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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure
Autoren: Iny Lorentz
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suchten immer noch nach Bona und ihr und befanden sich nun genau vor ihnen.
    »Wir müssen einen Bogen schlagen, um nach Hause zu kommen«, flüsterte Trudi ihrer Begleiterin zu.
    Bona biss sich auf die Lippen und schluckte ihren Ärger hinunter. Ihre Freundin entpuppte sich als richtige Spaßverderberin. Endlich war sie einmal der strengen Aufsicht ihres Vaters entkommen und konnte tun, wonach ihr der Sinn stand, da wollte Trudi wieder in die Burg zurück. Dort aber durfte sie so aufregenden Männern wie Georg und Hardwin nur mit sittsam niedergeschlagenen Augen entgegentreten. Statt Hardwin würde sie dort Moritz von Mertelsbach grob an sich ziehen und küssen, obwohl er aus dem Mund roch. Zudem behandelte ihr Bräutigam sie wie eine Stute, die er von ihrem Vater erstanden hatte, und nicht wie jemanden, der eigene Wünsche oder Gefühle hatte.
    Störrisch blieb sie stehen. »Ich habe Durst!«
    Ihre Stimme klang lauter, als es Trudi recht war. »Sei leise, sonst hören uns die Herren!«
    »Wäre dies ein Schaden? Sie könnten uns etwas zu trinken besorgen und uns danach heimgeleiten.« Bona wollte auf diesesAbenteuer nicht verzichten. Sie fasste Trudi unter und wies mit der Hand auf eine Lichtung, die sich vor ihnen auftat.
    »Siehst du diesen schönen Platz. Hier will ich ein wenig rasten!« Trudi sah sich unsicher um. »Hardwin und Junker Georg werden uns gleich entdecken!«
    »Das wäre mir lieb. Ich sagte ja, ich habe Durst, und ich will nicht mit trockenem Mund den steilen Weg nach Hause hochsteigen. Ins Meierdorf aber mag ich nicht gehen. Was würden die Leute sagen, wenn zwei Jungfern wie wir ohne Begleitung und vor allem ohne Geld dort erscheinen würden?« Bona verdrängte dabei die Tatsache, dass dessen Bewohner ihrem Vater fronpflichtig waren und ihr jederzeit einen Becher Wein kredenzen würden.
    Trudi lauschte den Geräuschen, die zu ihnen drangen. Im Augenblick schienen die beiden jungen Männer sich eher zu entfernen. Gleichzeitig vernahm sie das Plätschern eines kleinen Baches und schöpfte Hoffnung, dass Bona sich mit einem Schluck Wasser zufriedengeben würde.
    Doch als sie darauf zugehen wollte, hielt ihre Freundin sie zurück. »Mir steht der Sinn nicht nach Wasser. Ich will Wein trinken!«, sagte Bona so laut, dass ihre Verfolger sie hören mussten. Trudi funkelte sie zornig an, setzte sich aber auf die stumme Bitte ihrer Freundin auf das Moos und zupfte unschlüssig an den Blättern eines Heidelbeerstrauchs.

2.
    I ch glaube, die beiden sind dort vorne!« Hardwin von Steinsfeld wollte in die Richtung gehen, aus der er Bonas Stimme vernahm.
    Gressingen hielt ihn mit einem leisen Auflachen zurück. »Nicht so ungeduldig, mein Guter. Eine Jagd muss genossen werden, egal ob auf einen Hirsch, einen Eber oder auf ein Weib.«
    »Du kannst eine kleine Tändelei mit zwei hübschen Mädchen doch nicht mit einer Jagd vergleichen«, protestierte Hardwin.
    Die Miene des Älteren wirkte mit einem Mal herablassend. »Wieso nicht? Sag, was willst du tun, wenn wir wieder bei den beiden sind?«
    »Mich erst einmal bei Bona und Trudi entschuldigen, weil wir sie vor hin so bedrängt haben. Ich fürchte, wir haben sie erschreckt!« Georg von Gressingen schüttelte nachsichtig den Kopf. »Nein, mein Guter! Ich habe die beiden nicht so weit von der Burg fortgelockt, um jetzt höflich meinen Diener vor ihnen zu machen.«
    »Fortgelockt? Aber wir sind ihnen doch nur aus Zufall begegnet«, rief Hardwin verdattert.
    Gressingen lachte spöttisch auf. »Das glaubst auch nur du! Ich selbst habe ihnen den Rat gegeben, ein wenig spazieren zu gehen, während ihre Väter sich mit meinem Onkel, deiner Mutter und einigen anderen Gästen die Köpfe heißreden. Jetzt haben wir die Zeit und die Gelegenheit, die wir brauchen. Die beiden Mädchen sind wie pralle Äpfel – gerade reif zum Pflücken. Und das werden wir beide auch tun. Oder zwickt es dich nicht, Bona die Röcke hochzuschlagen und mit ihr das zu tun, was schon Adam mit Eva gemacht hat?«
    Hardwin starrte sein Gegenüber erschrocken an. »Du willst Ritter Ludolfs Tochter Gewalt antun, und das hier, auf seinem eigenen Grund und Boden. Das wäre ein Schurkenstück …«
    »Wenn es denn eines wäre!«, unterbrach Georg den Jüngeren lachend. »Wenn die beiden Mädchen es nicht selbst wollten, würden sie nicht hier im Wald auf uns warten, sondern wären längst zur Burg oder wenigstens auf die Straße zurückgekehrt. So aber sind sie doch darauf aus, dass wir sie finden.
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