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Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susann Rosemann
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Gesicht der Schwester noch heute vor sich. Kein
Erschrecken hatte sie darin erkennen können. Eher lauernde Vorsicht. Und die mit
Mehl verstaubte Küche hatte Sieglinde reinigen müssen, Jolanthe blieb bis zum Abend
unauffindbar.
    Nicht nur
einmal hatte sie ihre Mutter dafür gehasst, dass sie so früh gestorben war und ihr
die Bürde des Haushalts und das Kreuz mit dieser Schwester hinterlassen hatte. Und
das Schlimmste war, der Vater duldete Jolanthes sonderbares Verhalten, so als billige
er, dass sie sich auf diese Art Geltung verschaffte.
    Sieglinde
schob die Schüsseln mit dem Pudding beiseite. Es erübrigte sich, ihn zu probieren,
sie konnte sehen, dass er missraten war und klumpte. Zudem würde der darauf gestreute
Zimt sich nicht mehr mit der Masse verbinden, mit voraussehbaren Folgen für den
Geschmack. Sie musste ihrem Vater deutlich machen, dass der Pudding nicht von ihr
stammte.
    Katrein
betrat die Küche. Die Wangen gerötet, ging ihr Atem schwer, so als sei sie den Weg
zum Markt und zurück gerannt.
    »Hast du
den Pfeffer?«
    Die Magd
hielt ihr einen Beutel entgegen. Sie schlug die Augen nieder, so als fühle sie sich
schuldig an der Verzögerung. Wenigstens eine, die die Dinge, die angeordnet wurden,
wichtig nahm.
    »Du kannst
den Pfeffer gleich mahlen. Gib mir das Wechselgeld.«
    »Ich habe
keins. Jolanthe gab mir genau den Betrag, den der Händler haben wollte, ich …«
    »Schon gut«,
mit einem Winken schickte Sieglinde die Magd an ihre Arbeit. Sie hätte sich denken
können, dass Jolanthe die Münzen genau abzählte, ja dass sie sich an den exakten
Preis sogar erinnern konnte. Nichts war ihr wichtiger als die Zahlen. »So unnütz«,
murmelte Sieglinde.
    Sie ließ
die dunklen Pfefferkörner auf ihre Handfläche fallen und fuhr mit dem Finger dazwischen,
sodass die Kügelchen herumrollten, bevor sie sie in einem Kästchen verstaute. Plötzlich
horchte sie auf. Katrein hatte die Tür einen Spalt weit offen gelassen, und nun
kamen Stimmen vom Flur herein. Sieglinde strich sich das Kleid glatt und nickte
der Magd zu.
    »Geh, bereite
die Schüsseln mit Suppe vor und bring sie in die Stube. Vaters Gast ist gekommen.«
    Die Suppe
würde heiß genug sein, um ein wenig auf dem Tisch abkühlen zu können. Winald hatte
darum gebeten, möglichst zügig zu servieren. »Mir ist’s ein Rätsel, warum der Kerl
überhaupt kommt, aber man will ja nicht unhöflich sein«, hatte er gemurrt.
    Sieglinde
trat in den Flur und sah Jolanthe bei der Haustür mit einem Mann stehen. Die Schwester
lachte, den Kopf in den Nacken geworfen, die dunkelblonden Haare fielen auf ihren
Rücken, verfingen sich im Stoff eines Wolltuches, das sie über die Schultern gelegt
hatte. Sonst an Männern nicht interessiert, und auf einmal tut sie so aufgeregt.
Sieglinde trat auf die beiden zu und musterte den Ankömmling. Sie musste zugeben,
dass er Jolanthes aufgedrehtes Verhalten rechtfertigte. Ein stattlicher junger Kerl,
mit einem fremdländischen Anklang in der Sprache, der die Schwester um einen halben
Kopf überragte und mit Grübchen in den Mundwinkeln auf sie herabsah, seine Kopfbedeckung
höflich abgenommen hatte und sie nun lässig in einer Hand schlenkern ließ.
    »Mein Herr?
Verzeiht, ich habe Euer Kommen zu spät bemerkt.«
    Der Mann
wandte sich zu ihr, und trotz des Dämmerlichts im Flur sah Sieglinde seine blauen
Augen vor Vergnügen leuchten. Himmel, was hatte Jolanthe ihm nur erzählt, dass er
sich so freute?
    »Die Dame
des Hauses?«, fragte er, und seine weiche Stimme erzeugte ein Kribbeln in ihrem
Nacken, das sie wie ein angenehm kühler Hauch frösteln ließ. Sie konnte sich gut
vorstellen, dass dieser Kaufmann, so jugendlich er auch wirkte, seinen Kunden damit
das Geld aus der Tasche lockte.
    »Wie man
es nehmen will«, sie knickste, indem sie mit spitzen Fingern den Rock leicht anhob.
Wollen wir doch mal sehen, wer hier mehr Eindruck schindet, dachte sie mit einem
kurzen Seitenblick zur Schwester, die verstummt war.
    »Meine kleine
Schwester habt Ihr bereits kennengelernt, nun will ich Euch zu meinem Vater bringen,
folgt mir bitte.« Bevor sie sich umdrehen konnte, stichelte Jolanthe: »Wie gut,
dass du die Verhältnisse geklärt hast. Er hätte dich fast mit der Köchin verwechselt.«
    Sieglinde
schloss die Augen, um den stechenden Blick auszusperren, der ihre Gefühle sonst
allzu sehr offenbart hätte. Sie atmete einmal tief. Sie meint es nicht so, bleib
ruhig.
    »Du kannst
in der Küche der Magd zur Hand gehen und das
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