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Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susann Rosemann
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doch hatte er Pascal gehen lassen mit den Worten:
»Tu, was du nicht lassen kannst.«
    Nun war
er hier, und dieser Ort gefiel ihm. Die Webereien im Umland lieferten vernünftige
Stoffe, und die Stadt profitierte von den Fernhandelsstrecken sowohl in den Norden,
als auch in den Süden. Da die Händler ihr Handelsgut zuerst den Ulmer Bürgern und
Händlern anbieten mussten, ließ sich so manches Schnäppchen machen bei Leuten, die
sich mit der Verzögerung durch die Stapelzeit vertan hatten, ihr Geld verdienen
mussten und mit dem Preis heruntergingen. Das Kaufmannsblut war nicht jedem gegeben.
Kein Zweifel, wenn er seine Aufgabe erledigt hatte, würde er wiederkommen, um seine
Geschäftsbeziehungen auszuweiten. Er wunderte sich, dass sein Vater seit jeher Köln
und Nürnberg bevorzugte, bot doch Ulm, trotz seiner geringeren Größe, mindestens
ebenso viel Interessantes.
    Pascal lehnte
mit dem Rücken gegen die Wand, die Beine ausgestreckt und übereinandergeschlagen,
und beobachtete einen Hund, der an einem Wollrest am Boden schnüffelte, dann zwischen
den gestapelten Ballen am Eingang des Gebäudes verschwand. Leinen, Barchent, Baumwollgewebe,
Seidenstoffe, manche gefärbt, andere noch roh, befanden sich in dem gut drei Meter
hohen Raum, der unterteilt wurde von verschließbaren Bretterverschlägen und dessen
Decke durch vom Alter verfärbte Balken gehalten wurde. Unten im Keller hatten die
Weinhändler ihr Lager und stapelten dort ihre Fässer, oben tagte der Rat. War das
Kaufhaus voller Menschen, so legte sich ein Teppich aus Geräuschen über das Geschehen.
Doch jetzt, in der Ruhezeit, konnte man den Holzboden des oberen Stockwerks knarzen
hören, wenn sich jemand darauf bewegte.
    Im nächstgelegenen
Holzverschlag feilschte ein Besitzer mit einem Kaufinteressenten, den offenbar der
Abend überrascht hatte und der nun dennoch sein Geschäft erledigen wollte. Vielleicht
hatte er eine weite Reise vor sich und musste heute noch aufbrechen. Mit seinem
zerschlissenen Mantel sah er nicht eben wohlhabend aus, aber man durfte sich von
solchen Äußerlichkeiten nicht täuschen lassen. Diese Lektion hatte Pascal als eine
der ersten von seinem Vater gelernt. Dennoch hatte er sie erst am eigenen Leib erfahren
müssen, bevor sie sich ihm ins Gedächtnis gebrannt hatte.
    »Das ist
unglaublich!«, theatralisch warf der Besitzer der Ware die Hände über den Kopf und
verdrehte die Augen. »Ihr ruiniert mich!«
    Pascal hatte
schon schlechtere Verkäufer gesehen. Dennoch war er versucht, sich neben den Mann
zu stellen und ihm ein wenig Maßhaltung mit den zur Schau gestellten Gefühlen zuzuraunen.
Er für seinen Teil bevorzugte eine undurchdringliche Miene und fuhr bislang meist
gut damit. Selbst einen überdrehten Patrizier konnte man damit verunsichern.
    Pascal lächelte
und pfiff durch die Zähne, als der Hund zwischen der Ware wieder zum Vorschein kam.
Neugierig schnüffelnd näherte sich das Tier, und Pascal kraulte es hinter den Ohren.
    Er musste
an das Geschäft denken, das er selbst heute in den Morgenstunden getätigt hatte,
noch bevor auch nur irgendein städtischer Aufseher aus seinem Bett gefallen war,
sogar bevor die am Tag davor von ihm erworbene Ware die Ulmer Stadttore erreichte.
Mittlerweile waren die beiden Karren mit dem Tuch aus Biberach eingetroffen und
gleich in den Besitz seines Geschäftspartners übergegangen. Er hatte das Tuch schneller
an den Mann gebracht als zunächst geglaubt. Ja, er konnte sogar einen kleinen Gewinn
einfahren, obwohl er nicht damit gerechnet hatte, schließlich war der Preis, den
er dem Weber Karcher gezahlt hatte, eindeutig überhöht gewesen, sonst hätte der
Mann niemals eingeschlagen. Er lachte innerlich bei dem Gedanken an Winalds Ärger,
wenn der davon erfuhr.
    Das ist
gute Vorarbeit wert,dachte er. Die fehlende Siegelung? Der Käufer war ein
Landsmann gewesen, kam ganz aus der Nähe von Paris und war ihm am Abend zuvor über
den Weg gelaufen. Zufall, dachte er, reiner Zufall und doch so nützlich . Der Mann kannte die Ulmer Gepflogenheiten nicht. Er hatte Pascal vertraut und warum
auch nicht, die Ware war in Ordnung, der Preis, den er zahlte, ebenso. Morgen schon
würde der Käufer mit seiner erstandenen Fracht in Richtung Paris aufbrechen, froh
über das gute Geschäft. Pascal hatte einen Wechsel auf seinen Namen im Geldsäckchen
und würde ihn auf seiner nächsten Heimreise gegen bare Münzen einlösen.
    Er griff
in seinen Beutel und förderte eine angebissene Stulle zu Tage,
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