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Die Tochter der Wanderhure

Titel: Die Tochter der Wanderhure
Autoren: Iny Lorentz
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erscheinen, der den Eltern mehr zusagte als er. Deshalb war er dem Schicksal dankbar, dass sein Onkel Albach nach Fuchsheim eingeladen worden war und ihn aufgefordert hatte, ihn zu begleiten.
    Maximilian von Albach saß zurzeit mit anderen Burgherren zusammen und besprach mit ihnen die politische Lage, die sich durch das Auftreten des neuen Fürstbischofs in Würzburg stark verändert hatte. Zu den Besuchern, die Ludolf von Fuchsheim empfangen hatte, gehörten auch Trudis Vater Michel Adler auf Kibitzstein, Hardwins Mutter Hertha von Steinsfeld und der unsägliche Moritz von Mertelsbach.
    Anders als Hardwin, der von seiner Mutter aus dem Raum gewiesen worden war, hätte Gressingen an der Versammlung teilnehmen sollen. Er hatte jedoch Trudi entdeckt und gefunden, dass er diesen Tag angenehmer verbringen könne als im Kreis alter, verbitterter Männer und der Dame Hertha von Steinsfeld, die mehr Haare auf den Zähnen hatte als Trudi und Bona auf ihren Köpfen.
    Ihm war es gelungen, die Mädchen zu einem Spaziergang zu überreden, und war ihnen dann mit Hardwin gefolgt. Unterwegs hatten sie mit den beiden ein wenig getändelt, aber als sie Küsse von ihnen gefordert hatten, waren die Mädchen davongelaufen. Bona hatte jedoch den Eindruck gemacht, als sei sie bereit, Hardwins oder auch seine Lippen auf den ihren zu spüren, ganz im Gegensatz zu Trudi, die zwar nur um ein Jahr jünger war als ihre Freundin, aber noch sehr scheu schien, was diese Dinge betraf. Deshalb wartete Georg ungeduldig auf Hardwins Rückkehr. Nach einigen Bechern Wein würde die kleine Kibitzsteinerin sich ganz sicher zugänglicher zeigen.

4.
    H ardwin musste den ganzen Weg gerannt sein, denn er tauchte bereits nach kurzer Zeit mit einem großen Henkelkorb auf, der drei Krüge gut gekühlten Weines und vier irdene Becher enthielt. Noch während er den Korb abstellte, nahm Gressingen einen Krug heraus und füllte den ersten Becher. Mit einem schmeichelnden Blick reichte er ihn Trudi.
    »Auf dich, Jungfer Hiltrud, und auf deine Schönheit!«
    »Und was ist mit mir? Bin ich nicht auch schön?« Bona von Fuchsheim schmeckte es nicht, von ihrer Freundin in den Schatten gestellt zu werden.
    Gressingen warf Hardwin einen auffordernden Blick zu. Dieser nahm den zweiten Becher, füllte ihn und streckte ihn Bona hin. »Dieser ist für Euch. Trinkt die Labe mit dem Wissen, dass eskein anderes Mädchen hier gibt, welches Euch an Anmut und Schönheit übertrifft.«
    »Da sich nur Trudi hier befindet, ist das kein besonders hohes Lob!« Bona wollte nur ein wenig kokett sein, doch nun verzog ihre Freundin das Gesicht.
    Gressingen bemerkte es und fasste deren Hand. »Liebe Trudi, ich muss dem armen Hardwin widersprechen. Für mich gibt es kein Mädchen, das dich zu überstrahlen vermag.«
    Das freudige Aufleuchten in ihren Augen bewies ihm, dass er die richtige Taktik gewählt hatte. Sie nahm ihm nicht einmal übel, dass er von der gebotenen Form der Anrede abgewichen war und sie nun ansprach wie eine Schwester – oder eine gewöhnliche Magd, wie er boshaft dachte.
    »Auf Euer Wohl!« Trudi stieß mit Georg von Gressingen an und trank.
    Dieses Getränk war jedoch nicht geeignet, den Durst zu stillen. Hardwin hatte Gressingens Worte beherzigt und schweren, süßen Wein gebracht. Von dem Säuerling, der in dieser Gegend gewöhnlich ausgeschenkt wurde, hätten die beiden Mädchen höchstens einen oder zwei Becher getrunken. Er hoffte jedoch, dass Bona nach ein paar Bechern ihre Hemmungen verlor und sich ihm so hingab, wie Junker Georg es ihm versprochen hatte. Sich selbst musste er ebenfalls Mut antrinken, auch wenn er sich das nicht eingestehen wollte.
    Er setzte sich dicht neben Bona und berührte sie sanft. Entgegen seinen Befürchtungen stieß sie ihn nicht zurück, und so hielt nur Gressingens warnender Blick ihn davon ab, noch kühner zu werden. Dabei interessierte sich Junker Georg wenig für Bonas Befindlichkeit, denn die sah so aus, als würde sie sich schon bald auf den Rücken legen lassen, sondern für sein eigenes Opfer. Ging Hardwin zu stürmisch vor, würde Trudi kopfscheu werden und das Weite suchen.
    Er sorgte dafür, dass sie eine Weile zusammensaßen und sichartig unterhielten. Dabei schenkte er Trudi immer wieder nach und forderte sie zum Trinken auf. Hardwin folgte seinem Beispiel, und bald war der erste Krug leer. Kurz danach schwappte auch im zweiten nur noch ein Rest. Bei Bona zeigte das Getränk bereits die gewünschte Wirkung, denn sie zog
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