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Die Time Catcher

Die Time Catcher

Titel: Die Time Catcher
Autoren: Richard Ungar
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zählen.
    »N a gut«, entgegnet sie schließlich. »A ber nur, weil du bitte gesagt hast.«
    Die Türen gleiten auf, und ich betrete den heruntergekommenen Empfangsbereich. Die Wände sind von Rissen durchzogen. Hier und da ist die Farbe abgeplatzt und offenbart die grün gestreifte Tapete darunter. Ein Wasserrohr schaut nahe der Decke aus der Wand hervor, obwohl irgendjemand einen halbherzigen Versuch unternommen hat, dies zu verbergen, indem er das Rohr in derselben senfgelben Farbe gestrichen hat wie die Wände. Ein abgenutztes Sofa, das einst weiß war, steht verloren unter einem leicht verbeulten Schild mit der Aufschrift NEW BEIJING EXPORT COMPANY .
    Doch das Schild ist, ebenso wie die gesamte schäbige Rezeption, nur Fassade.
    Ich lasse mich auf die Couch sinken und fasse mit einer Hand unter die Kante der Sitzfläche. Immer wenn ich das tue, fürchte ich, im nächsten Moment Bekanntschaft mit einem vertrockneten Große-Freundschaft-Extra-Kaugummi zu machen, doch glücklicherweise ertaste ich nur den Einlassknopf. Als ich ihn drücke, gleitet die mir gegenüberliegende Wand zur Seite und gibt den Blick auf den eigentlichen Empfangsbereich von Edles für die Ewigkeit frei.
    Viel ist allerdings nicht zu sehen. Alles ist stockdunkel. Nicht einmal das schummrige Licht der falschen Rezeption vermag die Finsternis hinter der Wand zu durchdringen. Wenn ich könnte, würde ich die Nachtsichtfunktion meines implantierten Okulars einschalten, doch im Hauptquartier funktioniert es nicht. Ich stehe auf und gehe ins Dunkel, worauf sich die Wand hinter mir schließt.
    All meine Sinne sind in höchster Alarmbereitschaft, als ich mich auf den unausweichlichen Angriff einstelle.
    Zehn Sekunden vergehen.
    Habe ich mich getäuscht? Vielleicht kommt der Angriff doch nicht?
    Zwanzig Sekunden. Immer noch ist nichts passiert.
    Vielleicht … plötzlich schließt sich etwas wie ein eiserner Ring um meinen Hals. Die Attacke kommt so schnell, dass mir kaum Zeit zum Atmen bleibt.
    »H istorisches chinesisches Segelschiff, acht Buchstaben«, raunt eine heisere Stimme.
    Normalerweise helfe ich Nassim gern bei seinen Kreuzworträtseln, aber die Begleitumstände der Situation machen es mir unmöglich zu stöhnen, geschweige denn einen Fluch auszustoßen.
    Er scheint das zu begreifen und lockert ein wenig seinen Griff.
    »H a… hallo, Nassim«, stammele ich. »I ch melde mich zurück.«
    Der große Mann lässt mich los und schnippt mit den Fingern, worauf die Rezeption deutlicher in Erscheinung tritt. Das Erste, was ich erkenne, ist das knapp ein Meter große Hologramm des Firmenlogos: eine Schlange, die sich um ein Stundenglas windet. Darüber in schimmerndem Orange ist Onkels Botschaft der Woche zu lesen: Ein misslungener Catch ist wie ein halbes Niesen.
    Onkel mag zwar ein paar Fehler haben, aber mit Worten kann er umgehen, das muss man ihm lassen.
    Ich reibe mir den Hals, während Nassim seinen Organizer aufklappt. Er ist der neuste in der Reihe von Onkels persönlichen Assistenten. Er unterrichtet uns Time Catcher in Karate, was auch Überraschungsangriffe mit einschließt, gegen die man sich eigentlich nicht verteidigen kann.
    In der Firma geht das Gerücht um, dass Nassim siebenundzwanzig verschiedene Techniken beherrscht, um einen Gegner nur mit dem linken Daumen auszuschalten. Abbie zufolge hat er beim Pferdewetten ziemlich viel Geld verloren und sich von Onkel aus der Klemme helfen lassen. Mit dem Ergebnis, dass er Onkel nun einen Haufen Geld schuldet, das er in Anbetracht seines kargen Lohns nie wird zurückzahlen können. Dennoch wäre ich überrascht, wenn er uns mitsamt seines tödlichen Daumens noch einen weiteren Monat erhalten bliebe. Nächste Woche wird Nassim seit genau einem halben Monat bei uns sein, und das ist für gewöhnlich der Zeitpunkt, an dem Onkel seine Assistenten vor die Tür setzt.
    »A ch, ja, der Beijing-Auftrag. Wenn ich um den Gegenstand bitten dürfte«, sagt Nassim.
    Wie höflich von ihm. Kaum zu glauben, dass es derselbe Kerl ist, der mich eben fast erwürgt hat.
    »I ch … ich hab nichts für dich«, entgegne ich.
    »W ie ist das möglich?«, fragt Nassim und kneift die Augen zusammen. »H ast du den Auftrag nicht zu Ende geführt?«
    »A ls ich den vorgesehenen Ort des Catchs erreichte, war die Große Freundschaftsfahne verschwunden.«
    Nassims Kreuzwortlösungsfinger zucken. Er mag keine Überraschungen. Die bringen seine Buchführung durcheinander. Für einen langen Moment sieht er mich
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