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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure
Autoren: Iny Lorentz
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meine Hand bittet!«
    Gressingen kniete theatralisch vor Trudi nieder und hob die Rechte. »Das schwöre ich von ganzem Herzen!«
    Nun gab Trudi nach. Ein Teil von ihr, den der Wein fast gelähmt hatte, flüsterte ihr noch zu, dass es nicht richtig war, was sie und der Junker taten, doch ihre Sehnsucht nach ihm überwog alle Bedenken. Noch an diesem Tag würden sie eins werden vor Gott – und kurz danach auch vor der Welt. Daher ließ sie es zu, dass Gressingen sie auf das Gras bettete, ihre Röcke hochschlug und zwischen ihre Schenkel glitt. Durch den Wein reagierte ihr Körper jedoch so träge, dass sie kaum etwas empfand. Auch als er in sie eindrang, nahm sie den Schmerz nur wie durch Wattewahr, und während Gressingen von seiner Leidenschaft überwältigt wurde, wurde sie selbst immer müder und dämmerte schließlich weg.

5.
    E in Stück oberhalb des Waldes lag Burg Fuchsheim. Seit dieser Besitz als Erbe an Bonas Vater Ludolf übergegangen war, hatte er sich hier so frei fühlen können wie jeder andere Reichsritter in diesem Landstrich. Seit einiger Zeit jedoch herrschte Unruhe in der Gegend, denn der neue Fürstbischof von Würzburg versuchte, seinen Einflussbereich immer mehr zu vergrößern, und nahm dabei wenig Rücksicht auf überlieferte Rechte. Selbst jene Burgherren, die sich auf ihren Stand als reichsfreie Ritter berufen konnten, spürten den Atem des Würzburgers im Nacken.
    Aus diesem Grund hatte Ritter Ludolf etliche Freunde zu sich eingeladen und dazu jene Burgherren, die er für Verbündete hielt. Zu seinem Leidwesen war aber nicht einmal die Hälfte der erwarteten Gäste erschienen, doch er hoffte, dass zumindest die Anwesenden im Streit mit dem Würzburger Bischof zusammenstehen würden.
    Bereits während des Mahles waren etliche harte Worte gefallen, aber vorerst interessierten sich die Besucher mehr für die Berichte über den letzten Reichstag in Nürnberg, an dem Reichsritter Michel Adler auf Kibitzstein und Moritz von Mertelsbach teilgenommen hatten. Sie wollten so viel wie möglich über Herrn Friedrich von Österreich erfahren, der als Nachfolger seines Vetters Albrecht zum deutschen König gewählt worden war. Michel Adler hatte sowohl König Albrecht wie auch dessen Schwiegervater und Vorgänger, Kaiser Sigismund, gut gekannt und war mehrfach für beide in den Krieg gezogen. Das erste Mal noch als einfacher Burghauptmann am Rhein gegen die Hussiten, undspäter sogar bis nach Ungarn, um dort für Sigismund gegen die Türken zu kämpfen. Beim Zug nach Böhmen hatte er dem Kaiser das Leben gerettet und war dafür zum Reichsritter und Herrn auf Kibitzstein ernannt worden. In Ungarn hatte Herr Sigismund ihm weitere Ehren und Reichtümer versprochen. Allerdings war der Kaiser vor der Einlösung dieser Versprechen gestorben, und sein Nachfolger Albrecht hatte sich nicht an die Zusagen gebunden gefühlt.
    Daher hatte Michel aus diesem Krieg nicht mehr mit nach Hause gebracht als eine türkische Pfeilspitze, die noch immer in seinem Oberschenkel steckte und ihn arg schmerzte, wenn das Wetter umschlug. An diesem Tag aber schien die Sonne strahlend vom Himmel, und es sah nicht so aus, als würden in den nächsten Tagen dicke Wolken aufziehen.
    Auch wenn der Anlass für die Zusammenkunft alles andere als angenehm war, so freute Michel sich doch, mit an diesem Tisch zu sitzen und sich mit seinen Nachbarn und Freunden unterhalten zu können. Nur Marie fehlte ihm zu seiner Zufriedenheit, denn die hatte sich das Knie verletzt und zu Hause bleiben müssen. Statt ihrer hatte er seine älteste Tochter mitgenommen. Doch Trudi interessierte sich nur wenig für die Belange der Reichsritter und zog die Gesellschaft der Tochter des Burgherrn vor. Bei diesem Gedanken fiel Michel auf, dass er Trudi seit längerer Zeit nicht mehr gesehen hatte.
    Er beugte sich vor und stupste seinen Gastgeber an. »Verzeiht, Ritter Ludolf, aber ich vermisse meine Tochter.«
    Der Fuchsheimer war gerade in ein interessantes Gespräch mit Abt Pankratius von Schöbach vertieft und fühlte sich gestört. »Soviel ich weiß, haben meine Bona und Jungfer Hiltrud zusammen die Burg verlassen, um einen Becher Wein unten im Dorf zu trinken. Ihr kennt die Mädchen doch. Zu Hause haben sie zwar alles besser, aber trotzdem sehnen sie sich nach Dingen, die es anderswo gibt.«
    Ludolf von Fuchsheim glaubte damit alles gesagt zu haben, doch Michel empfand eine innere Unruhe, die ihm das Sitzen und Zuhören schwermachte. Obwohl er sich sagte,
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