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Die Tore nach Thulien, Buch I: Dunkle Gassen: Wilderland (German Edition)

Die Tore nach Thulien, Buch I: Dunkle Gassen: Wilderland (German Edition)

Titel: Die Tore nach Thulien, Buch I: Dunkle Gassen: Wilderland (German Edition)
Autoren: Jörg Kohlmeyer
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ihre Gasse zurück. Sie drehte sich um und machte sich auf den Rückweg zum Lagerhaus. Langsam begannen die ersten Sonnenstrahlen die zwielichtigen Schluchten der engen Gassen Leuenburgs zu fluten. Der Tag hatte begonnen und trieb die Schrecken der vergangenen Nacht vor sich her. Das Lagerhaus stand mittlerweile komplett in Flammen. Der Leutnant kniete neben seinem verwundeten Gefolgsmann und sprach mit ihm. Scheinbar war der Skorpion nicht dazu gekommen, seine Arbeit zu vollenden und so wie es aussah, würde sein Opfer die Verwundung überleben. Der Leutnant erhob sich und kam auf Shachin zu. Für einen kurzen Moment überlegte sie, ob sie nicht doch besser verschwinden sollte, entschied sich dann aber anders. Sie hatte keine Ahnung, ob man ihr aus dem Toten hinter dem Goldenen Erker noch einen Strick drehen würde, doch nach der heutigen Nacht sah es ehrlich gesagt nicht danach aus.
    »Und noch einmal: Habt Dank für Eure Hilfe. Mein Name ist Tristan, Leutnant der Stadtwache«, stellte sich Tristan vor und senkte dabei leicht den Kopf.
    »Dankt mir nicht. Es war nur Zufall, Leutnant. Ich kam Euch nicht gewollt zur Hilfe.« Shachin schüttelte kurz angebunden den Kopf. Sie hatte kein Interesse an einer langen Unterhaltung. Außerdem wollte sie ehrlich mit ihm sein.
    Tristan legte den Kopf leicht schief, nickte dann aber. »Ich danke Euch trotzdem, auch wenn Ihr damit nicht viel anzufangen wisst.«
    Shachin war reserviert und Tristan akzeptierte ihre Haltung. Die Attentäter und Shachin waren sich ähnlich, vielleicht sogar von derselben Art. Es konnte gut sein, dass ihr das unangenehm war.
    »Wenn ich richtig gezählt habe, gehen drei dieser Verbrecher auf Euer Konto.« Tristan suchte den Blick von Shachin.
    Du bist klug, Tristan , erkannte Shachin neidlos an. Sie wusste genau, worauf er hinauswollte. Wenn sie jetzt nicht aufpasste, konnte aus einer einfachen Antwort ein ungewolltes Geständnis werden. Shachin sah Tristan an. Vielleicht lag in der Frage des Leutnants aber auch etwas ganz anderes. Vielleicht war es ein Angebot, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Shachin entschied sich für Letzteres. »Dann zählt ihr besser als ihr kämpft.« Es klang wie eine Feststellung, nicht wie eine Beleidigung. Tristan nickte verstehend, und Shachin konnte weder einen Vorwurf, noch eine Anschuldigung in seinem Blick erkennen. »Solange mich beides ans Ziel bringt, gibt es keinen Bedarf daran, etwas zu ändern.«
    Shachin überlegte kurz, zuckte dann jedoch nur mit den Schultern und ließ es darauf bewenden. Sie machte ihm keinen Vorwurf. Er war ein Offizier der Stadtwache und weniger mit Kämpfen denn mit Verwalten beschäftigt.
    Inzwischen hatte sie der Hüne mit dem Zweihänder auf dem Rücken erreicht. Auch sein Atem ging schnell und das Gesicht war rot angelaufen. Schweißperlen standen auf seiner Stirn.
    »Ich wusste doch, dass Ihr Eure Finger im Spiel habt, Berenghor«, sagte Tristan schmunzelnd und deutete auf Shachin. »Schulterlanges, kastanienbraunes Haar!«
    Berenghor grinste. Gleich würde wieder eine Spitze kommen.
    »Und was ist mit der guten Figur?«, schnaufte er. Schon war sie raus. Pfeilschnell und für jemanden, der den Söldner nicht kannte, vollkommen unerwartet. Shachin musterte den Hünen. Natürlich ging es um sie, und nach dem Auftritt des Riesen auf dem Wochenmarkt hatte sie auch nichts anderes erwartet.
    »Gestern Nachmittag konntest du deine Augen jedenfalls nicht von mir lassen«, stellte sie nüchtern fest. Erst jetzt erkannte Berenghor Shachin. Sie war das schreckhafte Mädchen vom Markt. Noch ehe er etwas sagen konnte, fuhr sie fort:
    »Ich dachte mir schon, dass es ein Fehler sein würde, den unwiderstehlichen Impuls, dich mit meinem Dolch bekannt zu machen, zu unterdrücken.« Shachin tat vollkommen unbeteiligt, doch der Dolch, der schon wieder wie von selbst in ihrer Hand lag, sprach eine ganz andere Sprache.
    »Willst mich mit dem Zahnstocher kitzeln?« belustigt griff der Söldner nach seinem Zweihänder. Shachin machte einen Schritt zurück und Tristan ging dazwischen.
    »Zwei Tote in einer Nacht reichen!« Beschwichtigend hob er die Hände und sah abwechselnd zu Shachin und Berenghor. »Der tote Skorpion in der Dunklen Gasse und der Bewusstlose im Goldenen Erker interessieren mich nicht und ich würde es gerne dabei belassen.« Er sprach bewusst diese beiden Vorfälle an. Eigentlich mochte er Druckmittel dieser Art nicht, doch vielleicht konnte er damit einen Streit bereits im Keim
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