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Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susann Rosemann
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Essen richten. Die Herren wollen zügig
etwas auf den Tisch bekommen.«
    »Tut mir
leid«, Jolanthe schob sie beiseite und ging auf die Treppe zu. Ohne sich noch mal
umzudrehen, ergänzte sie: »Ich habe im Kontor zu tun, die Bücher führen sich nicht
von allein, weißt du?«
    Sie stieg
die Stufen hoch und verschwand. Es kostete Sieglinde alle Selbstbeherrschung, ihr
nicht einen Fluch hinterherzuschicken. Wer nur hatte ihr diese Schwester als Strafe
auferlegt und wofür?
    Der Gast
räusperte sich und holte Sieglinde zurück zu ihren Pflichten. Höflich entschuldigte
sie sich und bedeutete ihm, ihr zu folgen. Winald saß bereits am Tisch in der Stube
und blickte ihnen so finster entgegen, dass seine eng stehenden Augen noch dichter
zusammenzurücken schienen. Die Hände vor seinem stattlichen Bauch verschränkt, beobachtete
er, wie Katrein die Suppe auftrug. Sieglinde beschloss, die Magd auch den Rest des
Mahls servieren zu lassen, und zog sich zurück, als der Vater sich erhob, um den
Gast zu begrüßen. Nach Jolanthes Worten wollte sie nicht, dass ein falsches Bild
von ihr entstand, und überhaupt war es für einen Haushalt wie den ihren immer gut,
sich mit Personal zu schmücken. Schließlich gehörten sie nicht zu den Ärmsten der
Stadt, und das sollte man – wie sie fand – immer deutlich genug zeigen.
    Sie zog
die Tür zu und erhaschte noch einen Blick auf Winalds Gesicht. Die buschigen Brauen
waren immer noch zu einem Strich zusammengezogen, der Mund so schmal, dass er unter
dem kurzen Bart verschwand. Dies würde keine entspannte Zusammenkunft werden. Was
nur hatte der Vater gegen diesen sympathischen Fremden, der so aussah, als könne
er nicht einmal etwas Verwerfliches denken, geschweige denn tun?
    Zurück in
der Küche ließen sie die Gedanken nicht los. Der Ärger über die Schwester war wie
immer so schnell verraucht, wie er gekommen war. Sie konzentrierte sich auf den
Braten, rührte die Soße, würzte sie und schickte schließlich Katrein mit dem Essen
hinauf.
    Ein alter
Bekannter aus Paris, ein Kaufmann, so hatte Vater den Gast vor ein paar Tagen angekündigt.
In der Tat, seine Sprache hatte diese Weichheit, einen kleinen Hauch von fremder
Färbung. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, das Essen nicht selbst zu servieren,
gab es einem doch die Möglichkeit, sich im Raum aufzuhalten und zu lauschen.
    Sie beschloss,
den Mann auf seinem Rückweg abzupassen, und ließ die Tür zur Küche einen Spalt breit
offen. Während sie auf Katrein wartete, räumte sie einen Tonkrug von einem ins andere
Regal und hängte zwei der Töpfe um, wischte zum wiederholten Mal die Tischplatte.
Als die Magd kam, trug sie ihr das Säubern der Gerätschaften und Schüsseln auf und
fragte bewusst beiläufig: »Sie streiten nicht, oder?«
    »Ich habe
nicht darauf geachtet, ich wollte nichts falsch machen.«
    »Schon gut.«
    Schließlich
hielt Sieglinde es nicht mehr aus, nahm zwei der Schälchen mit dem missratenen Nachtisch,
schüttelte den Kopf darüber, dass Jolanthe fünf Schalen gefüllt hatte, und stieg
die Stufen in den oberen Stock empor. Würde hin oder her, den Pudding konnte sie
servieren, ohne das Gesicht vor dem Gast zu verlieren.
    Sie kam
nicht bis zur Stube. Gerade, als sie den Fuß hob, um die letzte Stufe zu nehmen,
hörte sie laute Stimmen. Unvermittelt öffnete sich die Tür, und der fremde Kaufmann
stürmte hinaus.
    »Pallet,
Ihr seid immer noch derselbe Stümper wie vor Jahren. Eurem Vater richtet mein herzliches
Mitleid aus und lasst mich in Frieden. Wagt es nicht noch einmal, mir zu drohen.
Ich habe keine Angst vor solchen Halunken, wie Ihr einer seid!« Winalds Stimme überschlug
sich und endete in einem heiseren Geschrei.
    Er sollte
sich nicht so aufregen, dachte Sieglinde. Hastig trat sie beiseite, doch der Mann
rempelte sie an, schien sie übersehen zu haben und hielt erschrocken inne.
    »Verzeihung«,
keuchte er und wirkte in seinem unterdrückten Ärger noch anziehender als zuvor.
    »Wollt Ihr
schon gehen?« Sieglinde ärgerte sich über ihre Einfallslosigkeit. »Ich habe Pudding
zum Nachtisch.« Hilflos hob sie eine der Schalen und setzte ihr herzlichstes Lächeln
auf. Der Mann entspannte sich. Die Tür zur Stube wurde von innen zugeschlagen.
    »Kommt mit
nach unten. Ihr habt ihn recht erzürnt, wie mir scheint, Herr … wie war gleich Euer
Name?«
    »Nennt mich
Pascal, das reicht.« Ein Lächeln erschien in seinen Mundwinkeln und ließ sein Gesicht
wieder weicher wirken. Sieglinde ging die Stufen
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