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Die Tore Der Finsternis

Titel: Die Tore Der Finsternis
Autoren: Ian Rankin
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stehlen«, sagte Rebus, »deshalb haben Sie einen von Ihren eigenen nehmen müssen - und natürlich das Nummernschild unkenntlich gemacht.«
    Cafferty deutete mit seiner Gabel auf Rebus. »So ein Zufall: Mir ist am Samstagabend ein Lieferwagen gestohlen worden - wurde inzwischen völlig ausgebrannt in Wester Hailes gefunden.« Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann schniefte Cafferty, nahm den Zettel und las die auf dem Kopf stehende Adresse. »Schon wieder ein Gefallen,
hmm?« Seine Augen funkelten. »Sind Sie übrigens im Fall Lomax weitergekommen, Strawman?«
    »Das hat sich ja schnell herumgesprochen.«
    »So ist das in dieser Stadt.«
    Rebus dachte an die Ereignisse von vor sechs Jahren zurück: Er hatte von Dickie Diamond erfahren, dass sich der Pfarrhaus-Vergewaltiger in Lomax’Wohnwagen versteckte. Aber als er den Kerl dort hatte schnappen wollen, war er schon verschwunden gewesen. Vor lauter Wut hatte er den Wohnwagen in Brand gesteckt und war dann nach Barlinnie gefahren - allerdings nicht, um Cafferty zu bitten, dass er etwas unternahm, sondern nur um ihm die Geschichte zu erzählen, in der Hoffnung, Cafferty würde ihm Informationen beschaffen, an die er selbst nicht herankam. Aber das war nicht geschehen. Stattdessen hatten sich Caffertys Männer Lomax vorgeknöpft und ihn brutal erschlagen. Was überhaupt nicht Rebus’ Absicht gewesen war. Aber das hatte Cafferty ihm nicht abgenommen. Als Rebus ihn wutentbrannt in Barlinnie zur Rede gestellt hatte, hatte er mit verschränkten Armen vor ihm gesessen und gelacht.
    Man sollte sich gut überlegen, was man sich wünscht, Strawman. Diese Worte hatten Rebus all die Jahre in den Ohren geklungen.
    »Der Lomax-Fall ist abgeschlossen«, erklärte er jetzt.
    Cafferty nahm den Zettel mit der Adresse, faltete ihn zusammen und steckte ihn in die Brusttasche seines blütenweißen Hemds. »Schon seltsam, wie sich Dinge manchmal entwickeln«, sagte er.
    »Und das Wiesel erfreut sich bester Gesundheit?«, fragte Rebus.
    »Das Wiesel war einmal«, erwiderte Cafferty und wischte sich ein paar Toastkrümel von den Fingern. »Glauben Sie wirklich, sein Sohn wäre in der Lage gewesen, so einen Plan auszuhecken? Das Wiesel wollte mich ausbooten. Dann hat
er kalte Füße bekommen und Aly verpfiffen.« Cafferty vergewisserte sich, dass auf seinem Hemd und seiner Hose keine Krümel mehr zu finden waren, und tupfte sich den Mund dann mit einer Stoffserviette ab. Er musterte Rebus und seufzte. »Es ist immer wieder eine Freude, mit Ihnen Geschäfte zu machen, Strawman.«
    Rebus stand auf, obwohl er befürchtete, dass seine Beine einknicken würden. Sein ganzer Körper fühlte sich an, als wäre er dabei, zu Staub zu zerfallen - der trockene Geschmack von Asche im Mund.
    Ich habe einen Pakt mit dem Teufel geschlossen , dachte er, während er sich mit den Händen an der Tischkante festhielt. Errettung wurde nur denen zuteil, die sie verdienten, und Rebus wusste, dass er nicht zu ihnen gehörte. Er könnte in die Kirche gehen und beten, so viel er wollte, oder auch bei Strathern eine Beichte ablegen - nichts würde daran etwas ändern. Seine Arbeit wurde auf diese Weise erledigt: mit beflecktem Gewissen, zweifelhaften Machenschaften, verwerflichen Allianzen. Mit miesen Absichten und verkommener Moral. Als Rebus zur Tür ging, waren seine Schritte so kurz, als trüge er Fußfesseln.
    »Eines Tages bringe ich Sie vor Gericht, Cafferty«, sagte er, aber seine Worte blieben ohne Wirkung. Es war, als sähe Cafferty ihn überhaupt nicht mehr, als wäre er bereits ausgelöscht.
    »Eines Tages«, wiederholte er mehr für sich selbst und hoffte bei Gott, dass es ihm ernst war.
     
     
    Allan Ward wachte an diesem Morgen relativ spät auf. Auf dem Weg zum Speisesaal erzählte ihm Stu Sutherland, der immer munterer wurde, je näher das Lehrgangsende rückte, dass an der Rezeption ein »geheimnisvoller Umschlag« für ihn liege. Ward ging am Speisesaal vorbei und begab sich durch den Verbindungsgang zum alten Herrenhaus, wo eine Empfangsdame in Uniform ihm ein dickes A4-Päckchen
aushändigte. Er öffnete es vor ihren Augen und erkannte sofort, worum es sich handelte. Es war ein Ausdruck der Ergebnisse von Rebus’ Ermittlungen. Allan Ward beschloss, das Frühstück dieses eine Mal ausfallen zu lassen, und kehrte in sein Zimmer zurück. Er hatte etwas dabei, das er unbedingt lesen wollte.

32
    Rebus verbrachte einen ereignislosen Vormittag in St. Leonard’s. Siobhan hatte vorgeschlagen,
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