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Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susann Rosemann
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ragte und sie ein ums andere Mal störte, wenn sie ihr Spiegelbild
sah. Hinzu kamen die häuslichen Qualitäten der Schwester. Aber keiner der Verehrer
konnte es Winald recht machen. Jolanthe hatte sich oft gefragt, warum Sieglinde
sich in diesem Punkt nicht beim Vater durchsetzte, war sie doch sonst keine, die
sich Dinge gefallen ließ, die sie nicht wollte. Und ich, was ist mit mir? Irgendwann
kommt auch meine Zeit.
    »Zeichen
des Frühlings gibt es viele, nicht immer nur diese Veilchen. Wo ist Katrein?«
    Sie hörten
das Knarren der Eingangstür, und einen Augenblick später betrat die Magd den Raum,
stellte mit einem Knicks ihren Korb mit den Einkäufen auf den Tisch. Ohne aufzusehen
packte sie sogleich die Sachen aus und legte sie für Sieglinde griffbereit, die
Schultern hochgezogen, ihr ganzes Verhalten ein Spiegelbild ihres schlechten Gewissens.
So als habe sie etwas falsch gemacht, nicht ich, dachte Jolanthe. Sie tat es ihr
nach und zog die Fische aus dem Korb und wurde von der Schwester beiseite geschoben.
    »Was ist
das?«
    »Forelle«,
antwortete sie. »Die sind frisch vom Bauern, die vom Händler hingegen konnte man
den Katzen geben. Für so etwas verschwende ich kein gutes Geld, da musst du wen
anderes schicken.«
    »Der Fischmarkt
hat nicht nur einen einzigen Händler! Was soll ich mit Forellen anfangen, ich brauche
einen großen, fetten Zander für Vaters Gäste morgen.«
    »Ich dachte,
die kämen heute.«
    »Der Heutige
ist unwichtig. Ich wäre dir dankbar, wenn du dir wenigstens derartige Kleinigkeiten
merken könntest.« Sieglinde ließ den Blick über die Einkäufe wandern, die Katrein
mittlerweile ausgebreitet hatte. Ihre fein geschnittenen Brauen waren zusammengezogen,
der sonst so volle Mund zusammengepresst, so als erwarte sie noch mehr unwillkommene
Überraschungen. Jolanthe verschränkte die Arme vor der Brust. Es war immer dasselbe.
Sie redeten aneinander vorbei, weil der einen andere Dinge wichtiger waren als der
anderen. Zugegeben, man könnte sich mehr Mühe geben, aber das galt für beide Seiten,
und deshalb sah sie nicht ein, damit zu beginnen.
    »Wo ist
der Pfeffer?«
    »Beim Händler.
Wucherpreise will er, da mache ich nicht mit«, entgegnete Jolanthe.
    Sieglinde
drehte sich um und starrte sie an. In Erwartung eines Wutanfalls, setzte Jolanthe
ihr eingeübtes Lächeln auf und beobachtete einen Spatz, der draußen auf der Fensterbank
nach Brotkrumen pickte. Der Ärger blieb aus, Sieglinde sagte überhaupt nichts. Verwundert
blickte Jolanthe in ihr Gesicht. Ihre Blicke trafen sich.
    »Manchmal«,
brachte die Schwester endlich hervor, »glaube ich, du machst das mit Absicht.«
    Jolanthe
zuckte mit den Schultern. Dumme Sache, natürlich machte sie nichts absichtlich,
doch wie sollte sie der Schwester erklären, dass sie bei Tunichtguten, die sie vorführen
wollten, nicht kaufen konnte, dass sie sich mit altem Fisch nicht übers Ohr hauen
ließ, dass es einer Kaufmannstochter nicht gut zu Gesicht stand, das Doppelte zu
zahlen als nötig?
    »Katrein.
Geh noch mal zum Markt. Jolanthe, gib ihr die Münzen. Ich brauche diesen Pfeffer,
besorge ihn mir.«
    Jolanthe
zögerte. Dann entschied sie, keinen weiteren Ärger zu entfachen, zog den Beutel
aus den Falten des Rockes und zählte die Münzen in die Hand der Magd. Die knickste
erneut und verschwand aus dem Raum, so als sei sie froh, der schlechten Stimmung
darin zu entkommen.
    »Und du«,
fuhr Sieglinde fort, »mach anstelle der Magd den Nachtisch. Zimtpudding, das wirst
du wohl hinbekommen. Ich habe keine Zeit, alles allein zu tätigen, und ihr habt
lange genug getrödelt.« Damit drehte sie sich um und begoss den Braten mit Soße,
um ihn danach wieder über das Feuer zu schieben.
    Zimtpudding,
nun gut,dachte Jolanthe. Vor Urzeiten hatte sie so etwas einmal zubereitet,
warum sollte das nicht wieder gelingen? Sie sah sich suchend um und fand auf dem
Tisch zwischen Schälchen mit Mehl und Behältnissen mit Körnern ein Häufchen vorgehackter
Mandelkerne, welche sie in eine Schale aus Stein tat. Dann begann sie, mit einem
Stößel die Mandeln zu zerstoßen, mit Druck von oben, sodass sich die länglichen
Stücke zu einer Masse verformten. Schließlich nahm sie einen Kessel, gab das Mandelmus
und Wasser hinein und hängte ihn an einer Kesselsäge über das Herdfeuer. Sie stellte
die Höhe ein, nahm sich einen Kochlöffel und ein Tuch, hielt den Topf fest und vermengte
den Inhalt. Etwas Honig dazu, noch ein wenig mehr, nach Gefühl. Sie tat noch
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