir schon meinen Vers darauf.«
    Ich stand auf und nickte ihm zu.
    »Leben Sie wohl, Mister Anderson, und nehmen Sie einen Rat von mir entgegen: Es gibt noch Menschen in Ihrem Haus, die etwas mehr brauchen als nur Ihr Geld.«
    Ich verließ ihn und ging zu seiner Frau hinüber.
    Ihr Gesicht sah aus, als wäre es aus leuchtendem Perlmutt geschnitten. Ich kniete mich neben ihren Sessel und nahm ihre beiden Hände in meine Hände.
    »Es tut mir so leid, Mrs. Anderson. Glauben Sie mir bitte, ich habe getan, was ich tun konnte, aber ich habe zu lange gebraucht, um klarzusehen.«
    Sie weinte ganz still vor sich hin. Endlich sagte sie leise:
    »Die Polizei war da, Mister — äh — sie haben mir gesagt, Robby sei ein... ein ...«
    »Robby war ein netter Junge«, unterbrach ich sie. »Er war ein wenig leichtsinnig, wie alle netten Jungen. Sein Pech war nur, daß er Leuten in die Hände fiel, die das ausgenützt haben, daß er ein netter Junge war.«
    Sie schluchzte laut auf, aber ich ließ ihr keine Zeit, sich ihrem Schmerz hinzugeben.
    »Sie haben einen Fehler gemacht, Mrs. Anderson, und zwar einen großen Fehler, Sie waren blind vor Liebe, und nun meinen Sie, Ihr Herz sei leer und Sie hätten keinen Menschen mehr für Ihre Liebe. Das ist aber nicht wahr, Mrs. Anderson: Sie haben noch eine Tochter, die nichts so nötig braucht wie eine Mutter. Geben Sie ihr ein wenig von der Liebe, die Sie für Robby gehabt haben, und sie wird es Ihnen danken. Und dort drüben, in einem protzigen Arbeitszimmer, da sitzt ein alter Mann, der jetzt nichts anderes mehr ist als ein kleiner Junge, dem sein mühsam aufgebautes Kartenhaus eingestürzt ist. Er braucht jemanden, der ihm hilft, es wieder aufzubauen.«
    Sie suchte nach ihrer Handtasche, und als sie sie nicht fand, wollte ich ihr mein Taschentuch geben. Aber ich hatte auch keins; meines war im Zimmer von Mabel O’Kenneth liegengeblieben.
    »Wie hat es Audrey aufgenommen?« fragte ich. »Ist sie da?«
    »Sie hat es mir zuerst gesagt. Sie kam zu mir und sagte es mir, und draußen standen die Polizisten.«
    »Wo ist sie jetzt?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht ist sie in ihrem Zimmer. Sie soll kommen — ja, sie soll gleich zu mir kommen! Sie hat Robby doch auch geliebt!«
    Über diesen Punkt machte ich mir zwar meine eigenen Gedanken, aber ich sagte es ihr nicht.
    Sie drückte auf einen Klingelknopf. Als das Mädchen hereinkam, sagte sie:
    »Bitten Sie Miss Audrey, daß sie zu mir kommt, und sagen Sie ihr, daß Mister — äh — Mister Rodney hier ist... Mein Gott, ja — Audrey ist erst Siebzehn. Sie haben recht, ich müßte mich um sie kümmern. Aber sie wollte das bisher ja nie!«
    »Jetzt wird sie es wollen«, sagte ich. »Und sie wird froh sein, wenn Sie es tun.«
    Es dauerte eine ganze Weile, bis das Dienstmädchen wiederkam.
    »Miss Audrey ist nicht da. Sie ist fortgefahren, mit ihrem Wagen. Niemand weiß, wohin sie fuhr.«
    Mrs. Anderson blickte mich erschrocken an.
    »Was können wir da tun? Sie ist fort! Vielleicht tut sie sich was an! Um Gottes willen, Mister Rodney — was können wir tun? Sie müssen sie gleich suchen! Bitte, suchen Sie Audrey! Sie können das doch, Sie werden sie bestimmt finden.«
    »Audrey ist aus gutem Holz, und es ist kein Wurm drin. Sie weiß genau, was sie tut. Sie wird ein wenig allein sein wollen — das ist alles.«
    »Nein, nein!« rief sie aufgeregt. »Das glaube ich nicht! Es ist so viel passiert, es ist eine ganze Serie — bitte, fahren Sie sofort und suchen Sie Audrey!«
    »Ja, ja«, sagte ich. »Ich werde sie suchen. Beruhigen Sie sich nur, ich werde sie auch finden, aber Sie dürfen sich keine Sorgen machen: Audrey tut sich nichts an.«
    »Du lieber Gott«, seufzte sie. »Ich bin so froh, daß Sie da sind. Sie sind ganz anders als die Leute, die wir sonst hier haben.«
    Ich lächelte ein wenig.
    »Natürlich, Mrs. Anderson. Die einen wohnen hier oben in den Bergen, haben einen Garten voller Blumen und einen Swimming-Pool, und die anderen wohnen in neunstöckigen Mietshäusern, in zwei Zimmern, haben eine Badewanne und am Fenster einen Kaktus im Topf. Die Sorgen aber
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