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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters
Autoren: Marion Henneberg
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noch immer leicht benommen wirkenden Augen Burchards.
    »Lauf!« Ihr Schrei gellte durch den Flur.
    Brun, der wieder an den Händen seiner Schwester zog, hörte nicht auf sie, sondern schüttelte weinend den Kopf.
    »Lass los und hol Hilfe, Brun!«, flehte die junge Frau, und nach einem unsicheren Blick ihres Bruders fielen ihre Arme auf den Boden. Im dem Moment, als der Junge aus dem Haus verschwand, wurde ihr zarter, schmaler Körper am Fußgelenk zurückgezogen. Ihre Hände glitten über den Holzboden, wobei sich ihr ein Splitter schmerzhaft ins Fleisch schob. Der Druck um ihr Fußgelenk verschwand, doch bevor sie reagieren konnte, riss ihr jemand den Kopf an den Haaren hoch, und sie schrie vor Schmerzen auf.
    »Du Miststück! Los, steh auf!«, raunzte Burchard sie an, und Hemma hatte keine andere Wahl, als seinem Befehl Folge zu leisten. Auch als sie ihm gegenüberstand, ließ er ihre Haare nicht los, sondern bog ihr den Kopf nach hinten und flüsterte dicht an ihrem Ohr: »Dafür wirst du büßen!«
    Dann ließ er sie abrupt los und schlug ihr mit der flachen Hand hart ins Gesicht. Hemma flog zur Seite und knallte gegen die Wand. Wie in einem fürchterlichen Traum nahm sie wahr, dass in dem großen Raum nebenan ein schrecklicher Kampf tobte. Sie wurde hochgerissen und ins Zimmer geschoben. Hemmas Benommenheit wich augenblicklich blankem Entsetzen, als sie Esiko sah. Sein linker Arm hing schlaff herunter, Blut sickerte aus einer tiefen Wunde an der Schulter. Mit der rechten Hand hielt er Burchards Schwert, wobei er sein Gewicht auf das linke Bein verlagerte, da auch das rechte verletzt schien. Deutlich war ihm die Erschöpfung anzusehen, und Hemma wurde bewusst, dass er nicht mehr lange durchhalten würde. Er war kein Schwertkämpfer, auch wenn er ihr erzählt hatte, dass er vor zwei Jahren bei einem Schmied gearbeitet hatte und mit den Waffen ein wenig üben konnte.
    Azzo hingegen war kampferprobt. Breitbeinig stand er mit dem Rücken zu Hemma und Burchard, so als wollte er die letzten Atemzüge seines Gegners auskosten. Zu Hemmas großer Genugtuung war auch erverletzt. An seinem linken Oberschenkel entdeckte sie einen blutigen Fleck, der ihn jedoch augenscheinlich kaum behinderte.
    »Du scheinst großen Anteil an dem Schicksal dieses Burschen zu nehmen. Dann sieh gut hin, damit du sein Ende nicht verpasst«, zischte Burchard ihr zu, während er mit der Hand genüsslich über ihren Körper strich. Er hielt sie dicht vor sich umklammert, und die junge Frau schloss die Augen.
    »Sieh genau hin, habe ich gesagt«, fuhr er sie an und zog sie erneut brutal an den Haaren.
    Übelkeit stieg in ihr auf, als er mit den Lippen über ihren Hals fuhr, und nur der Schmerz an ihrer Kopfhaut ließ sie weiter bei dem ungleichen Kampf zusehen. Tränen liefen ihr über die Wangen, als sie sah, dass Esiko sich nur noch mit Mühe verteidigen konnte.
    Angespannt wartete der hochgewachsene Vogt auf den kleinen Lichtschein einer Fackel hinter der Mauer, doch nichts geschah. Just in dem Augenblick, als ein Pferd wieherte und etwas Schweres zu Boden fiel, sprang der Riegel des Fensterverschlags zur Seite, und der erste seiner Männer verschwand im Dunkeln des Hauses. Gleich darauf fiel neben Gottwald ein dickes Seil zu Boden, das er packte und an dem er sich hochzog, wobei es ihn unheimlich viel Kraft kostete, da er alles mit einem Arm bewältigen musste. Jedes Mal, wenn er losließ, um nachzufassen, musste er das Seil zwischen den Knien kräftig zusammendrücken, um nicht wieder herunterzurutschen. Endlich hatte er den Mauervorsprung erreicht und zog sich mit einer letzten Kraftanstrengung ins Zimmer, doch er verlor keine Zeit und war sofort wieder auf den Beinen, denn die Sorge trieb ihn weiter an. Das Schwert in der Hand, ging er vorsichtig die Treppe hinunter, immerdarauf gefasst, plötzlich angegriffen werden zu können. Hinter ihm hörte er seine Männer, die ihm fast lautlos folgten, und ohne sich umzudrehen, wusste er, dass auch sie ihre Schwerter gezogen hatten.
    Vom Hof drangen keine Geräusche zu ihnen, außer dem gelegentlichen Wiehern eines Pferdes aus dem nahen Stall. Bevor sie die Tür zum Hof öffneten, wandte sich Gottwald kurz zu seinen Männern um.
    »Ihr kommt mit mir ins Haus«, sagte er leise zu Johann und wies dabei auf einen weiteren Mann. »Ihr übernehmt die Stallungen und den Rest des Hofes«, befahl er den beiden anderen. Einer von ihnen war sein Knappe Randolf, dessen ängstlicher Gesichtsausdruck sich in der
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