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Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susann Rosemann
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Wer zuerst eine Schwäche
zeigt …
    »Du verdrehst
einem den Kopf mit deinem vielen Gerede«, hatte er schließlich gerufen und gelacht,
als sie ihm von treuer Kundschaft erzählte und auf das Brot wies, das sie zu kaufen
gedachte.
    Katrein
nahm die bestellten Dinge entgegen und verstaute sie in ihrem Korb.
    »Was habt
Ihr daheim nur mit den vielen Broten gemacht?«, fragte Hermine mit einem Kopfschütteln.
    Jolanthe
wechselte ihren Korb von einer Hand in die andere und beobachtete den Bäcker beim
Formen von länglichen Teigwülsten.
    »Brotsuppe.
Drei Tage lang«, antwortete sie schließlich. Aus den Augenwinkeln sah sie Hermines
Lächeln.
    »Eure Schwester,
die Sieglinde«, sagte die Frau des Bäckers schließlich, »die versteht viel von der
Führung eines Haushaltes.«
    Im Gegensatz
zu mir, ergänzte Jolanthe in Gedanken. Sie antwortete: »Aber sie hat einen großen
Fehler. Sie kann nicht rechnen.« Sie zählte die Münzen auf den Tisch und verabschiedete
sich mit einem Nicken.
    Auf dem
Marktplatz reihte sich ein Stand an den nächsten, darüber grobe Tücher als Dach,
abgestützt mit Holzstangen, die Regen oder Sonne abhalten sollten, damit die Waren
keinen Schaden nahmen. Ab und an blähten sie sich auf, wenn eine Windböe darunter
fuhr. Es gab ein knackendes Geräusch, wie bei einem Schiff unter Segeln. Das Geschiebe
nahm zu, als Jolanthe und Katrein zwischen die Stände traten. Ein Kind plärrte und
wurde von einer verärgerten Stimme zur Ordnung gerufen. Das Gekläff eines Hundes
übertönte für Augenblicke das Geschrei der Händler in ihren Buden. Drüben am Pfahl
des Prangers hing heute keiner, der einen Fehltritt büßen musste. Das dunkle Holz
war leer, auch die abgeschnittene Hand eines Diebes, die dort letzt noch zur Abschreckung
vermoderte, hatte man abgenommen.
    Jolanthe
hielt inne und überlegte, wo sie als Nächstes hingehen sollte. Sieglinde gab die
Aufgabe, für den Haushalt einzukaufen, nicht häufig aus den Händen. Zu unzufrieden
war sie mit dem, was Jolanthe ihr brachte. Dies war ihr zu alt, jenes zu viel, von
anderem wiederum zu wenig. Sie habe doch alles Aufgetragene notiert, warf sie der
Schwester immer wieder vor. Dass Jolanthe wesentlich weniger von dem Haushaltsgeld
vergeudete als Sieglinde, das wurde immer unter den Tisch gekehrt, auch von ihrem
Vater. Jolanthe hatte es aufgegeben, sich über dessen Uneinsichtigkeit zu ärgern,
und tat weiterhin, was sie für richtig hielt. Ob sie auf dem Markt feilschte oder
im Handelskontor darauf achtete, dass alles seinen rechten Gang nahm, während Winald
sich im Handelshaus der Tuchhändler aufhielt und mit den anderen Männern endlose
Debatten über politische Entwicklungen führte, es war für sie ein und dasselbe.
Beides bereitete ihr Freude.
    Vom Vater
hatte sie die Erlaubnis erkämpft, die Abrechnungsbücher zu führen. Offiziell war
er der Meinung, dass eine junge Frau so etwas nicht leisten konnte. Sie hatte den
Verdacht, dass ein wenig Eigennutz dahinter steckte, wenn er ihr dennoch mehr und
mehr Befugnisse im Kontor einräumte. Seit der alte Vincent, dem sie so lange auf
die Nerven gefallen war, bis er ihr das Rechnen beibrachte, aus dem Unternehmen
ausgeschieden war, sparte Winald sich so das Gehalt für einen neuen Angestellten.
    Jolanthe
setzte sich erneut in Bewegung, lief vorbei an einem Stand, an dem Küken in Käfigen
übereinander krabbelten.
    »Zeig mir
die Liste«, sagte sie zu Katrein, die ihr das Gewünschte hinhielt, da sie es selbst
nicht lesen konnte. Einen ganz bestimmten Fisch hatte ihr Sieglinde diktiert, sie
suchte auf dem Wachstäfelchen nach dem Namen, genau, einen Zander. Heute würde sich
Besuch für den Vater einfinden. Sieglinde stand bereits seit dem Morgengrauen auf
den Füßen, um alles vorzubereiten.
    Jolanthe
sah sich die Auslagen der Bauern an, die aus dem nahen Umland nach Ulm kamen, um
ihre Waren anzubieten. Einer, den sie kannte, weil sie immer bei ihm kaufte, hatte
frische Forellen aus seinen Teichen gefischt. Gelegentlich bot er diese an. Sie
schmeckten tadellos. Mehrere Gewässer hatte er mit einem kleinen Bach verbunden,
sodass immer frisches Wasser hindurchfloss, das hatte er ihr erläutert. Und auch
wie wichtig das war, damit die Fische gut gedeihen konnten. Doch Sieglinde wollte
keine Forellen. Deshalb warf sie einen bedauernden Blick auf die Ware und ging weiter.
    Bei einem
der Flussfischer auf dem angrenzenden Fischmarkt blieb sie stehen und begutachtete
das Angebot. Sie beugte sich über ein
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