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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure
Autoren: Iny Lorentz
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dass es unsinnig sei, machte er sich Sorgen um Trudi. Marie würde nun sagen, er hinge mit einer wahren Affenliebe an dem Mädchen und würde darüber ihre anderen Kinder vernachlässigen. Doch das tat er ganz gewiss nicht. In seinen Augen war Marie zu streng mit ihrer Ältesten. Sie bürdete dem Mädchen immer mehr Pflichten auf, ohne zu bedenken, dass Trudi noch ein halbes Kind war und mit ihren Geschwistern herumtollen wollte.
    Mit einem Seufzen richtete Michel seine Aufmerksamkeit wieder auf das Gespräch, das der Fuchsheimer nun in Gang gebracht hatte.
    »… sage ich Euch, wenn wir dem nicht von vorneherein einen Riegel vorschieben, wird uns der neue Bischof einige harte Brocken zu kauen geben«, erklärte ihr Gastgeber gerade.
    »Auch der wird die Suppe nicht so heiß essen, wie er sie jetzt noch kocht«, wandte Moritz von Mertelsbach ein.
    Mit dieser Bemerkung war Abt Pankratius ganz und gar nicht einverstanden. »Gottfried Schenk zu Limpurg ist ehrgeiziger als zehn andere Fürsten zusammen. Von seinen Vertrauten lässt er sich bereits als Herzog der Franken ansprechen, weil ihm dieser Titel angeblich zustehen würde.«
    Der Abt des Klosters Schöbach zählte ebenfalls zu den geistlichen Würdenträgern des Reiches, hasste den Würzburger jedoch, seit dieser das Kloster Schwarzach bei einigen Forderungen unterstützte, die seinem eigenen Kloster schaden mussten. Daher wetterte er mehr als alle anderen Anwesenden über den Bischof.
    Michel versuchte, ihn zu bremsen. Auch wenn keine direkten Parteigänger des Würzburgers an diesem Tisch saßen, so war anzunehmen, dass alles, was hier gesprochen wurde, Herrn Gottfried fast wortwörtlich überbracht werden würde. Maximilianvon Albach war ein Lehnsmann des Würzburger Hochstifts und musste dem Fürstbischof Rede und Antwort stehen, und da der Albacher mit Moritz von Mertelsbach verfeindet war, würde er wohl keine Rücksicht auf Ritter Ludolfs Gäste nehmen. Michel ärgerte sich, dass der Fuchsheimer beide zu diesem Treffen eingeladen hatte. In seinem Bestreben, möglichst viele Verbündete zu finden, hatte der Gastgeber keinen Gedanken an den Zwist zwischen Albach und Mertelsbach verschwendet.
    Zum Glück sah Abt Pankratius bald ein, dass er mit Klagen nichts gewinnen konnte, und richtete sein Augenmerk wieder auf den Gastgeber. »Sprecht ruhig vor allen aus, was Euch bewegt, Ritter Ludolf. Über kurz oder lang wird es alle am Tisch betreffen.«
    Der Fuchsheimer stärkte sich mit einem Schluck aus seinem Becher und stellte das Gefäß mit einem harten Klang auf den Tisch. »Der Würzburger Bischof maßt sich Rechte an, die ihm nicht zustehen. Mein Großvater hat diese Burg und das dazugehörige Land für fünfhundert Gulden von dem damaligen Fürstbischof Manegold von Neuenburg ohne jede Verpflichtung gekauft. Die gesiegelte Urkunde befindet sich in meinem Besitz. Doch unser Möchtegernherzog hat die Frechheit besessen, mich aufzufordern, in Würzburg zu erscheinen und den Lehnseid für meinen Besitz zu leisten. Ich frage Euch, was ist ein Vertrag mit einem Würzburger Fürstbischof wert, wenn einer seiner Nachfolger diesen für null und nichtig erklären kann?«
    Michels Miene nahm einen nachdenklichen Zug an. Das Kloster Schöbach und sein Nachbar Ludolf von Fuchsheim waren die Ersten, die mit den Forderungen des Bischofs konfrontiert worden waren. Hatte Gottfried Schenk zu Limpurg damit Erfolg, würde dies seinen Appetit anregen und ihn zu weiteren Forderungen veranlassen.
    »An Eurer Stelle würde ich auf diesen Verträgen beharren und vor Gericht ziehen.«
    Der Fuchsheimer wandte sich mit einem Ausdruck an Michel, als sähe er einen unverständigen Knaben vor sich. »Ein guter Vorschlag, fürwahr – wenn das Gericht nicht in Würzburg wäre und unter der Kontrolle des Fürstbischofs stehen würde.«
    »Wenn in unserem Franken Recht und Gesetz nichts mehr gelten, dann wendet Euch an den Kaiser!« Michel stammte zwar aus Konstanz am Bodensee, war aber in den anderthalb Jahrzehnten, die er in Franken weilte, so heimisch geworden, als sei er hier aufgewachsen.
    Anders als der Fuchsheimer nickte Abt Pankratius heftig. »Diesen Rat werden wir befolgen müssen, auch wenn Herr Friedrich nicht unbedingt als Freund rascher Entscheidungen gilt.«
    »Solange der König nicht entschieden hat, schwebt das Verfahren, und der Fürstbischof vermag nichts zu unternehmen, wenn er sich nicht Herrn Friedrichs Unmut zuziehen will!« Wie die meisten am Tisch konnte Michel sich
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